Guenzburger Zeitung

Die Kunst, Größe zu zeigen

Die Große Schwäbisch­e profitiert in ihrer 71. Folge vom Umzug in den Augsburger Glaspalast. Viel Raum für Installati­onen. Neue Namen und ein Katalog bringen frische Impulse und eröffnen Perspektiv­en

- VON MICHAEL SCHREINER

Augsburg Schon die Titel zeigen Größe und Mut zum Auftritt: „Die Öffnung des Universums in das Haus der vielen Wohnungen“nennt Esther Zahel ihr windschief­es Haus der Malerei, zusammenge­baut aus Leinwänden und Holzleiste­n. Vier Meter hoch, drei Meter breit! Und Paul Ludwig Reßls Gespinst aus filigran gebogenen Holzleiste­n heißt programmat­isch „Unendliche­r Raumfüller“. Beide Installati­onen von jungen Künstlern brauchen großzügig Platz, Licht und Weite. All das gibt es reichlich im Augsburger Glaspalast, wohin die traditions­reiche „Große Schwäbisch­e Kunstausst­ellung“in diesem Jahr umgezogen ist. Ein Umzug, der erkennbar wie eine Frischzell­enkur für die zuletzt doch etwas angegraute und in Routine gefangene Institutio­n der regionalen Kunstszene wirkt.

Dort, wo bis zu ihrem sang- und

Abzug im Sommer die Staatsgale­rie Moderne Kunst als Zweigstell­e der Münchner Pinakothek vor sich hindämmert­e, eröffnen sich nun neue Möglichkei­ten für die Große Schwäbisch­e. So starke Räume hatten die Berufsverb­ände Bildender Künstlerin­nen und Künstler aus Nord- und Südschwabe­n für ihre Querschnit­tsschau noch nie – weder in der Toskanisch­en Säulenhall­e noch im beengten Schaezlerp­alais, wo der BBK in den vergangene­n Jahren Gastrecht hatte.

Wie schon die Aussicht auf die hohen weiten offenen Räume im Glaspalast beflügelte, zeigte sich für den BBK an den Einreichun­gen. Mehr Künstler als zuvor bewarben sich bei der Jury – und die ausdrückli­che Ermunterun­g, „groß“zu denken und das „große Format“ins Auge zu fassen, brachte eine Belebung, die in der Ausstellun­g nicht zu übersehen ist. Norbert Kiening (selbst mit einer vier mal zwei Meter großen abstrakten Leinwand vertreten), der die Große Schwäbisch­e seit 2005 verantwort­et, freut sich über neue Namen und die Beteiligun­g vieler jüngerer Künstler.

77 Arbeiten sind nun ab heute am neuen Standort zu sehen. 202 Kunstschaf­fende (so viele wie nie) hatten sich mit insgesamt 336 Arbeiten und 49 Mappen beworben, darunter wie schon in den vergangebl­umenblüte nen Jahren deutlich mehr Frauen als Männer. Trotz des starken Auftritts für Installati­on und großes Format hat eine eher kleine, konvention­elle Arbeit den alljährlic­h von der Stadt Augsburg verliehene­n Kunstpreis erhalten: Die Plastik „Steinwindu­ng“der 53-jährigen Allgäuer Bildhaueri­n Silvia Jung-Wiesenmaye­r überzeugte die Jury.

Die Malerei hat in der 71. Ausgabe der Großen Schwäbisch­en mit Arbeiten beispielsw­eise von Carmen Jaud, Harry Meyer, Dorothea Dudek, Georg Kleber und Heidi Rauch einen sicheren, guten Stand. Auffallend sind Naturmotiv­e – auf Leinwand, aber auch in der Zeichnung. Wald und Bäume ziehen die Blicke besonders auf sich (Peter Junghanß, Marc Rogat, Alexandra Vassilikia­n). Stark Anja Güthoffs „Wald“in Federzeich­nung auf Blech oder auch die wandfüllen­de Installati­on aus 365 Blättern, auf die Siegfried Köglmeier Variatione­n der Sonnenklan­glosen gezeichnet hat. Christof Rehm überzeugt mit der auf zwei mal drei Meter vergrößert­en, wie magisch aufgeladen­en Handyfotog­rafie eines verschneit­en Waldstücks, in der sich Reflexe von Deckenlich­t spiegeln.

Arbeiten wie Gerhard Ribkas Installati­on „Dein Lohn“aus Fotografie­n, bemalten Glasvasen und Texten oder Stefanie Sierings auf Fädenvorhä­nge gemalte Porträts nach Vorlagen alter Fotografie­n („Im weiten Meer verschwund­ener Zeiten“) finden in Kabinettei­nbauten der Ausstellun­gshalle den nötigen stillen, intimen Resonanzra­um. Umso mehr trumpfen draußen die stilisiert­en grellbunte­n Figuren der okkulten Versammlun­g auf, die Florian Rautenberg um eine Art Scheiterha­ufen gruppiert hat.

Neue Perspektiv­en und ein atmender Rahmen tun dieser traditions­reichen Kunstschau sichtlich gut. Große Schwäbisch­e reloaded!

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