Ohne Ausbildung zum Abschluss
Ohne formale Qualifikation bleiben im Job im Zweifel viele Türen verschlossen. Wer die nachholen will, muss aber nicht zwingend eine Lehre absolvieren. Aber ohne Fleiß und Disziplin geht es trotzdem nicht
Berlin/Bonn Er wollte endlich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Doch Georgius Mygiakis wusste: Ohne Abschluss landet seine Bewerbung sofort im Mülleimer. Dabei verfügte er durchaus über eine berufliche Qualifikation. Mygiakis war während seines Studiums an einer Universität als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig – in der Computeradministration. Die Stelle fiel irgendwann weg. Sein Studium brach er ab. Dann kam die Arbeitslosigkeit. Rund zwei Jahre hat er gebraucht, um wieder einen Job zu finden. Gelungen ist es ihm durch die Externenprüfung.
„Bei der Externenprüfung können Personen zur Gesellen- oder Abschlussprüfung zugelassen werden, die keine Berufsausbildung absolviert haben“, erläutert Vanessa Thalhammer von der Bundesagentur für Arbeit. Sie bekommen damit die Chance, einen formalen Berufsabschluss zu erreichen und ihre beruflichen Perspektiven zu verbessern. Mygiakis entschied sich für diesen Weg. Dazu musste er die Abschlussprüfung bestehen, die auch am Ende einer dualen Berufsausbildung steht. Der sogenannte Externe kann sich für „die gleichen schriftlichen und praktischen Prüfungen anmelden, wie alle anderen auch“, erklärt Andreas Truglia von der Industrieund Handelskammer Berlin den Ablauf. Entscheidende Voraussetzung ist die Länge der eigenen Berufspraxis. Beträgt sie mindestens viereinhalb Jahre, besteht Rechtsanspruch auf eine Zulassung. Im Berufsbildungsgesetz und in der Handwerksordnung ist festgelegt: Zu einer Abschlussprüfung darf, wer mehr als das Anderthalbfache der üblichen Ausbildungszeit in einem Beruf nachweisen kann. Unter Umständen ist ebenfalls eine Zulassung bei weniger Jahren möglich. Der Externe muss dafür seine berufliche Handlungsfähigkeit glaubhaft vorzeigen können. Das erfolgt vor allem durch Arbeitszeugnisse sowie Arbeitsbescheinigungen.
Der Vorteil der Externenprüfung liegt vor allem darin, dass die Vorbereitung in sechs bis zwölf Monaten zu bewältigen ist. Mygiakis hat es wegen seiner Fachkenntnisse in neun geschafft. Verglichen damit kann eine Ausbildung bis zu drei
Jahre gehen, bei einer Umschulung sind es normalerweise zwei.
Informationen zur Externenprüfung bekommen Interessierte bei den Vermittlungs- und Beratungsfachkräften der Agenturen oder den Integrationsfachkräften der Jobcenter. Wer berufstätig ist, findet Ansprechpartner bei Bildungsträgern, der IHK und beim Prüfungsausschuss der Handwerkskammer oder der Innung. Jeweils für einen Termin im Frühjahr oder im Herbst kann sich der Teilnehmer zu einer Abschlussprüfung anmelden, das funktioniert oft auch online. Grundsätzlich zuständig ist die Kammer am Wohnort. Dann heißt es: Für die Prüfung pauken. Das stellt für viele die größte Hürde dar.
Truglia erklärt das damit, dass „der ganze theoretische Unterbau fehlt. Die Berufsschul-Inhalte müssen sich die Externen dann für die Prüfungen selbst beibringen.“Die Agentur für Arbeit verweist zusätzlich darauf, dass un- und angelernte Arbeitnehmer oft lange keine Schule oder Ausbildungseinrichtung besucht haben. Dementsprechend sind Lerntechniken womöglich nicht mehr so präsent. Lernmaterial für eine autodidaktische Vorbereitung bieten IHK oder Kammern an, auch mit entsprechenden Fachbüchern lässt sich der Stoff nachholen. Der einfachere Weg ist es jedoch oft, sich das Prüfungswissen an Bildungsinstituten oder in speziellen Vorbereitungslehrgängen anzueignen. Sie sind zum Teil kostenpflichtig, werden aber meist individuell darauf abgestimmt, was genau der Externe für die Prüfung benötigt. Georgius Mygiakis hatte Erfolg, er schloss seine Abschlussprüfung zum Fachinformatiker ab. Hendrik Polland, dpa