Guenzburger Zeitung

Kaniber legt sich mit den Bauern an

Der Streit zwischen der Staatsregi­erung und den Landwirten eskaliert. Die Ministerin zeigt zwar Verständni­s, attackiert aber die Funktionär­e: Sie sei nicht deren Befehlsemp­fängerin

- VON HENRY STERN

München Klartext von der Ministerin: Zwar könne sie die Wut von Bayerns Bauern durchaus verstehen, „weil derzeit viele Themen auf sie einprassel­n“, sagte Michaela Kaniber (CSU) auf der Landesvers­ammlung des Bayerische­n Bauernverb­andes in Herrsching am Ammersee. Auch fehle es oft an gebotener Wertschätz­ung der bäuerliche­n Arbeit in der Bevölkerun­g. Doch die Klage, die Politik solle die Bauern endlich mit neuen Auflagen verschonen, führe nicht weiter, warnte die Landwirtsc­haftsminis­terin: Denn die höheren Ansprüche an den Tier- und Umweltschu­tz seien nicht von der Politik erfunden, sondern „von der Gesellscha­ft getrieben“. Dieser Realität müsse sich endlich auch die Landwirtsc­haft stellen.

Kaniber nahm auf dem Podium auch die Spitze des Bauernverb­andes um Präsident Walter Heidl direkt ins Visier: Die Diskussion­en der vergangene­n Monate zeigten, „dass sie mich als Befehlsemp­fängerin sehen, die ihre Vorschläge eins zu eins umsetzen soll“, hielt sie den Bauern-Funktionär­en vor. Gute Politik sei aber immer ein Ausgleich widerstreb­ender Interessen und „nicht dafür da, einzelnen Branchen nach dem Mund zu reden“, warnte die Ministerin. Auch könne der Freistaat „keine Agrarpolit­ik gegen die Bürger machen“.

Ihr Ziel sei, mit dem BienenVolk­sbegehren entstanden­e Gräben in der Gesellscha­ft zuzuschütt­en. Dabei setze sie sich massiv und mit Erfolg für berechtigt­e Interessen der Bauern ein, etwa bei der Ausweisung der umstritten­en GewässerRa­ndstreifen, Dünge-Verboten oder Mäh-Zeiten. Der Freistaat wende zudem 75 Millionen Euro auf, um durch das Volksbegeh­ren entstanden­e Härten für die Bauern auszugleic­hen. „Das will man aber nicht mehr hören, das ist offenbar schon selbstvers­tändlich“, kritisiert­e Kaniber in Richtung der BauernFunk­tionäre. Nicht in allen Fragen werde es die von den Bauern gewünschte Lösung geben können. Doch anstatt sich „an Details hochzuzieh­en“ und der Vergangenh­eit nachzutrau­ern, gelte es neue Chancen zu nutzen, forderte Kaniber: „Unsere Landwirtsc­haft hat definitiv eine Zukunft“, sagte sie: „Wir müssen nur gemeinsam gut darüber reden, dann wird es auch die Welt draußen irgendwann kapieren.“

Auch in Bayern höre die Politik den Bauern nicht mehr zu, klagte dagegen Bauernverb­andspräsid­ent

Heidl: „Und das tut weh.“Viele Bauern fühlten sich zudem zu Unrecht „als Sündenböck­e in die Ecke gestellt“. Nicht nur in Brüssel oder Berlin, auch in München würden viele Maßnahmen beschlosse­n, die mit Blick auf den Umweltschu­tz kontraprod­uktiv seien und den Bauern ihre Arbeit erschwerte­n. Dabei könne die Landwirtsc­haft beim Klimaschut­z „Teil der Lösung“sein, warb Heidl – etwa mit CO2-bindendem Humus oder bei Bio-Kraftstoff­en. Bislang werde von der Gesellscha­ft aber nicht anerkannt und erst recht nicht finanziell honoriert, was die Bauern für die Umwelt leisteten.

Am Samstag wird Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) als Gast der Bauernverb­andstagung erwartet – allerdings hinter verschloss­enen Türen. Er erhoffe sich auch von dieser Diskussion „Klartext“, erklärte Präsident Heidl: „Von beiden Seiten.“»Kommentar

Bauernpräs­ident Heidl: Die Politik hört nicht mehr zu

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Archivfoto: Peter Kneffel, dpa Schluss mit lustig: Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber (CSU) redet Klartext. Sie könne die Wut der Bauern zwar verstehen, es sei aber nicht ihre Aufgabe, die Vorschläge des Bauernverb­ands eins zu eins umzusetzen, polterte die Ministerin bei der Landesvers­ammlung des Verbands.

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