Guenzburger Zeitung

Durch die grasgrüne Brille

Wie russische Kühe im Winter mehr Milch geben sollen

- VON MARKUS BÄR

Stellen Sie sich einmal vor, sie sind eine russische Kuh im Winter – und sollen mehr Milch geben. Und? Wie fühlen Sie sich? Eben! Ist gar nicht so einfach. Denn: Das Drumherum – russischer Winter mit Väterchen Frost – ist zum Milchgeben nicht für jeden wirklich motivieren­d. Es wird schließlic­h schnell dunkel, weil viele Wiesen doch schon recht weit nördlich liegen. Heute geht beispielsw­eise im Raum Moskau die Sonne schon kurz nach 16

Uhr unter. Dazu ist es ziemlich frisch wegen des Kontinenta­lklimas. Ja, es gibt zwar viel, viel Landschaft – aber es ist in der Fläche echt wenig los. Da ist das Landwirtsc­haftsminis­terium des Großraums Moskau nun auf eine besondere Idee gekommen. Den Paarhufern wird eine extra angefertig­te VR-Brille aufgesetzt. Also virtuell reality. Sie kriegen – täuschend-echt – saftig-grüne Wiesen vorgegauke­lt. Und geben deshalb, so die Vorstellun­g, vor lauter Freude mehr Milch. Aber wird das klappen? Wächst beim Menschen etwa die Arbeitslei­stung, wenn man ihn im Büro per VR-Brille – sagen wir – auf die Seychellen befördert? Wächst sein Genuss, wenn man ihm im Schnellres­taurant ein

Vier-Sterne-Essen vorgaukelt? Beim Kreisklass­enspiel das legendäre WM-7:1 unserer Jungs 2014 gegen Brasilien (es fühlt sich inzwischen ja auch an wie Science-Fiction) einspielt? Wohl kaum. Macht aber nix. Wir gönnen den russischen Kühen von Herzen ihren Ausflug in ein virtuelles Kuhparadie­s. Und empfehlen als Lokalpatri­oten dafür natürlich Bilder von prächtigen Allgäuer Alpwiesen als VR-Motiv. Und wenn es ganz spannend werden soll, wird vielleicht der jüngste Hindelange­r Viehscheid ins Programm genommen. Tolle Bilder durch die grasgrüne Brille also. Wohl bekomme es!

Was VR-Brillen noch können, steht auf der Wirtschaft.

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Foto: dpa

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