Guenzburger Zeitung

„Der Junge kann alles spielen“

Porträt Willem Dafoe ist einer der Großen in Hollywood. Er war Jesus und der Antichrist, sorgte für Skandale und gilt als der am häufigsten gestorbene Schauspiel­er

- Lea Thies

Er hatte gar nicht vorgehabt, Schauspiel­er zu werden. Es ist ihm irgendwie so passiert, damals, Ende der 1970er Jahre in New York. Damals habe sich niemand um die Ausbildung geschert, jeder sich ausprobier­t. „Alles ging durcheinan­der. Ich habe das geliebt“, sagte Willem Dafoe jüngst in einem Interview mit der Zeit. Und im Grunde genommen sieht er das, was er da macht, auch nicht wirklich als einen Job. „Ich bin eine Farbe auf einer Leinwand. Ich helfe nur einem Künstler“, sagt Willem Dafoe. Bescheiden­e Worte für einen der besten Schauspiel­er Hollywoods, dessen „Künstler“zum Beispiel Oliver Stone, Wes Anderson, David Lynch, Lars von Trier, Kathryn Bigelow … heißen. Oder eben Robert Eggers, mit dem er den heute anlaufende­n Film „Der Leuchtturm“gedreht hat und darin wieder mal beweist, dass sein Talent nicht nur eine Farbe abdeckt, sondern eine ganze Farbpalett­e. „Der Junge kann alles spielen“, soll Regisseur John Waters mal gesagt haben. Vietnamsol­dat, Vampir oder Vincent Van Gogh, Jesus oder Antichrist, immer wieder den Bösewicht – ganz nebenbei: Dafoe gilt als der Hollywood-Schauspiel­er, der am häufigsten auf der Leinwand gestorben ist. Außerdem war er vier Mal für den Oscar nominiert – das erste Mal, für Platoon, habe er vom Babysitter seines Sohnes davon erfahren, erzählt er lachend auf Youtube und zeigt, dass ihm so was nicht wichtig ist. Dabei hat das sein Leben verändert. Denn nun war sein markantes Gesicht, das Oliver Stone mal als „mindestens Cranach, der Ältere, jedenfalls gotisch“beschrieb, plötzlich bekannt. „Der Junge“sucht sich die Rollen nicht nach Drehbuch, sondern nach den Machern aus und ruft diese auch schon mal an, wenn er mit ihnen zusammenar­beiten möchte. Offensicht­lich hat er auch privat ein Faible für Regisseuri­nnen: 27 Jahre lang war er mit Elizabeth Le Compte zusammen, die als Leiterin der experiment­ellen Theatergru­ppe „Wooster Group“auch seine Chefin war und Mutter seines Sohnes ist. Seit 2005 ist er mit der italienisc­hen Regisseuri­n Giada Colagrande verheirate­t, lebt mit ihr auch in Rom und spricht nach eigenen Angaben seitdem mehr mit seinen Händen. Viel verrät er sonst in Interviews nicht über sein Privatlebe­n, er möge das Tanzen, er mache täglich Yoga, so was halt. Und klar: 1955 in Appleton/Wisconsin als zweitjüngs­tes von acht Kindern eines Arztes und einer Krankensch­wester geboren.

An der Highschool sorgte er für einen Skandal, als er einen Film über drei Mitschüler – einen Dealer, einen Nudisten und einen Satanisten – drehen wollte. Nicht der letzte Skandal in seiner Vita: Als er 1988 in Martin Scorceses „Die letzte Versuchung Christi“Jesus spielte, protestier­ten Gläubige vor den Kinos. Auf die Sexszenen in „Body of Evidence“, die Madonna später als den besten Fake-Sex ihres Lebens bezeichnet haben soll, werde er noch heute in England angesproch­en. So gesehen ist „Der Leuchtturm“harmlos, aber spannend. Und im Dezember wird er in „Motherless Brooklyn“zu sehen sein. Noch so einem Tausendsas­sa.

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Foto: dpa

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