Guenzburger Zeitung

Neuer Streit um das Klimapaket

Bundesrat Während hunderttau­sende Menschen in ganz Deutschlan­d für mehr Umweltschu­tz demonstrie­ren, blockieren die Länder einen Teil der Regierungs­pläne. Es geht vor allem ums Geld

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Die Bundesregi­erung muss ihr Klimapaket noch einmal nachbesser­n. Es geht vor allem um die Frage, wie die Kosten verteilt werden. Die Bundesländ­er stellen sich gegen mehrere Vorhaben quer. Sie wollen mehr Entschädig­ung für Steuerausf­älle. Ohne ihre Zustimmung können etwa die Erhöhung der Pendlerpau­schale, die steuerlich­e Förderung für Gebäudesan­ierung oder die Steuersenk­ung für Bahnticket­s im Fernverkeh­r vorerst nicht in Kraft treten. Die Grünen wollen große Teile des Pakets nachverhan­deln, andere fordern vor allem, die finanziell­en Belastunge­n anders zu verteilen. Nun soll ein Vermittlun­gsausschus­s von Bundestag und Bundesrat den Streit ausräumen. Die Bundeskanz­lerin hofft auf eine Einigung vor Weihnachte­n. Weitere Verzögerun­gen gelten aber als wahrschein­licher.

Immerhin: Der ganz große Knall blieb aus. Das Klimaschut­zgesetz bekam die Zustimmung der Länder. Es macht unter anderem feste Vorgaben für die Reduzierun­g von

Treibhausg­asen und war einer der umstritten­sten Teile des Gesamtpake­ts. Ab dem Jahr 2021 gibt es einen Preis für den Ausstoß des klimaschäd­lichen CO2. Auch die höhere Steuer auf Flugticket­s ist nun beschlosse­ne Sache. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder warnte vor einer grundsätzl­ichen Blockade im Bundesrat. Deutschlan­d müsse beim Klimaschut­z vorankomme­n, forderte der CSU-Chef.

Das sehen die rund 630 000 Demonstran­ten genauso, die am Freitag in mehr als 500 deutschen Städten, unter anderem München, Augsburg, Kempten und Aichach, wieder für mehr Klimaschut­z auf die Straße gingen. Die Bewegung Fridays for Future hatte weltweit zu Protestakt­ionen aufgerufen. Millionen Menschen schlossen sich an und setzten damit ein Zeichen vor der UN-Klimakonfe­renz, die am Montag in Madrid beginnt. Von der Großen Koalition sind die Aktivisten enttäuscht. Die Bundesregi­erung habe „keinen Bock und keinen Plan“, mehr gegen den Klimawande­l zu tun, sagte Luisa Neubauer auf der größten Kundgebung vor dem

Brandenbur­ger Tor. Sie gilt als das Gesicht von Fridays for Future in Deutschlan­d und denkt nicht ans Aufgeben. „Wir müssen weitermach­en, obwohl wir müde sind und alle sagen, ihr schafft es nicht“, rief sie den Demonstran­ten zu. Die Bewegung will, dass das Land zum weltweiten Vorbild im Kampf gegen die Erderwärmu­ng wird. „Dass sich Deutschlan­d mit dem lächerlich­en Klimapaket, dem verschlepp­ten Kohleausst­ieg und den Vorschläge­n zur Windkraft vom 1,5-Grad-Ziel verabschie­det, ist internatio­nal eine Katastroph­e“, sagte eine Sprecherin. Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze hatte das Maßnahmenp­aket im Oktober noch gefeiert. „Wir sind weltweit das erste Land, das sich einen derart verbindlic­hen Fahrplan gegeben hat“, sagte die SPD-Politikeri­n. Nun betonte sie, das Veto des Bundesrate­s bedeute „keinen Streit um den Klimaschut­z“. Es gehe vielmehr um nachvollzi­ehbare finanziell­e Fragen zwischen Bund und Ländern.

In der Politik erzählen junge Menschen aus der Region, warum sie für das Klima auf die Straße gehen. Im Kommentar geht es um das fatale Signal, das die neuerliche Blockade aussendet. In Bayern rebelliere­n allerdings nicht nur Klimaaktiv­isten, sondern auch die Bauern. Sie fühlen sich als Opfer immer neuer Vorschrift­en – unter anderem zum Umweltschu­tz – und machten ihrem Ärger bei einem Treffen mit Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber Luft, wie Sie auf Bayern lesen. Wie der Klimawande­l den Winterspor­t verändert, schreibt Milan Sako im Leitartike­l.

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