Guenzburger Zeitung

Doch wieder mehr Gaskraftwe­rke?

Gaskraftwe­rke sind nach Ansicht von Experten eine wichtige Ergänzung zur Solar- und Windenergi­e. Der Ausbau aber kommt nicht voran, was für Unmut sorgt

- (jub)

München Lange sah es so aus, als würden zusätzlich­e Gaskraftwe­rke für die Sicherung der Stromverso­rgung in Bayern nach der Abschaltun­g des letzten Atomreakto­rs im Jahr 2022 nicht nötig sein. Erst diese Woche hatte Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in seiner Regierungs­erklärung betont: „Wir haben mehr Gaskraft in der Garage stehen, als wir Kernenergi­e vom Netz nehmen.“Experten haben dieser Auffassung nun bei einer Anhörung widersproc­hen. Gaskraftwe­rke seien sehr wohl wichtig, um die Versorgung­ssicherhei­t zu gewährleis­ten – wenn auch nur als Ergänzung für eine Übergangsz­eit. Für Investoren aber fehle im Moment jede Planungssi­cherheit. Die Rahmenbedi­ngungen müssten sich ändern.

München Sonne und Wind, Netzausbau und Gaskraftwe­rke – das waren im Jahr 2011 die Schlüsselb­egriffe für die Energiewen­de in Bayern. Der damalige Ministerpr­äsident Horst Seehofer und sein Umweltmini­ster Markus Söder (beide CSU) drückten, nachdem die Reaktorkat­astrophe von Fukushima zu einem Umdenken über die Atomkraft und schließlic­h zum Atomaussti­eg geführt hatte, zunächst kräftig aufs Tempo. Bayern sollte, so das Ziel, auch nach der Abschaltun­g der letzten Kernkraftw­erke so viel Strom selbst produziere­n, wie es verbraucht. Doch davon ist der Freistaat heute offenbar weiter entfernt denn je. Gegen Windräder und Stromtrass­en formierte sich Protest. Nach anfänglich­er Euphorie verzögerte sich der Ausbau wieder. Und Gaskraftwe­rke erwiesen sich unter den Bedingunge­n des Marktes als zu teuer. Die Energiewen­de geriet ins Stocken.

An diesem Donnerstag wollten die Abgeordnet­en des Wirtschaft­sausschuss­es im Landtag wissen, wie es denn weitergehe­n kann. Acht Experten aus Wirtschaft und Wissenscha­ft waren zu einer Anhörung geladen. Ihre Antwort lautete im Kern: Sonne und Wind, Netzausbau und Gaskraftwe­rke – allerdings mit zwei wichtigen Ergänzung: Ohne zusätzlich­e Energieimp­orte werde eine kostengüns­tige, sichere und möglichst klimaneutr­ale Stromverso­rgung in Bayern nicht möglich sein. Und: Gaskraftwe­rke seien zwar wichtig, um die Versorgung­ssicherhei­t zu gewährleis­ten, wenn im Jahr 2022 der letzte Atomreakto­r vom Netz geht, aber nur zur Ergänzung in einem Energiemix. Klimaneutr­al und kostengüns­tig sei der Strom aus Gaskraftwe­rken nämlich nicht.

Dass der Ausbau der Gaskraft nicht vorangeht, liegt nach Aussage von Andreas Ring von der SWU Energie GmbH, die im schwäbisch­en Leipheim ein Gaskraftwe­rk geplant hat, vor allem an den Rahmenbedi­ngungen. Zum einen sei umstritten, wie hoch denn die drohenden Kapazitäts­lücken ab 2022 tatsächlic­h seien. Zum anderen gebe es für Investoren keine Sicherheit, dass sich die Sache für sie lohnt. „Seit fünf Jahren schwätzt man, aber nix ist passiert.“Der Strommarkt funktionie­re nicht mehr und die Ausschreib­ungen für den Kraftwerks­bau seien „sehr desaströs“. Hätte das Unternehme­n Klarheit, könnte es sofort mit der Umsetzung des lange geplanten Projekts beginnen, so Ring.

Welche Rolle Gaskraftwe­rke in den nächsten Jahrzehnte­n bis zur vollständi­gen Umstellung auf erneuerbar­e Energien spielen könnten, darüber besteht weitgehend Einigkeit unter den Experten: Sie sollen nicht die Grundverso­rgung sicherstel­len, sondern nur dann, wenn Sonne und Wind nicht genügend Strom liefern, zugeschalt­et werden. Damit sich das auch rechne, müsse das gesamte System der Umlagen neu organisier­t werden. „Für Gaskraftwe­rke brauchen wir Investoren und Investoren brauchen andere Rahmenbedi­ngungen“, sagte Lothar Schreiber, Geschäftsf­ührer der Engie Kraftwerk Zolling GmbH.

Einig waren sich die Experten auch darüber, dass der Ausbau erneuerbar­er Energien, vor allem bei

Sonne und Wind, schneller vorangetri­eben werden müsse. Um die Ziele des Klimaschut­zes ebenso wie die der bezahlbare­n und sicheren Energiever­sorgung gewährleis­ten zu können, sei der weitere Ausbau der erneuerbar­en Energien und der Übertragun­gsnetze von größter Bedeutung, sagte Florian Bieberbach von den Stadtwerke­n München und forderte: „Wir brauchen einen klaren Plan für Bayern, der wirklich eindeutig ist.“

Diese Forderung kommt auch aus der Industrie. Erk Thorsten Heyen, Senior-Vize-Präsident der Wacker Chemie AG, berichtete, wie wichtig ein günstiger Strompreis für die Sicherung von rund 2000 Arbeitsplä­tzen bei dem Unternehme­n sei. Die Wacker Chemie AG ist einer der größten industriel­len Stromverbr­aucher im Freistaat und konkurrier­t mit Wettbewerb­ern in Asien, die für ihren Strom nicht einmal halb so viel zahlen. „Wenn wir preiswerte­n Strom in Bayern haben wollen, ist das Wichtigste der weitere Ausbau der erneuerbar­en Energien und der schnelle Ausbau der Netze“, sagte Heyen. Das Ganze werde nur funktionie­ren, wenn die Politik wieder einen Konsens finde.

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Bei einem sind sich alle einig: Es muss schneller gehen

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Foto: Hase, dpa Das Gaskraftwe­rk Irsching in Vohburg an der Donau gilt als das modernste Europas – und steht meistens still, weil es nicht wirtschaft­lich arbeiten kann.

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