„Traurig, dass es solche Leute gibt“
Die 17-jährige Benigna Munsi ist das neue Nürnberger Christkind. Wegen ihrer Herkunft gab es rassistische Anfeindungen. Wie sie damit umgeht und was sie wünscht
Frau Munsi, wie stressig ist es eigentlich, Nürnberger Christkind zu sein? Benigna Munsi: Ehrlich gesagt glaube ich, dass es für die Menschen um mich herum stressiger ist als für mich selbst. Sie müssen mich immer wieder einfangen, mich mal hierhin und mal dorthin bringen. Bei den vielen Terminen ist es natürlich auch für mich anstrengend. Das merke ich schon, auch wenn meine Amtszeit gerade erst begonnen hat. Auf der anderen Seite bekomme ich unglaublich viel zurück. Zu sehen, wie sich die vielen Kinder, aber auch die zahlreichen Erwachsenen freuen, ist auf alle Fälle lohnenswert.
Nach Ihrer Wahl zum Nürnberger Christkind hat sich ein AfD-Kreisverband rassistisch über Sie geäußert. Wie sehr hat es Sie überrascht, dass so viel über Ihre Wurzeln und weniger über Ihr Amt gesprochen wurde? Munsi: Meine neue Aufgabe, das Christkind zu verkörpern, ist nach dieser Debatte total in den Hintergrund gerückt. Das fand ich sehr schade. Aber ich bin mir ganz sicher: Wäre ich nicht Christkind geworden, sondern eine andere, dann hätsich die Menschen eben über deren Nase, die Augenfarbe oder die Haare aufgeregt. Es gibt immer Menschen, die anderer Meinung sind, die sich über irgendetwas beschweren müssen. In meinem Fall ist die Debatte natürlich etwas größer geworden als nötig. Leider ist das eben so.
Möchten Sie Ihr Amt nutzen, um gerade solchen Menschen eine klare Botschaft zu senden?
Munsi: Ich würde mein Amt nicht als politisches Werkzeug einordnen. Für mich geht es eigentlich darum, den Leuten Freude in der Weihnachtszeit zu bringen. Die Menschen brauchen heute vor allem Hoffnung und jemanden, der ihnen zuhört und der für sie da ist. Es geht nicht darum, irgendeiner Partei zu sagen, dass ich nicht ihrer Meinung bin. Es geht um christliche Werte und ich glaube nicht, dass man die Aufgaben als Christkind politisch interpretieren muss.
Hat es Sie denn überrascht, dass Ihre indischen Wurzeln überhaupt zum Thema gemacht wurden?
Munsi: In meinem Leben wurde ich davor noch nie mit solchen Anfeindungen konfrontiert. Als ich vor der Wahl Stimmen gesammelt habe, bekam ich dann schon ein bisschen was von dieser Thematik mit. Allerdings sind die Menschen Face to Face viel zurückhaltender und sprechen das nicht offen an. Ich habe mich darauf eingestellt, dass so etwas kommen kann. Meine Mutter hatte im Vorfeld zu mir gesagt, dass ich damit rechnen muss.
Wie traurig macht Sie das?
Munsi: Das Einzige, was mich wirklich traurig macht, ist, dass es überhaupt solche Leute gibt, die diese Einstellung haben. Es trifft mich nicht, dass sie mich beleidigt haben. Damit kann ich umgehen. Viel schlimmer ist es doch, dass eine solche Grundhaltung existiert.
Sie gehen noch zur Schule, machen Abitur. Wie sehr hat sich Ihr Leben verändert, seitdem Sie derart in der medialen Öffentlichkeit stehen? Munsi: Klar, ich bin jetzt eine Person des öffentlichen Lebens und es ist mehr Trubel als sonst. Aber eigentten lich ändert es nicht viel, denn meine Familie und auch meine Schule stehen hinter mir und unterstützen mich. Außerdem helfen mir die Menschen, mit denen ich arbeite, dabei, meine Aufgaben gut zu meistern.
Was ist Ihr größter Weihnachtswunsch?
Munsi: Ruhe, ich wünsche mir wirklich vor allem Ruhe und Zeit mit meiner Familie. Ich glaube, dass das ohnehin das Wichtigste ist.
Interview: Nicolas Bettinger
Benigna Munsi ist das aktuelle Nürnberger Christkind und Repräsentantin der Stadt und des traditionsreichen Christkindlesmarkts, der am Freitag eröffnet wurde. Nach ihrer Wahl hatte der AfD-Kreisverband München-Land ein Bild von Munsi gepostet und dazu in Anspielung auf die Ureinwohner Amerikas geschrieben: „Nürnberg hat ein neues Christkind. Eines Tages wird es uns wie den Indianern gehen.“