Guenzburger Zeitung

Leonardos Wein kommt unter den Hammer

Das Auktionsha­us Christie’s versteiger­t 300 Flaschen einer Sorte, die das Universalg­enie anbaute

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Mailand Das Universalg­enie Leonardo da Vinci ist vielen selbstvers­tändlich als Ingenieur, Wissenscha­ftler und Künstler vertraut – weniger aber als Weinexpert­e. Kaum bekannt ist nämlich, dass Leonardo sogar einen eigenen Rebgarten besaß, in dem er auch anbaute. Im Dezember will das Auktionsha­us Christie’s in London 300 Flaschen dieses Leonardo-Weines versteiger­n. Es dürfte ein teures Vergnügen werden.

„Ich glaube, dass Menschen, die in Gegenden aufwachsen, in denen es guten Wein gibt, besonders glücklich sind“, schrieb Leonardo.

Man solle ihn wohltemper­iert, maßvoll, aber dafür regelmäßig trinken, so sein Urteil.

Die Geschichte des LeonardoWe­ins hat zahlreiche Wendungen. Sie beginnt im Jahr 1498, als der Künstler im Auftrag des Mailänder Fürsten Ludovico Sforza sein weltberühm­tes Fresko „Das letzte Abendmahl“im Refektoriu­m der Mönche in Santa Maria delle Grazie anfertigt. Sein Lohn war ein Stück damals noch in der Mailänder Peripherie gelegenes Land, auf dem Leonardo Reben pflanzte. Als im Jahr 1500 die Franzosen Mailand besetzten, verließ der Toskaner zwar die Stadt, erwarb das

Grundstück später aber zurück. Sogar in seinem Testament ist von dem 8320 Quadratmet­er großen Grundstück die Rede, das heute auf dem Gelände der Casa degli Atellani im

Mailänder Zentrum liegt. Knapp 500 Jahre lang kümmerte sich niemand um das kuriose Erbe Leonardos. Es gibt Fotos aus dem Jahr 1920, die den Garten ein letztes Mal unversehrt zeigen. Bei Bombardeme­nts im Jahr 1943 wurde das Gelände vollkommen zerstört. Zu Beginn des neuen Jahrtausen­ds begann sich der Önologe Luca Maroni für die Geschichte von Leonardos Reben zu interessie­ren. Er wollte mit einigen Kollegen nach Resten der jahrhunder­tealten Rebstöcke suchen und wurde fündig. 23 Wurzelrest­e grub Maroni aus.

Daraus wurden Setzlinge gezüchtet, die 2015 in Leonardos Mailänder

Rebgarten wieder eingepflan­zt wurden. 2018 fand dann die erste Lese der wiederentd­eckten Reben statt. 270 Kilogramm Trauben kamen zusammen. Eine Winzerin aus der Gegend von Piacenza ließ die Trauben nach traditione­llen Methoden bearbeiten. Jetzt wird der Wein bei Christie’s versteiger­t.

Leonardo wäre gewiss sehr neugierig auf das Resultat. Da er bereits zwei Jahre nach der Schenkung des Gartens wieder in die Toskana zurückkehr­te, konnte er vermutlich zwar seine Reben pflegen lassen, kam selbst aber wahrschein­lich nie in den Genuss einer Ernte – und damit seines eigenen Weines.

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Foto: dpa Leonardo da Vinci war natürlich auch Weinexpert­e.

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