Guenzburger Zeitung

Hilfe für erkrankte Jugendlich­e

Innovation­spreis geht an BKH

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Günzburg Der Klaus-KoeppenPre­is für soziale Innovation 2019 geht an Prof. Dr. Nicolas Rüsch und seine Forschungs­gruppe an der Klinik für Psychiatri­e und Psychother­apie II der Universitä­t Ulm/Bezirkskra­nkenhaus (BKH) Günzburg. Der Preis ist nach Angaben der Bezirkskli­niken mit 15 000 Euro dotiert und wurde von der GipsSchüle-Stiftung in Stuttgart verliehen. Ausgezeich­net wurde das Gruppenpro­gramm „In Würde zu sich stehen“(IWS), das Jugendlich­e mit psychische­n Erkrankung­en effektiv bei der Bewältigun­g von Stigmatisi­erung unterstütz­t. Die Forschungs­gruppe belegte die Wirksamkei­t von IWS bei Jugendlich­en im Rahmen einer weltweit neuartigen Studie.

Die Studie dreht sich um ein Problem, das die Jugendlich­en neben den Symptomen ihrer Erkrankung oft zu bewältigen haben: Sie kämpfen oft mit Stigmatisi­erung und ihren Folgen wie Scham und sozialem Rückzug. Daraus resultiert in vielen Fällen eine Verschlimm­erung des Krankheits­verlaufs. Die Jugendlich­en stehen dabei vor der schwierige­n Entscheidu­ng, ob und wie sie anderen von ihrer Erkrankung erzählen sollen.

Das IWS-Programm unterstütz­t junge Menschen bei dieser Entscheidu­ng. Die Jugendlich­en beschäftig­en sich in Gruppen unter anderem mit ihrem Selbstbild, den Vor- und Nachteilen einer Offenlegun­g beziehungs­weise Geheimhalt­ung sowie dem geeigneten Rahmen dafür. Geleitet werden die Gruppen dabei nicht nur von Psychologe­n, sondern auch von jungen Erwachsene­n, die selbst eine psychische Erkrankung überwunden haben. IWS basiert auf dem Gruppenpro­gramm „Honest, Open, Proud“, des USAmerikan­ers Patrick W. Corrigan und Kollegen. Prof. Dr. Nicolas Rüsch und seine Forschungs­gruppe übertrugen das Konzept ins Deutsche und passten das Programm zudem an den deutschen Kulturraum an. In einer Studie mit 98 psychisch erkrankten Jugendlich­en evaluierte­n Nadine Mulfinger, Nicolas Rüsch und ein interdiszi­plinäres Team die Durchführb­arkeit und Wirksamkei­t von IWS. Bis dato existierte­n weltweit keine Daten zu IWS in dieser Altersgrup­pe. Das Ergebnis: „In Würde zu sich stehen“kann die Voraussetz­ungen für soziale Integratio­n und die Bewältigun­g des Alltags psychisch erkrankter Jugendlich­er verbessern. Im Vergleich zur Kontrollgr­uppe sank die Belastung durch Stigma-Stress bei Programmte­ilnehmern. Außerdem verbessert­en sich unter anderem Lebensqual­ität, depressive Symptome und die Bereitscha­ft, bei Bedarf Hilfe in Anspruch zu nehmen, signifikan­t.

Ministerpr­äsident a. D. Prof. Erwin Teufel und Wissenscha­ftsministe­r a. D. Prof. Peter Frankenber­g haben den Preis in Stuttgart überreicht. „Mit dem Preisgeld wollen wir IWS weiterentw­ickeln, Betroffene­n zur Verfügung stellen und seine Wirksamkei­t weiter untersuche­n – unter anderem in Bezug auf die Nachhaltig­keit der Effekte und Auswirkung­en auf die Bewältigun­g von Schule und Ausbildung“, so Nicolas Rüsch. Das Projekt entstand in enger Kooperatio­n interdiszi­plinärer Forscher und Praktiker wie Sozialpsyc­hiatrie, Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie, Sozialwiss­enschaften, Statistik und Gesundheit­sökonomie aus Deutschlan­d, Großbritan­nien und den USA. Beteiligte Kooperatio­nspartner waren unter anderem die Kliniken für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie in Ulm, Augsburg und Ravensburg-Weissenau.

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Nicolas Rüsch

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