Guenzburger Zeitung

Der Fluch des Black Friday

Der Aktionstag stammt aus den USA und bietet bereits in der Vorweihnac­htszeit große Preisnachl­ässe. Doch die Händler sehen die Rabattschl­acht mit gemischten Gefühlen. Und Verbrauche­r müssen aufpassen

- VON MICHAEL KERLER

Ingolstadt/Buttenwies­en Als Verbrauche­r kommt man der Rabattschl­acht kaum aus. An diesem Freitag soll sie ihren Höhepunkt erreichen. Der Handel hat mit dem Black Friday seit einigen Jahren einen neuen Aktionstag entdeckt und wirbt mit hohen Preisnachl­ässen massiv um Kunden. Einige Möbelhäuse­r werben mit 40 Prozent Rabatt, Versandhän­dler wie Otto verspreche­n unschlagba­re Angebote und der Elektronik­händler MediaMarkt hat im Vorfeld eine ganze Aktionswoc­he gestartet – „5 Tage, 5 Preiskrach­er“. Doch Verbrauche­r müssen aufpassen. Und die Händler sehen den Black Friday mit gemischten Gefühlen. Das zeigt gerade das Beispiel Media-Markt.

Die Elektronik­kette aus Ingolstadt hat mit dem Black Friday anfangs nicht nur gute Erfahrunge­n gemacht. Dafür reicht ein Blick in den Herbst 2017. Damals sorgte der Black Friday bei Media-Markt und Saturn erst für Euphorie. Es war der „umsatzstär­kste Tag in der MediaMarkt­Saturn-Geschichte“, berichtete der damalige Chef der Muttergese­llschaft Ceconomy, Pieter Haas. Danach aber kam ein böses Erwachen: Die Dezember-Umsätze rund um Weihnachte­n waren „nicht mehr so stark wie erwartet“, sagte Haas. Die Vermutung: Die Verbrauche­r hatten die Weihnachts­einkäufe zum Teil auf den Black Friday vorgezogen. Dabei muss man wissen, dass der Konzern bereits damals unter Druck stand. MediaMarkt hat inzwischen ein Sparprogra­mm aufgesetzt, der damalige Ceconomy-Chef Haas ist nicht mehr im Amt, sein Nachfolger ebenfalls nicht. Die Probleme von MediaMarkt­Saturn liegen nicht nur im Black Friday 2017 begründet. Die Episode zeigt aber, dass die Rabattschl­acht auch schwierige Seiten mit sich bringt.

Ursprüngli­ch stammt der Black Friday aus den USA. Dort nutzen die Bürger den Tag nach Thanksgivi­ng häufig als Familienta­g zum Shopping. Der Cyber Monday am Montag danach zieht das Geschäft bis in die neue Woche. In Deutschlan­d sind Black Friday und Cyber Monday eine recht junge Erscheinun­g. Vor allem die Online-Händler machten die Tage hierzuland­e in den 2010er Jahren populär. Mittlerwei­le sind sie ein weltweites Phänomen: Amazon berichtete 2018, dass Black Friday Rekorde aufstellte und der Cyber Monday „der größte Einkaufsta­g in der Geschichte des Unternehme­ns war“– mit mehr bestellten Produkten weltweit als an jedem anderen Tag. „Black Friday und Cyber Monday brechen weiterhin Jahr für Jahr Rekorde bei Amazon“, sagte damals AmazonDeut­schland-Chef Ralf Kleber. Das Geschäft beschert den Paketzuste­llern viel Arbeit: Die Deutsche Post rechnet in diesem Jahr rund um den Black Friday mit bis zu elf Millionen Paketen pro Arbeitstag, normal sind fünf Millionen.

Bayerns Händler sehen den Tag trotzdem mit zwiespälti­gen Gefühlen, ja „mit Bauchschme­rzen“, wie Bernd Ohlmann sagt, Sprecher des Handelsver­bandes Bayern. „Der

Black Friday geht ab wie eine Rakete“, berichtet er. Erwartet wird, dass der Aktionstag im Freistaat dieses Jahr rund 400 Millionen Umsatz bringt, das wären 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Deutschlan­dweit geben Online-Einkäufer im Schnitt 54 Euro an den beiden Tagen Black Friday und Cyber Monday aus, berichtet er. Trotzdem aber sind die Händler nicht nur glücklich.

Denn: „Hohe Rabatte verhageln auch die Marge“, erklärt Ohlmann. Das heißt, die Händler machen mit einem verkauften Produkt weniger oder keinen Gewinn. „Mit den Rabatten schießt man sich ein klassische­s Eigentor“, sagt er. Dazu kommt, dass die Kunden einfach manchen Geschenke-Einkauf vorziehen. Dabei sollte einen Tag späder ter mit dem Adventssam­stag eigentlich das klassische Weihnachts­geschäft beginnen. „Manche Händler veranstalt­en inzwischen eine ganze Black-Friday-Woche – wo soll das enden?“, fragt Ohlmann.

Media-Markt hat zwar nicht vom Black-Friday-Geschäft gelassen, lernt aber hinzu. Der Elektronik­händler scheint zu versuchen, das Online-Geschäft nicht in Konkurrenz zu den Läden treten zu lassen: „Während Media-Markt und Saturn den Tag vor Jahren noch ausschließ­lich mit Online-Aktionen begleitet haben, spielt er seit geraumer Zeit auch für unser stationäre­s Geschäft eine immer wichtigere Rolle“, berichtet eine Sprecherin. Dies habe dem Tag einen erhebliche­n Aufschwung verliehen: „Für unsere

Kunden ist es selbstvers­tändlich, dass sie die Black-Friday-Angebote nicht nur im Onlineshop, sondern auch in den Märkten vor Ort erhalten.“

Aber ist dem Preis-Zauber zu trauen? Den Verbrauche­rn rät Handelsver­bandssprec­her Ohlmann, die Preise genau zu vergleiche­n und zu prüfen – „wie sonst auch“, sagt er. Zur Vorsicht mahnt auch die Verbrauche­rzentrale: Die Rezepte, um Mogelpacku­ngen von wirklichen Schnäppche­n zu unterschei­den: Preise vergleiche­n, sich nicht unter Kaufdruck setzen lassen, nicht von Rabatten blenden lassen. Denn: „Durchschni­ttlich lagen die Preisreduz­ierungen an solchen Rabatttage­n statt versproche­ner 50 Prozent oder mehr in Wirklichke­it oft bei unter 20 Prozent“, warnen die Verbrauche­rschützer. Hintergrun­d ist, dass die Sparpreise häufig auf einem Vergleich mit unverbindl­ichen Preisempfe­hlungen beruhten. Die normalen Preise im Handel sind aber schon in normalen Zeiten meist niedriger.

Vielleicht sieht ein ehrlicher Umgang mit dem Black Friday so aus, wie ihn das Versandhau­s Erwin Müller in Buttenwies­en im Kreis Dillingen pflegen will: Das Unternehme­n verschickt vor allem Bettwäsche, Handtücher, Schlafanzü­ge und Unterwäsch­e – und betreibt auch ein Geschäft vor Ort. „Wir sind beim Black Friday dabei, weil unsere Kunden dies möchten“, sagt Geschäftsf­ührerin Rita Müller frei heraus. Zwei Dinge sind ihr aber wichtig.

Erstens: „Die Kunden wollen auch am Black Friday hochwertig­e Produkte, keine B-Ware, keine alten Lagerbestä­nde“, sagt Rita Müller. Der Black Friday biete dann die Chance, auch preisbewus­ste Käufer zu überzeugen. Diese zögern zum Beispiel, Satin-Bettwäsche für 100 Euro zu kaufen. Bei der Hälfte, bei 50 Euro, würden sie aber zuschlagen. Und zweitens: „Unser Familienun­ternehmen will seine Kunden durch eine ehrliche Rabattieru­ng überzeugen“, erklärt sie. Hohe „Mondpreise“anzusetzen und diese dann stark zu senken, hält die Geschäftsf­ührerin für falsch.

Ob man den Black Friday mag oder nicht, eines steht für HandelsExp­erte Ohlmann fest. „Der Tag ist da, seine Bedeutung wird sich verstärken – das ist einfach so.“Die Deutschen seien einfach „ein Volk der Schnäppche­njäger“.

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Foto: Cris Faga, Getty Images Der Black Friday ist ein Ausnahmeta­g. Hoch sind nicht nur die Rabatte, hoch ist auch die Erregung mancher Kunden, wie unsere Aufnahme aus Sao Paulo in Brasilien vermuten lässt.

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