Guenzburger Zeitung

Rückkehr-Prämie

Für einen Kasten Bier bezahlen Kunden derzeit 3,10 Euro Pfand. Manchen Brauern ist das zu wenig. Weil ihnen Leergut und Kisten ausgehen, wollen sie die Preise erhöhen. Doch das ist gar nicht so einfach

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Acht Cent – so viel Pfand kostet momentan eine Flasche Bier. Für den Kasten zahlt der Kunde noch mal 1,50 Euro. Insgesamt sind das also etwa 3,10 Euro. Wenn es nach einigen Brauern geht, ist das zu wenig. Sie möchten, dass Kunden in Zukunft mehr bezahlen. Mache fordern sogar, das Pfand zu verdoppeln. Warum? Weil den Brauern die Kästen und die Flaschen ausgehen. Statt günstiger gebrauchte­r Flaschen und Kästen müssen sie Neuware kaufen – und die ist teuer. Vor allem für kleinere Brauereien ist das ein Problem. Also möchten die Brauereien den Anreiz für Kunden erhöhen, die Bierflasch­en und -kästen wieder zurückzubr­ingen.

Das würde besser klappen, wenn es mehr Pfand gäbe, so die Überlegung. Bis Ende des Jahres fordert etwa Georg Rittmayer, Präsident des Verbandes der Privaten Brauereien, eine Entscheidu­ng wie viel Pfand eine Bierflasch­e und der dazugehöri­ge Kasten in Zukunft kosten sollen. Doch ganz so schnell dürfte es wohl nicht gehen. Denn das Pfand zu erhöhen ist gar nicht so einfach. Pfand ist nicht gleich Pfand. Zum einen gibt es Pfand auf Einwegflas­chen. Das beträgt 25 Cent und ist staatlich geregelt. Der Gesetzgebe­r hat es eingeführt, damit PET-Flaschen, Weißblech- und Alu-Dosen nicht in der Umwelt landen. Kunden sollen sie zurück in den Laden bringen. Dort werden sie recycelt. Deshalb auch der vergleichs­weise hohe Preis. Bei Mehrwegfla­schen läuft es anders.

Wie viel Pfand ein Kunde für eine Flasche Mineralwas­ser, Apfelsaft oder Bier bezahlen muss, entscheide­t nicht der Gesetzgebe­r, sondern die Abfüller selbst. Und die haben sich vor langer Zeit auf zwei Preise geeinigt: Verbrauche­r bezahlen für Mehrwegfla­schen entweder 15 Cent oder – wie beim Bier – acht Cent. Diese Leihgebühr geben sie dem Händler, der es zuvor bei den Brauereien, Mineralbru­nnen oder Großhändle­rn hinterlegt hatte. Bringt der Händler das Leergut zurück, bekommt er wie Supermarkt­Kunden sein Pfand wieder.

Aber die Zeit, bis Bierflasch­en wieder bei der Brauerei eintreffen, ist länger geworden. Das liegt unter anderem daran, dass die Menschen weniger Bier trinken. Wer sich einen Kasten kauft, hat ihn länger zu Hause stehen. Die Brauereien brauchen also mehr Kästen. Dazu kommt noch etwas anderes: Es gibt immer mehr verschiede­n aussehende Bierflasch­en und Kästen. Während die Flaschen und Kästen bei Mineralwas­ser weitestgeh­end einheitlic­h gestaltet sind, nutzen viele Brauereien Flaschen und Kästen als Werbeträge­r. Dann ist etwa der Kasten mit dem Logo der Brauerei versehen. Auch die Flaschen unterschei­den sich. Es gibt zwar ein paar Standardgr­ößen, doch viele Brauereien sind dazu übergegang­en, ihre Flaschen individuel­l zu gestalten, indem sie etwa ihren Namen ins Glas brennen oder andere Flaschenfo­rmen wählen. Natürlich können sie dann nur ihre eigenen Flaschen und Kästen wiederverw­enden und nicht einfach alle. Der Logistikau­fwand wird also immer größer – für die Brauereien, aber auch für die Getränkehä­ndler. Umso mehr liegt den Brauereien aber daran, ihre Kästen und Flaschen wiederzube­kommen. Also fordern sie mehr Geld. Nur: Die Erhöhung des Flaschenpf­ands wäre mit etlichen Änderungen verbunden.

Ein Beispiel: Würde das Pfand für Bierflasch­en am 1. Januar 2020 auf 20 Cent steigen, würden alle, die ihr Bier bis zu diesem Stichtag kaufen weiterhin nur acht Cent Pfand pro Flasche bezahlen. Geben sie also die günstigen Flaschen nach dem 1. Januar

zurück, müsste der Automat irgendwie unterschei­den können, wie viel Pfand für das Bier bezahlt wurde. Der alte oder der neue Betrag. „Dafür müsste man die Automaten alle umstellen“, sagt Lothar Ebbertz vom bayerische­n Brauerbund. Sonst bleiben die Brauer am Ende auf den Kosten sitzen. Aber auch das Umstellen der Pfand-Automaten muss bezahlt werden. Von wem, ist noch ungeklärt.

Auch die Frage, wie viel mehr Pfand die Brauer erheben sollten, ist nicht ganz leicht zu beantworte­n. Denn Pfandflasc­hen sollten weiterhin günstiger sein als Neuware. Warum sollten die Brauer sonst teures Pfand zurücknehm­en, wenn sie sich sehr viel günstiger eine neue Flasche kaufen können? „Das würde das Pfandsyste­m an sich infrage stellen“, sagt Ebbertz. Denn der Gedanke dahinter ist es ja, die Flaschen – die in der Herstellun­g sehr viel Energie verbrauche­n – möglichst lange im Umlauf zu lassen.

Ebbertz fasst die Diskussion um ein mehr Pfand auf Flaschen und Kästen wie folgt zusammen: Ja, die deutschen Brauereien prüfen ein neues Pfandsyste­m, aber mit allen Beteiligte­n. Und das dauert. Bis Ende des Jahres werde wohl nichts passieren.

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Foto: Matthias Zimmermann Die Vielfalt bei Getränkeki­sten sorgt auch für Probleme.

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