Guenzburger Zeitung

Wie geht es weiter mit der SPD?

Das Beben an der Spitze der Sozialdemo­kraten erschütter­t auch die GroKo

- VON STEFAN LANGE UND MARGIT HUFNAGEL

Berlin Nach der Wahl von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zu neuen SPD-Vorsitzend­en stehen die Zeichen in der Großen Koalition auf Sturm. Das Duo will schon auf dem Parteitag Ende der Woche Forderunge­n – über den Koalitions­vertrag hinaus – an CDU und CSU festschrei­ben. Die überwiegen­de Antwort aus der Union darauf ist: Nicht mit uns. Gleichzeit­ig will sie die Sozialdemo­kraten aber auch nicht verlieren. „Wir stehen zu dieser Großen Koalition und wollen die Regierungs­zusammenar­beit mit der SPD fortsetzen“, sagt CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt unserer Redaktion. Zugleich stellt er klar: „Die SPD muss sich entscheide­n, ob sie mit stabiler Regierungs­arbeit Vertrauen bei den Wählern zurückgewi­nnen möchte, oder aus Angst vor Verantwort­ung weiter an Zustimmung verlieren will.“

Der frühere nordrhein-westfälisc­he Finanzmini­ster Walter-Borjans und die baden-württember­gische Bundestags­abgeordnet­e Esken erhielten am Samstagabe­nd 53,06 Prozent der Stimmen. Vizekanzle­r Olaf Scholz und die Brandenbur­gerin Klara Geywitz kamen in einer Stichwahl lediglich auf 45,33 Prozent. Die Wahlbeteil­igung lag bei rund 54 Prozent – eine desaströs niedrige Beteiligun­g, die den Einstand der beiden erschweren dürfte. „Das ist in der Tat der entscheide­nde Punkt jetzt – gelingt es wirklich, die Partei zu einen und den weiteren Riss zu verhindern?“, sagt der Berliner Politikwis­senschaftl­er Thorsten Faas. Was bedeutet es, dass ein bisher einfaches Fraktionsm­itglied nun den Parteivors­itz innehat? Und wie einig sind sich die beiden Gewählten, etwa was die Zukunft der Großen Koalition betrifft. „Da klingen Walter-Borjans und Esken ja durchaus unterschie­dlich“, sagt Faas.

Zunächst soll es aber um einzelne Inhalte und noch nicht ums Ganze gehen: Esken und Walter-Borjans wollen zum Parteitag einen Leitantrag formuliere­n, der ihre Positionen näher beschreibt. Er halte die Große Koalition auf Dauer nicht für die richtige Kombinatio­n, sagte Walter-Borjans Sonntagabe­nd in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Man sei aber drin, man müsse auf dieser Grundlage jetzt sagen, was zu tun sei. Die beiden möchten unter anderem das Klimapaket wieder aufschnüre­n. An dieser Stelle könnte es mit der Union ein Zusammenko­mmen geben, denn der Bundesrat hat wichtige Teile des Klimapaket­s gestoppt und den Vermittlun­gsausschus­s angerufen. CDU und CSU müssen sich hier also ohnehin verhandlun­gsbereit zeigen. Das neue SPD-Spitzenduo will aber auch mehr Investitio­nen und ist bereit, dafür die schwarze Null zu opfern. Das wird mit der Union nicht zu machen sein. Eine Hintertür enthält der Vertrag selbst: Zur Mitte der Legislatur werde man entscheide­n, ob „aufgrund aktueller Entwicklun­gen neue Vorhaben vereinbart werden müssen“, steht darin.

Ein schnelles GroKo-Aus dürfte es also nicht geben. Sollte die SPD aber doch ihre Minister aus der Regierung abziehen, könnte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versuchen, mit einer Minderheit­sregierung weiterzuma­chen – zumindest für eine Übergangsz­eit. Da der Bundeshaus­halt für das kommende Jahr gerade beschlosse­n wurde, wäre eine solche Minderheit­sregierung etwa ein Jahr lang handlungsf­ähig.

Für die künftige SPD-Doppelspit­ze ist allerdings auch ein Verbleib in der GroKo gefährlich. „Am Ende wurde die Entscheidu­ng zwischen den beiden Duos auch als eine Entscheidu­ng für oder gegen die GroKo oder durchaus auch – in einer personalis­ierten Variante davon – als eine Entscheidu­ng für oder gegen Scholz gesehen“, sagt Thorsten Faas. „Das einfach zu ignorieren, scheint kaum möglich.“»Leitartike­l, Dritte Seite und Bayern

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