Das Klima bewegt die Massen
Unterstützung für die Aktivisten gibt es sogar aus der Arktis. Was Demonstranten aus der Region über ihre Beweggründe sagen
Berlin/Kopenhagen Hunderttausende Menschen in Deutschland und weltweit haben für einen stärkeren Einsatz der Politik und ein Umdenken jedes Einzelnen im Kampf gegen den Klimawandel demonstriert. In ganz Deutschland waren nach Angaben der Bewegung Fridays for Future 630000 Menschen auf der Straße. Protestiert wurde vielerorts diesmal auch gegen übermäßigen Konsum, wegen des parallelen Schnäppchentags Black Friday.
„Stoppt Black Friday!“, forderten etwa Demonstranten in Kopenhagen. In Berlin schlug Sänger Peter Fox von der Band Seeed in eine ähnliche Kerbe: „Checkt euren Lifestyle“, sagte er auf einer Großkundgebung vor zehntausenden Menschen am Brandenburger Tor. „Wir sollten bereit sein, unsere Gewohnheiten zu ändern“, sagte der Musiker („Haus am See“).
Angesichts einer vergleichsweise kurzen Vorlaufzeit des Aktionstags handelte es sich um eine gute Beteiligung, die allerdings nicht an die Rekordzahlen vom September heranreicht – damals waren der Klimabewegung zufolge weltweit mehr als sieben Millionen Menschen in 185 Ländern für mehr Klimaschutz auf die Straße gegangen, darunter allein 1,4 Millionen in Deutschland.
Eine der führenden Aktivistinnen, Luisa Neubauer, schrieb auf Twitter, viele hätten gesagt, es sei unmöglich, Ende November einen Massenprotest zu organisieren. „Wir haben es trotzdem gemacht. Nicht weil es leicht ist, sondern weil es notwendig ist. Denn diese Klimapolitik raubt uns unsere Zukunft.“Fridays for Future hat die erneuten Großproteste bewusst auf den Freitag vor dem Start der Weltklimakonferenz in Madrid gelegt. Nach den Großprotesten im März und Mai sowie der globalen Streikwoche im September ist es die vierte Auflage eines solchen weltweit koordinierten Protests.
In Deutschland richtet sich die Kritik der Aktivisten vor allem gegen das Klimapaket der Bundesregierung, das sie als „Klima-Päckchen“und völlig unzureichend bezeichnen. International waren Kundgebungen in über 2400 Städten in 158 Ländern geplant gewesen. Traditionell wegen der Zeitverschiebung waren die Australier in Städten wie Sydney und Melbourne einige der Ersten, die am Freitag aus Protest auf die Straße gingen, diesmal aber weniger als zuvor. Später folgten unter anderem Städte in Indien und europäische Metropolen wie Brüssel oder Lissabon. In den französischen Städten wie Lyon und Saint-Priest blockierten Aktivisten zeitweise Lagereingänge des Online-Händlers Amazon – auch das aus Protest gegen übermäßigen Konsum.
Unterstützung erhalten die überwiegend jungen Demonstranten längst auch von älteren Generationen und vielen Wissenschaftlern, darunter diejenigen auf dem deutschen Forschungsschiff „Polarstern“in der Arktis und auf der deutschen Neumayer-Forschungsstation in der Antarktis. Jeweils ein knappes Dutzend Wissenschaftler stellten sich mit Schildern und Plakaten auf dem Eis vor dem Schiff und der Station auf, um sich mit den Klimademonstranten solidarisch zu zeigen.
Die schwedische Aktivistin Greta Thunberg befand sich während des Protesttages auf hoher See: Die 16-Jährige segelt gerade auf einem Katamaran über den Atlantik.