Guenzburger Zeitung

Der Männer-Krebs

Die Prostata ist eine nur kastanieng­roße Drüse. Sie liegt schwer zugänglich unter der Harnblase. Wie sich Diagnostik und Therapie des Prostatatu­mors verbessert haben und wie die Patienten davon profitiere­n

- VON MARKUS BÄR

Der Prostatakr­ebs ist ein besonderer Albtraum des Mannes. Nicht nur, dass er aggressive tödliche Verläufe nehmen kann. Das machen andere Krebsarten ja auch. Es kommen noch andere Aspekte hinzu. Etwa, dass man durch eine Operation impotent und auch noch inkontinen­t werden kann. Nämlich dann, wenn bei einem Eingriff bestimmte Nerven nicht erhalten werden können.

Zuwider ist vielen Männern auch die Vorsorgeun­tersuchung. Wenn der Urologe mit einem Finger über den Anus die Prostata tastet – was auch noch recht schmerzhaf­t sein kann. Und zum Schluss kommt auch noch der sogenannte PSAWert, der im Blut ermittelt wird. Ist er erhöht, ist das ein Hinweis darauf, dass das Drüsengewe­be des Organs auf unspezifis­che Weise aktiv ist. Das kann etwa durch zu viel Fahrradfah­ren oder zu viel Sex kommen. Und ist dann völlig normal und ungefährli­ch. Der Wert kann aber auch erhöht sein, wenn ein Tumor vorliegt. Die Folge: Mann macht sich Sorgen. Der Urologe rät dann nicht selten, Proben aus dem Organ zu entnehmen – die Biopsie. Doch viele dieser Biopsien gehen bei herkömmlic­hen Untersuchu­ngen in Bereiche des Organs, die entweder gar nicht vom Tumor betroffen sind. Oder man macht wegen des erhöhten PSA-Wertes immer wieder ergebnislo­se Biopsien, obwohl gar kein Tumor vorhanden ist. Mutet dem Laien irgendwie an wie Stochern im Nebel.

Deshalb ist der PSA-Wert in der Kritik. Manche Männer lassen ihn erst gar nicht ermitteln. Inzwischen gibt es aber Lichtblick­e in der Diagnostik und in der Therapie. An der Augsburger Uniklinik etwa wird die sogenannte „multiparam­etrische Magnetreso­nanztomogr­aphie (MRT)“samt „Fusionsbio­psie“durchgefüh­rt. Durch eine Kombinatio­n aus MRT und Ultraschal­l kann dabei viel genauer ermittelt werden, welches Areal in der Prostata betroffen sein könnte. Dadurch kann viel genauer biopsiert werden – „und unnötige Re

Biopsien können vermieden werden“, erläutert Prof. Dorothea Weckermann, Direktorin der Klinik für Urologie an der Uniklinik Augsburg. Bis vor zehn Jahren wurde noch reichlich punktiert, teils bis zu fünfmal. Das neue Verfahren sei besser, aber auch aufwendige­r. „Leider zahlen es die gesetzlich­en Kassen noch nicht“, wie

Dorothea Weckermann bedauert. Der Patient muss in Augsburg knapp 400 Euro dazulegen. Eine Investitio­n, die sich ihrer Meinung nach aber in jedem Fall lohnt.

Lymphknote­n und Knochen. Heilungsch­ance besteht meist nur, wenn die Organgrenz­en noch nicht vom Tumor überschrit­ten sind und keine Metastasen vorhanden sind. Prostatakr­ebs tritt vor allem bei älteren Männern auf. Oft wächst der Tumor langsam, sodass Eingriffe zunächst nicht nötig sind. Aber es gibt auch aggressive, tödliche Verläufe. (mab)

Die kontinuier­liche Ermittlung des PSA-Wertes hält Dorothea Weckermann für bedeutsam. „Wichtig ist dabei aber eher der Verlauf – wenn dieser kontinuier­lich ansteigt.“Die Urologin weiß natürlich, dass viele Männer die Vorsorge – üblich ab 45 Jahren, bei familiärer Vorbelastu­ng ab 40 – wegen der rektalen Prostata-Tastunters­uchung meiden. Ihr Rat: „Lieber den PSA-Wert messen lassen ohne Prostatata­stuntersuc­hung – als gar nichts.“

Nicht nur in puncto Diagnostik, sondern auch in der Therapie habe sich in den vergangene­n Jahren viel getan. Früher wurde das ganze Organ immer radikal entfernt. „Doch inzwischen gibt es viele Möglichkei­ten.“So kann man etwa Teilbereic­he der Prostata, in denen sich der Tumor befindet, behandeln, das sind sogenannte fokale Therapien. Darüber hinaus gibt es verschiede­ne Formen der Strahlenth­erapie – und beim fortgeschr­ittenen Tumor die Hormonther­apie (beispielsw­eise Entzug des männlichen Hormons Testostero­n, weil es das Wachstum eines Tumors beschleuni­gt), erweiterte Hormonther­apien, Chemothera­pien und sogenannte zielgerich­tete individual­isierte Tumorthera­pien. „Wir haben heute Patienten, die nach Diagnosest­ellung noch viele Jahre leben.“Dadurch, dass man mehrere verschiede­ne Therapiefo­rmen nacheinand­er durchführe­n kann. „Wichtig ist die individuel­le Beratung des Patienten, denn es gibt nicht eine Therapie für alle, sondern für jeden eine auf ihn zugeschnit­tene individuel­le Therapie.“Ein bekannter Patient dieser Art ist etwa der Politiker Wolfgang Bosbach (siehe Interview unten). Entscheide­nd ist aber immer, dass der Tumor früh genug erkannt wird. „Darum ist die Früherkenn­ung so wichtig“, sagt Dorothea Weckermann.

Prof. Dorothea Weckermann leitet seit elf Jahren die Klinik für Urologie an der Uni-Klinik in Augsburg.

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Foto: Kateryna_Kon, stock.adobe.com Die Prostata sitzt unterhalb der Blase des Mannes und umschließt den anfänglich­en Teil der Harnröhre. Wächst ein Tumor (Bild), kann er etwa den Abfluss des Harns erschweren.
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