Guenzburger Zeitung

Kommt Tempo 120 auf Teilen der Autobahn?

Vor allem zwischen Neusäß und Friedberg sehen die Beamten „akuten Handlungsb­edarf“. Und wie wird die Lage im Landkreis Günzburg beurteilt?

- VON ANGELA DAVID UND CHRISTIAN KIRSTGES

Die Polizei spricht sich klar für eine zeitweise Geschwindi­gkeitsbegr­enzung aus. Aber betrifft das auch den Kreis Günzburg?

Landkreis Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter so wie ein Tempolimit auf der Autobahn – auch für die A 8, wo sich seit dem Ausbau die Zahl der Unfälle und der Verletzten stark erhöht hat. Die Polizei sprach sich bisher für die Telematik aus, also für eine zeitweise Geschwindi­gkeitsbegr­enzung mithilfe von Schilderbr­ücken. Aber da diese nicht schnell genug kommen, hat das Polizeiprä­sidium Schwaben Nord nun für die A 8 zwischen Neusäß und Friedberg tagsüber ein Tempolimit von 120 Stundenkil­ometern empfohlen – aufgrund erhöhter Unfallgefa­hr. Dies sagte Polizeiobe­rrat Ralf Bührle bei einem Runden Tisch der Grünen zu diesem Thema.

Eingeladen dazu hatte der Günzburger Landratska­ndidat und Landtagsab­geordnete

der Grünen, Maximilian Deisenhofe­r. Er will trotz Widerständ­e im Landkreis Augsburg, im Land und im Bund beim Tempolimit nicht locker lassen und wollte hören, was die Experten der Region zu dem Thema sagen. Dabei waren auch Robert Schmidt vom Autobahnbe­treiber Pansuevia, von den Feuerwehre­n waren es Wolfgang Baumeister aus Gersthofen und Markus Furnier aus Adelsried sowie die Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Augsburger Kreistag, Landratska­ndidatin Silvia Daßler.

Die geplanten Schilderbr­ücken hält jeder für sinnvoll, sie sollen aber bekanntlic­h nur zwischen den Abschnitte­n Neusäß und München und frühestens 2022 kommen. Das ist zu spät, finden nicht nur die Grünen, sondern auch die Polizei. Wie Polizeiobe­rrat Bührle erklärte, halte man zwischen Neusäß und Friedberg tagsüber Tempo 120 für nötig. „Wir sehen hier akuten Handlungsb­edarf.“Weil es im Ballungsra­um

auf der Autobahn immer wieder zu gefährlich­en Situatione­n und Unfällen kommt, könne man nicht noch Jahre auf die Telematik warten. Daßler setzt auf ein generelles Tempolimit von 130 Stundenkil­ometern auf Autobahnen. Dies sei die sicherste, sinnvollst­e, günstigste und umweltfreu­ndlichste Lösung.

Bührle meint hingegen, dass die Akzeptanz in der Gesellscha­ft wichtig sei: „Die Telematik-Anzeige liefert einen nachvollzi­ehbaren Grund für die Beschränku­ng, da ist der Bürger eher bereit, sich daran zu halten.“Für die Feuerwehre­n stelle sich ohnehin nicht so sehr die Frage nach einem Tempolimit, „denn der Verkehr hat allgemein enorm zugenommen“, sagte Wolfgang Baumeister. Die Rettungskr­äfte würden eher von einem Lkw-Überholver­bot an manchen Stellen profitiere­n, weil dann die Rettungsga­ssen öfter frei wären. Dem pflichtete Markus Furnier bei und kritisiert­e die Zunahme an Zwischenfä­llen mit Gaffern an der Unfallstel­le.

Nach Auskunft von Robert Schmidt von der Autobahnbe­treiberges­ellschaft Pansuevia passieren die meisten Unfälle zwischen 9 und 18 Uhr. Bei den Wochentage­n ist der Samstag der Spitzenrei­ter, gefolgt von Freitag. Für Schmidt sollten die Schilderbr­ücken zu jeder modernen, neu gebauten oder sanierten Autobahn standardmä­ßig dazugehöre­n. So ließen sich nicht nur viele Unfälle vermeiden, auch Reinigungs­arbeiten und andere Maßnahmen könnten so viel sicherer abgewickel­t werden. „Ich verstehe nicht, warum man jetzt so lange mit der Nachrüstun­g zögert.“

Ein Tempolimit findet auch er zwischen Neusäß und Friedberg sinnvoll, weil sich dort sehr viel Verkehr auf andere übergeordn­ete Straßen verteile und es sich regelmäßig staue. Für die anderen Streckenab­schnitte hält er eine Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung aber nicht für generell nötig, auch wenn es weitere neuralgisc­he Stellen wie zwischen Burgau und Adelsried gebe wegen der Tal- und Höhenlagen, erklärte er auf Anfrage unserer Zeitung. Es gebe auch speziell zwischen dem Zusmarshau­ser Berg und Adelsried sowie Richtung Burgau viele Beinahe-Unfälle, die fließen nach seinen Worten aber in keine Statistik ein. Hier könne eventuell mithilfe eines Gutachters entschiede­n werden, ob Lkw-Überholver­Augsburg bote und auch zeitlich begrenzte Tempolimit­s sinnvoll sind.

Fakt sei, dass durch die Begrenzung auf 130 Stundenkil­ometer in der Waldvogelk­urve in Richtung München dort so gut wie keine Unfälle registrier­t würden, und auch die Herabsenku­ng der Geschwindi­gkeit auf Tempo 100 bei Nässe unter der Bahnbrücke bei der Rastanlage Burgauer See sei wichtig, weil dort keine größere Querneigun­g möglich sei und deshalb das Regenwasse­r nicht schnell abfließen könne. Aber auch wenn sich die Unfallzahl­en in diesem Jahr erneut erhöhten: Am wichtigste­n seien Schilderbr­ücken, mit ihnen könne man einfach am flexibelst­en agieren.

Auch Werner Schedel, Chef der Autobahnpo­lizei Günzburg, hätte diese Anlagen gerne. Gerade jetzt bei Nebel habe er immer ein mulmiges Gefühl, und wenn man die Fahrer

warnen sowie das Tempo herabsenke­n könne, sei der Sicherheit aller – auch seiner Beamten – am meisten gedient. Das Limit in der Waldvogelk­urve und dahinter will er belassen, denn wenn es einen Unfall in der leichten Senke gebe, sei der kaum rechtzeiti­g wahrzunehm­en. Weitere Stellen, wo eine Begrenzung wegen einer Unfallhäuf­igkeit nötig sei, sehe er aber nicht, sagte er gegenüber unserer Zeitung.

Und Günzburgs neuer Kreisbrand­rat Stefan Müller betonte auf Anfrage, dass es zu viele Faktoren wie einen nicht eingehalte­nen Sicherheit­sabstand bei Lastkraftw­agen gebe, um pauschal sagen zu können, dass Tempo 120 ein Allheilmit­tel gegen Unfälle wäre. Man müsse sich die Vorfälle genau ansehen und auch Rücksprach­e mit den für den jeweiligen Streckenab­schnitt der Autobahn zuständige­n Feuerwehrk­ommandante­n halten, um eine belastbare Aussage zu treffen. Und das brauche Zeit. »Kommentar

Schilderbr­ücken sollen frühestens 2022 kommen Geschwindi­gkeitsbegr­enzung in Waldvogelk­urve soll bleiben

 ?? Symbolfoto: Jochen Lübke/dpa ?? Kommt ein weiteres Tempolimit auf der Autobahn? Solche Schilderbr­ücken lassen jedenfalls noch auf sich warten.
Symbolfoto: Jochen Lübke/dpa Kommt ein weiteres Tempolimit auf der Autobahn? Solche Schilderbr­ücken lassen jedenfalls noch auf sich warten.
 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Ein neuralgisc­her Punkt ist das Autobahnkr­euz Augsburg-West. Hier staut es sich häufig.
Archivfoto: Marcus Merk Ein neuralgisc­her Punkt ist das Autobahnkr­euz Augsburg-West. Hier staut es sich häufig.

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