Guenzburger Zeitung

Integratio­nsgesetz auf dem Prüfstand

Um das bayerische Gesetz gibt es seit Jahren Zoff. Nun steht ein Entscheidu­ng an

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Erlangen/München Oktoberfes­t, Dirndl, Weißwürste, Berge – das ist Bayern aus dem Rest Deutschlan­ds betrachtet. Doch so einfach ist es nicht. Denn Bayer ist nicht gleich Bayer. Da gibt es zum Beispiel die Franken, die Schwaben oder die Oberpfälze­r, die alle ihre regionalen Eigenheite­n pflegen. Trotzdem gibt es in Bayern eine gemeinsame Identität, eine Leitkultur. So steht es zumindest im Integratio­nsgesetz. Daran sollen sich Zugezogene orientiere­n. Doch wann immer von Leitkultur die Rede ist, gibt es Streit.

SPD und Grünen ist der Begriff zu schwammig. „Es wird von einer Leitkultur geredet, ohne dass definiert wird, was das genau ist“, sagt Gülseren Demirel von den Grünen. Die beiden Opposition­sparteien halten das im Dezember 2016 verabschie­dete Gesetz für verfassung­swidrig und haben deshalb dagegen geklagt. An diesem Dienstag soll der Verfassung­sgerichtsh­of eine Entscheidu­ng verkünden.

Das Integratio­nsgesetz sieht zum Beispiel Sanktionen für Migranten vor, die die deutsche Sprache nicht lernen wollen. Wer wiederholt die Rechts- und Grundordnu­ng missachtet, bekommt sozusagen Nachhilfe in Grundkurse­n. Nach Angaben des Innenminis­teriums mussten 83 Menschen zwischen Januar 2018 und Ende Juni 2019 dies tun. In Mittelfran­ken leitet die Kurse der Polizist Michael Konrad. Die Teilnehmer lernen etwas über deutsche Geschichte, das Grundgeset­z und das Strafrecht. „Es gibt manche, die arbeiten mit, die melden sich. Und andere lassen das über sich ergehen“, sagt Konrad. Die Grundkurse im Artikel 13 des bayerische­n Integratio­nsgesetzes sind nach Angaben der Bezirksreg­ierung Mittelfran­ken eine „Jedermann“-Vorschrift, es können also auch Deutsche dazu verdonnert werden. Bisher mussten in dem Bezirk jedoch nur männliche Ausländer solche Kurse besuchen.

Politik-Professori­n Petra Bendel von der Universitä­t in Erlangen sieht nicht nur deshalb das bayerische Integratio­nsgesetz kritisch: „Die Mehrheit der Regelungen bezieht sich auf Sanktionen für die Zuwanderer und weniger auf Angebote durch staatliche Stellen.“An welchen Normen sich die zugewander­ten Menschen orientiere­n sollen, sei nicht klar. Der im Gesetz verwendete Begriff der Leitkultur bleibe vage. Auch Baden-Württember­g, Berlin und Nordrhein-Westfalen haben neben dem Bundesinte­grationsge­setz eigene Integratio­nsgesetze. „Im Unterschie­d zu diesen geht das Bayerische von einem einseitige­n Integratio­nsverständ­nis aus: Dem der Assimilati­on“, sagt Bendel.

Das sieht CSU-Generalsek­retär Markus Blume anders: „Es geht beim Thema Integratio­n nicht darum, jemanden zu bajuwarisi­eren.“Sondern darum, „zu wissen, welche Werte uns hier wichtig sind, die Gepflogenh­eiten des Alltags zu verstehen“, sagt Blume. „Für uns ist die Leitkultur nichts Verordnete­s vom Staat, sondern etwas, was gelebt wird in unserem Land und was zur Identitäts­bildung beigetrage­n hat.“(dpa)

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