Guenzburger Zeitung

Wahl in unruhigen Zeiten

Namibia stimmt über die Staatsführ­ung ab. Warum das auch für Deutschlan­d wichtig ist

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Windhuk Inmitten einer schweren Wirtschaft­skrise und von Korruption­sskandalen überschatt­et hat Namibia gewählt. Mit einer Überraschu­ng rechnen die wenigsten – aus deutscher Sicht sind diese Wahlen dennoch extrem wichtig. Denn nun will Deutschlan­d endlich die Aufarbeitu­ng der Verbrechen in seiner früheren Kolonie Deutsch-Südwestafr­ika nach Jahren der Verhandlun­gen mit der namibische­n Regierung beenden.

Das Deutsche Reich kontrollie­rte weite Teile des heutigen Namibias von 1884 bis 1915. Die Kolonialhe­rren schlugen damals Aufstände der Volksgrupp­en der Herero und

Nama brutal nieder: Historiker­n zufolge wurden etwa 65 000 der 80 000 Herero und mindestens 10000 der 20 000 Nama getötet. Seit nun schon Jahren verhandeln die beiden Regierunge­n darüber, wie eine Wiedergutm­achung aussehen soll – ein heikles Thema. Denn parallel hatten auch Vertreter der Herero und Nama die Bundesregi­erung in New York verklagt. Sie forderten unter anderem eine finanziell­e Entschädig­ung in Milliarden­höhe, die Klage wurde aber inzwischen abgewiesen. Über die Verhandlun­gen zwischen Deutschlan­d und Namibia gelangt nur wenig an die Öffentlich­keit. Lange schienen die Gespräche zäh zu sein. Doch nun ist ein Ende in Sicht: „Wir haben in vielen Punkten Übereinsti­mmung erzielt“, sagte der deutsche Verhandlun­gsführer, Ruprecht Polenz, dem Redaktions­Netzwerk Deutschlan­d. In einer gemeinsame­n Erklärung soll demnach erstmals offiziell von Völkermord die Rede sein.

Bei den Präsidents­chafts- und Parlaments­wahlen ging es aber in erster Linie um die Frage, wie ungemütlic­h es für die Swapo von Präsident Hage Geingob wird. Die Befreiungs­organisati­on kämpfte einst gegen Südafrikas Apartheid-Regierung, die das Land kontrollie­rte, und ist seit Namibias Unabhängig­keit

1990 an der Macht. Die Swapo genießt noch immer sehr große Popularitä­t. Doch das Kabinett wurde gerade durch einen Korruption­sskandal erschütter­t, bei dem zwei Minister ihre Posten räumen mussten. Außerdem kämpft das Land seit 2013 mit einer extremen Dürre und steckt seit 2015 in einer Rezession. Namibias Notenbank hat ihre Wachstumsp­rognosen bereits auf minus 1,7 Prozent nach unten korrigiert. Landesweit erwarten die Währungshü­ter einen 17,6-prozentige­n Einbruch der Agrarprodu­ktion – andere Schätzunge­n reichen bis zu 40-prozentige­n Ernteeinbr­üchen.

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