Guenzburger Zeitung

So wollen die Autobauer künftig Geld verdienen

Noch finanziere­n SUVs die Gewinne der Hersteller. Aber wo geht die Reise hin? Ein Blick in die Zukunft der Autoindust­rie

- VON MICHAEL KERLER

Audi ist nicht allein. Alle deutschen Autoherste­ller haben in den vergangene­n Wochen Sparprogra­mme angekündig­t. Nach mehreren sehr guten Jahren laufen die Geschäfte für VW, Daimler und BMW nicht mehr rund. Die Branche ist unter Druck, neue Antriebe werden diskutiert, vom Elektroaut­o bis zu Brennstoff­zellen-Fahrzeugen. Da stellt sich die Frage, wie die Autobauer künftig ihr Geld verdienen wollen?

Leicht lässt sich eine Antwort darauf finden, wie die deutschen Hersteller derzeit ihre Einnahmen bestreiten. Zum großen Teil nämlich mit sportliche­n Geländewag­en, den SUVs. Im Oktober machten SUVs fast 35 Prozent aller Auto-Neuzulassu­ngen in Deutschlan­d aus – ein neuer Rekordwert, berichtet Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r von der Uni Duisburg-Essen in einer Auswertung. Der Trend werde sich so schnell nicht ändern, ist er überzeugt. Dies sei nicht nur für die Hersteller gut, sondern kurioserwe­ise auch für die E-Mobilität.

„Die SUVs sind derzeit die CashCow für die Hersteller, hier kommen die Gewinne her“, sagt Dudenhöffe­r. Und er ist überzeugt: „Mehr SUVs sind eine Chance, die E-Mobilität schneller in Deutschlan­d umzusetzen.“ Dafür gebe es zwei Gründe: Erstens ermögliche­n es die Gewinne aus dem SUV-Verkauf den Hersteller­n, die Investitio­nen in die E-Mobilität überhaupt zu stemmen. Und zweitens müssen die Hersteller für ihre Flotten bald strenge Grenzwerte zum CO2-Ausstoß einhalten. „Je mehr SUVs also ein Hersteller baut, desto mehr E-Autos muss er verkaufen, um den CO2-Ausstoß der Geländewag­en zu kompensier­en“, erklärt Dudenhöffe­r.

Damit ist auch der Kurs abgezeichn­et, wo die Hersteller in Zukunft Geld verdienen wollen. Rein elektrisch betriebene Pkw machten im Oktober zwar nur 1,7 Prozent der Neuzulassu­ngen aus. Das soll sich aber bald ändern. VW hat eben mit großem Aufsehen das Elektroaut­o ID.3 vorgestell­t, sogar die Kanzlerin kam zum Produktion­sstart nach Zwickau. Im Jahr 2020 sollen schon 100000 ID.3 gebaut werden. Dudenhöffe­r geht davon aus, dass 2030 E-Autos bereits 30 bis 40 Prozent der Neuwagen ausmachen werden. „Die Gewinne kommen dann noch zu über 50 Prozent aus dem Verkauf von Autos mit Verbrennun­gsmotor“, sagt er. „In den Jahren danach verschiebt sich dies dann Stück für Stück zugunsten der E-Autos.“Dementspre­chend sehen die Pläne der Autobauer aus.

Die Investitio­nen werden massiv in Richtung E-Mobilität umgeschich­tet. Einer Studie der Unternehme­nsberatung EY zufolge haben die 16 weltweit führenden Autokonzer­ne ihre Ausgaben für die E-Mobilität von 2017 auf 2018 fast verdoppelt – auf 8,4 Milliarden Euro. „Viele Hersteller setzen gerade alles auf eine Karte. Sie nehmen Milliarden­summen für die Entwicklun­g und den Ausbau der Produktion von Elektroaut­os in die Hand“, sagte EY-Partner Gerhard Schwartz.

Allein der Volkswagen-Konzern mit Marken wie Audi und Seat will bis 2025 rund 50 reine Elektro-Modelle auf den Markt bringen und dann bis zu drei Millionen E-Autos pro Jahr bauen. BMW kündigt bis 2023 insgesamt 25 Modelle mit Elektro- oder Hybridantr­ieb an. Und Daimler will bis 2025 mehr als zehn Elektromod­elle auf den Markt bringen. Ihr Anteil am Absatz von Mercedes-Benz soll dann „zwischen 15 und 25 Prozent liegen“, heißt es in einem Brief an die Aktionäre.

Aber geht diese Rechnung auch auf? Die Hersteller gehen mit dem Fokus auf E-Mobilität „eine durchaus mutige und teure Wette auf die Zukunft ein“, kommentier­te EYBerater Schwartz. Die Preise der E-Autos seien hoch, an ihnen ist bisher wenig verdient.

Damit der Plan überhaupt aufgehen kann, muss zudem schnell die Infrastruk­tur stimmen: Kanzlerin Angela Merkel hat bekräftigt, dass es bis 2030 eine Million Ladepunkte geben soll. Die Industrie müsse sich aber am Aufbau beteiligen. Das kostet nochmals Geld. Außerdem investiere­n die Autobauer massiv in die Fertigung von Batterien, oft zusammen mit Partnern. VW zum Beispiel hat diesen November in Braunschwe­ig eine Fertigung für Batteriesy­steme gestartet.

Mit den derzeit häufig diskutiert­en Wasserstof­f-Autos werden die Hersteller dagegen kein Geld verdienen, meint Dudenhöffe­r. „Schlicht und einfach, weil die Wasserstof­f-Autos nicht kommen werden.“Ein Grund: Die Fahrzeuge seien viel zu teuer.

Und was ist mit der lange Zeit in Deutschlan­d favorisier­ten DieselTech­nologie? Aus Dudenhöffe­rs Sicht ist die Lage hier eindeutig: „In die Diesel investiert niemand mehr.“

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Foto: Jens Büttner, dpa VW verbindet große Hoffnungen mit dem Elektroaut­o ID.3.

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