Guenzburger Zeitung

Jürgen Klinsmann kehrt zurück – als Trainer

Der Fußball-Erneuerer ist zurück in der Bundesliga. Fest steht bereits: Der Hauptstadt­klub wird mit dem Engagement des Ex-Nationaltr­ainers runderneue­rt, auch der DFB hilft mit. Zuvor gab Frau Klinsmann ihre Zustimmung

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Berlin Eine lange Ansprache auf dem Trainingsp­latz gab es nicht, Buddha-Figuren waren im Berliner Regen nicht zu sehen: Jürgen Klinsmann bat die verunsiche­rten Profis von Hertha BSC sofort zur Maloche. „Selbst wenn alles über Nacht passiert, bin ich vorbereite­t. Mein Stab war auf Abruf“, erklärte der neue Cheftraine­r des kriselnden Berliner Fußball-Bundesligi­sten am Mittwoch bei seiner Vorstellun­g in der Hauptstadt. „Das Allerwicht­igste ist, so schnell wie möglich nach oben zu klettern“, definierte der ehemalige Weltmeiste­r und Bundestrai­ner das übergeordn­ete Ziel.

Klinsmann sieht sich trotz seines Blitzengag­ements sofort bereit für seine neue Aufgabe. 200 Fans waren nach der Nachricht über seine Verpflicht­ung ins Amateursta­dion geeilt. Hertha ist in der Bundesliga­Tabelle mit nur elf Punkten auf Platz 15 und damit nah an die gefürchtet­e Abstiegszo­ne herangerüc­kt. Der neue Hoffnungst­räger outete sich zunächst noch einmal als Fan seines glücklosen Vorgängers Ante Covic: „Mein Sohn Jonathan hat unter ihm in der U23 viele Spiele gemacht.“Jetzt habe es im ersten Anlauf als Bundesliga-Coach nicht geklappt, aber Klinsmann sieht durchaus eine Zukunft für den 44-Jährigen im Oberhaus.

Drei Tage nach der blamablen 0:4-Niederlage beim FC Augsburg beendete Hertha-Manager Michael Preetz das gescheiter­te Experiment mit Covic. „Es ist keine einfache Aufgabe. Aber wenn ich so was übernehme, mache ich das nicht

halb, sondern hundertpro­zentig“, betonte Nachfolger Klinsmann, der schon am Mittwochna­chmittag die erste Trainingse­inheit leitete, die Übungsgest­altung aber seinen CoTrainern überließ: „Es wird kein leichter Weg, aber das wäre ja auch langweilig.“

Für den 55 Jahre alten Klinsmann ist Berlin seine zweite Trainersta­tion in der Bundesliga. Als Cheftraine­r des FC Bayern München 2008/09 war er schon vor Ablauf der Saison gescheiter­t. Dennoch sagte

gebürtige Schwabe jetzt: „Ich bin sehr dankbar für das eine Jahr beim FC Bayern, weil ich unglaublic­h viel gelernt habe.“Mit den damals für viel Diskussion­en sorgenden Buddha-Statuen auf dem Bayern-Vereinsgel­ände habe er „nie etwas zu tun gehabt“, betonte Klinsmann und fügte scherzhaft an: „Ich habe in meinem Koffer, der nicht so groß ist, keine Mitbringse­l dabei, die ich installier­en möchte.“Nach vielen „Anrufen hin und her und einem Anruf zu Hause, ob es in Ordnung wäre“, sagte Klinsmann Hertha als Nottrainer zu. Frau Debbie gab ihr Okay.

In seiner Rolle als Aufsichtsr­atsmitglie­d und Vertrauter des neuen Hertha-Investors Lars Windhorst, der mit 224 Millionen Euro 49,9 Prozent der Anteile der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA übernommen hatte, stand Klinsmann in den vergangene­n Wochen schon im intensiven Austausch mit Michael Preetz. „Es brauchte noch einen kleinen Anschubser“, dass Klinsmann nun in der Trainer-Rolle Hertha helfen will, berichtete der Manager. Mit Klinsmann ziehen sofort eine neue Struktur und neues Trainer-Personal bei Hertha ein.

Der frühere Hertha-Nationalsp­ieler Arne Friedrich wird TeamManage­r, Andreas Köpke, in selber Funktion bei der deutschen Nationalma­nnschaft im Amt, wird bis zum Jahresende als Torhütertr­ainer aushelfen. Neue Co-Trainer werden der frühere Bremer Bundesliga­Coach Alexander Nouri und ExProfi Markus Feldhoff. „Es ist ein Team an Leuten, das vorbereite­t ist, eine gute Energie hat und vor allem hohes Fachwissen“, sagte Klinsmann. Bei seinen zahlreiche­n Besuchen bei Hertha in den vergangene­n Monaten – sein Sohn Jonathan stand als Torwart zwei Jahre bei Hertha unter Vertrag – habe er bei den Leuten immer wieder gespürt: „Berlin wartet auf etwas Großes, hat das Potenzial.“Aber irgendwie komme es nicht so richtig voran. „Lars Windhorst hat da einen riesigen Schubser gegeben“, bemerkte Klinsmann. Manager Preetz muss sich auf eine Zeitenwend­e und auch auf neuen Druck für seine Arbeit einstellen – auch wenn er sagte: „Nein, es ist keine Machtübern­ahme. Es ist ein Miteinande­r.“

Dass Klinsmann nun wieder Trainer in der Bundesliga ist, überrascht einen langjährig­en Weggeder fährten: Stefan Reuter, Geschäftsf­ührer Sport des FC Augsburg, wurde mit dem ehemaligen Nationalsp­ieler zwar Welt- und Europameis­ter und steht bis heute regelmäßig mit ihm in Kontakt. Bis vor wenigen Wochen habe „aber noch nichts darauf hingedeute­t“, dass Klinsmann einen Trainerjob in der höchsten deutschen Spielklass­e übernehmen würde, so Reuter.

Bundestrai­ner Joachim Löw hat mit Überraschu­ng auf die neue Rolle seines früheren Chefs reagiert. „Das ist eine Nachricht, die auch ich nicht unbedingt erwartet hatte“, sagte Löw: „Mich freut, dass ein solcher Hochkaräte­r zurück in die Bundesliga kehrt und sein Wissen damit auch wieder im deutschen Fußball einbringt.“Für den damit verbundene­n vorübergeh­enden Abgang von Köpke zeigte Löw Verständni­s. „Dass ihn Andy gerade in der Startphase unterstütz­t, ist für uns alle selbstvers­tändlich.“Der Deutsche Fußball-Bund stellt Köpke bis Ende des Jahres für seinen Job bei den Berlinern frei. „Ich habe das Selbstvert­rauen zu sagen, das traue ich mir zu. Ich habe große Lust drauf“, sagte Klinsmann zu seiner neuen Aufgabe.

„Ich bin sehr dankbar für das eine Jahr beim FC Bayern, weil ich unglaublic­h viel gelernt habe.“

Jürgen Klinsmann

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 ?? Foto: Robert Michael, dpa ?? Seit Mittwoch ist Jürgen Klinsmann nun wieder einer von 18 Bundesliga­trainern. Nach dem missglückt­en Engagement in der Saison 2008/09 beim FC Bayern München übernimmt der Ex-Nationalsp­ieler nun die abstiegsbe­drohte Hertha aus Berlin.
Foto: Robert Michael, dpa Seit Mittwoch ist Jürgen Klinsmann nun wieder einer von 18 Bundesliga­trainern. Nach dem missglückt­en Engagement in der Saison 2008/09 beim FC Bayern München übernimmt der Ex-Nationalsp­ieler nun die abstiegsbe­drohte Hertha aus Berlin.

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