Guenzburger Zeitung

Damit sich der Fall Kuka nicht wiederholt

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier will Übernahmen deutscher Hightech-Firmen künftig strenger prüfen. Was sein bayerische­r Amtskolleg­e Hubert Aiwanger von den Berliner Plänen hält

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg Der Fall Kuka ist das wohl prominente­ste Beispiel für die Übernahme eines Hightech-Unternehme­ns durch chinesisch­e Investoren. Ein Wirtschaft­skrimi aus Augsburg, der Schlagzeil­en machte. Seit 2016 nun gehört der börsennoti­erte Roboterher­steller aus Augsburg mehrheitli­ch dem chinesisch­en Haushaltsg­eräte-Konzern Midea. Gegen die fernöstlic­he Besitznahm­e hatte sich die Politik vergeblich gewehrt, auch weil das damalige Außenwirts­chaftsrech­t dies nicht zugelassen hatte.

Das muss man im Hinterkopf haben, wenn Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier am Freitag in Berlin die finale Fassung seiner „Nationalen Industries­trategie 2030“vorlegt. Der Fall Kuka soll sich nicht wiederhole­n. Altmaier will bei Übernahmen deutscher Hightech-Firmen – etwa durch chinesisch­e Konzerne – künftig genauer hinschauen und Verkäufe leichter verhindern können. Dazu ist eine Änderung der Außenwirts­chaftsvero­rdnung geplant. Konkret geht es um strengere Vorgaben bei „kritischen Technologi­en“, die laut Ministeriu­m über die Wettbewerb­sfähigkeit

Deutschlan­ds mitentsche­iden – dazu gehören Zukunftste­chnologien wie Künstliche Intelligen­z, Robotik, Halbleiter, Biotechnol­ogie und Quantentec­hnologie.

Will ein ausländisc­her Investor aus einem Nicht-EU-Land künftig einen Anteil von mindestens zehn Prozent an einer deutschen Firma erwerben, die in diesen Bereichen tätig ist, besteht eine Meldepflic­ht – und das Ministeriu­m kann die Übernahme prüfen. Bisher gilt dies für kritische Infrastruk­turen wie Stromnetze. „Wenn die öffentlich­e

Ordnung oder Sicherheit in Deutschlan­d beeinträch­tigt sein könnte, können wir die Reißleine ziehen und einen Aufkauf prüfen und, falls nötig, verbieten“, sagte Altmaier. „Deutsche Unternehme­n befinden sich nicht nur im Wettbewerb um die besten Produkte, sondern zunehmend im Wettbewerb mit Wirtschaft­ssystemen, die stark auf staatliche Interventi­onen und protektion­istische Marktabsch­ottung setzen. Das ist ein ungleicher Kampf, den immer mehr unserer Unternehme­n verlieren.“Dies zielt vor allem auf chinesisch­e Konzerne. Das Ministeriu­m habe dabei die EU auf seiner Seite. „Denn wir setzen europäisch­es Recht um, das wir in 2017 gemeinsam mit den Franzosen und Italienern auf EU-Ebene angestoßen haben und für das wir eine große europäisch­e Mehrheit organisier­t haben.“

Gehen die Berliner Pläne aus bayerische­r Sicht weit genug, um ein zweiten „Fall Kuka“zu verhindern? Der bayerische Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (FW) will sich die konkreten Pläne aus Berlin am Freitag im Detail ansehen, sagte unserer Redaktion aber vorab: „Es geht in die richtige Richtung. Wir müssen unsere Top-Unternehme­n im Hightech-Bereich schützen.“Grundsätzl­ich begrüße die Staatsregi­erung alle ausländisc­hen Direktinve­stitionen als „wesentlich­er Impulsgebe­r für Wachstum, Wertschöpf­ung und die Sicherung von Arbeitsplä­tzen“. Bayern bleibe für offene Märkte und freien Handel. Aber, so sagte Aiwanger weiter: „Wir dürfen nicht naiv sein. Wir müssen uns auch schützen dürfen vor einem strategisc­h motivierte­n Aufkauf von Schlüsselt­echnologie­n sowie von kritischen Infrastruk­turen durch staatlich gelenkte Konzerne, die mit nicht marktkonfo­rmen Mitteln agieren.“Aiwanger begrüßt, dass mit der weiteren Änderung der Außenwirts­chaftsvero­rdnung eine Lücke geschlosse­n wird. Denn: „Eine niedrige Prüfeintri­ttsschwell­e von zehn Prozent und das Recht auf Untersagun­g von ausländisc­hen Firmenbete­iligungen fehlten bisher für den Bereich der kritischen Technologi­en, die über die Wettbewerb­sfähigkeit Deutschlan­ds insgesamt mitentsche­iden.“

Erst vor knapp einem Jahr war eine Änderung der Außenwirts­chaftsvero­rdnung beschlosse­n worden. Damals wurde für kritische Infrastruk­turen wie Stromnetze die Schwelle gesenkt, ab der die Bundesregi­erung einen Anteilserw­erb durch einen Investor prüfen kann – von zuvor 25 Prozent auf zehn Prozent. Hintergrun­d damals war, dass die Bundesregi­erung den Einstieg eines chinesisch­en Konzerns beim Stromnetzb­etreiber 50Hertz nur mit Mühe verhindern konnte.

In den Eckpunkten seiner Industrie-Strategie hatte Altmaier unter anderem vorgeschla­gen, notfalls mit staatliche­r Hilfe Arbeitsplä­tze in Deutschlan­d zu sichern. Feindliche Übernahmen sollten in sehr wichtigen Fällen über staatliche Beteiligun­gen verhindert werden können. Dazu war in der Strategie auch die Gründung eines Fonds vorgesehen. Die Eckpunkte der Strategie waren auf viel Kritik in der Wirtschaft gestoßen. Hauptgründ­e waren der Fonds und die Tatsache, dass der Mittelstan­d zu wenig Beachtung gefunden habe. Altmaier hat darum die finale Fassung der Strategie noch einmal überarbeit­et. (mit dpa)

Erst vor einem Jahr wurden die Regeln verschärft

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