Die Frage der Woche Mit der Adventsbeleuchtung auf den Putz hauen?
Es ist ja so, dass der immergarstige November der mit Abstand unnützeste Monat des Jahres ist. Das ewige Grau mit dem ewigen Hochnebel. Der Endgegner fürs Gemüt. Man kann ihn nicht bezwingen, nur aussitzen, zum Himmel starren und hoffen, dass aus dem fiesen Einerlei da oben irgendwann wieder etwas Helles scheinen möge. Ein Funkeln vielleicht. Von irgendwo.
Das erste Glimmen kehrt dann mit dem Advent zurück. Endlich. Eins, zwei, drei, vier Kerzen. Schön der Reihe nach. Woche für Woche entzünden. Alles comme il faut. Hat aber ja keiner behauptet, dass beim Drumherum bis zum hohen Fest nicht auch so ein kleines bisschen blinkendes Crescendo arrangiert werden dürfte. Auch bei postnovemberlicher Trübsal gilt: Viel hilft viel. Deshalb ist es schon in Ordnung, wenn das Haus komplett mit Lichterketten umwickelt wird. Zur Sicherheit lieber doppelt. Hält besser. Dazu viele blinkende Rentiere oben auf dem First. Auch an rundbäuchigen Weihnachtsmännern mit aparten Neon-leucht-Mützen sollte nicht gespart werden. Dann, bitte schön, sollte unbedingt jeder Baum, jede Tanne und auch die kahle Hecke im Vorgarten mit Eiszapfenschnee-Meteorschauerlichtern ausgestattet sein. Das geht alles und wirkt in winterlicher Finsternis besser als jede Vitamin-D-Kur.
Und wer einmal den Coca-Cola-Weihnachtstruck auf einsam-verschneitem Felde in tiefer Nacht hat vorbeirauschen sehen, vergisst es nie. Am 1. Dezember kommt einer der drei „Roten Riesen“sogar in den Münchener Olympiapark.
In einem für das Weihnachtsfest nicht ganz unwesentlichen Buch heißt es schon ziemlich am Anfang, bei Genesis 1: „Es werde Licht.“Wer wollte da widersprechen! D iese Jahreszeit ist wirklich nicht leicht auszuhalten. Aber deswegen muss man doch nicht gleich in einer Art winterlichen Trotzreaktion das Haus, den Garten, den ganzen Straßenzug bis in den letzten Winkel beleuchten.
Weihnachtlicher Lichterglanz? Da hat mancher offensichtlich etwas missverstanden. Und wenn jetzt immer von den leuchtenden Kinderaugen die Rede ist, ist damit bestimmt nicht der Widerschein des blinkenden Funkelsterns vom Fenster gegenüber gemeint.
Man muss nicht im Bau- und Elektromarkt alles einpacken, was da gerade so blinkt und leuchtet. Aber dennoch wandern glitzernde Rentiere, strahlende Schneemänner oder gar der eindrucksvolle „DekoKing 200er LED Lichtervorhang“in den Einkaufswagen. Weil sie da sind. Oder im Angebot. Und weil a bissle Weihnachtsdeko halt schon sein soll. In der
Folge hängen dann Lichterschlangen wie hineingeworfen in kahlen, widerspenstigen Forsythien, Baumstämme werden mühsam umwickelt, weil die Lichterkette alle Jahre wieder zu kurz ist, und der nagelneue Lichterregen 2000 LED strahlt aus der Thujahecke – zumindest einem Teil davon. Die wenigsten Deko-Fans, das stellt man beim Abendspaziergang fest, sind weihnachtliche Deko-Kings. Durch die Balkongirlanden, Heckendekorationen, Sternprojektionen auf Hauswände ist es heller in der dunklen Jahreszeit, das stimmt, aber wirklich schöner nur selten. Zumal Rentier, Funkelelch und Blinkerstern bei Tag und ohne Schnee seltsam schnöde herumstehen.
Campino von den Toten Hosen singt in „Unter den Wolken“: „Machen wir uns selbst ein Lichtermeer. Aus all den Träumen. Aus unseren Träumen.“Wie wär’s denn mal mit einer schönen Kerze?