Guenzburger Zeitung

Dreßens Glücksmome­nt

Mit einem Sieg im ersten Rennen nach einem Jahr Verletzung­spause hat der 26-Jährige ein Kapitel deutscher Skigeschic­hte geschriebe­n. Verband und Ski-Weltwelt sind verblüfft

- Gotteszell – TSV Obergünzbu­rg SV SW München – TSV Zirndorf ballarinas Bamberg – TSV TB München SV Hahnbach – TSV Sonthofen II FTSV Straubing II – TSV Obergünzbu­rg SV Lohhof II – Gotteszell 3:2 3:1 3:2 3:0 0:3 1:3

REGIONALLI­GA SÜD-OST, FRAUEN

Lake Louise Als wäre er nie weg gewesen, stand Thomas Dreßen nach seinem Sensations-Comeback ganz oben auf dem Podium und zeigte unter einem weißen Cowboy-Hut sein breitestes Siegerlach­en. Dabei konnte er das, was da in Kanada gerade passiert war und die ganze SkiWelt verblüffte, selbst nicht fassen. „Wahnsinn“, stammelte der Abfahrer nach seinem unglaublic­hen Sieg von Lake Louise nach einem Jahr Verletzung­spause wegen eines Sturzes samt Totalschad­en im Knie. Dreßen war überwältig­t, dieses Winterspor­t-Märchen kam in der ersten Euphorie gar an seinen Coup auf der Streif 2018 heran. „Kitzbühel ist einzigarti­g“, meinte er zwar am ARD-Mikrofon. „Aber ich würde trotzdem sagen, dass dieser Sieg eigentlich fast der schönste ist.“

Schon nach dem Zieleinlau­f hatte er gejubelt wie damals in Kitzbühel, mit beiden Fäusten in der Luft und laut schreiend. Danach hieß es, diese unfassbare­n gut 24 Monate seines Lebens zu verarbeite­n, die den deutschen Alpinchef Wolfgang Maier zu großen Worten verführten. „Man muss ihn als den herausrage­nden Abfahrer der Historie bezeichnen. Obwohl er noch so jung ist“, sagte Maier über den 26-Jährigen. „Der Thomas ist in der Abfahrt sicher das Beste, was wir in Deutschlan­d bislang zu bieten hatten.“Denn auf den Tag genau ein Jahr nach seinem folgenschw­eren Unfall in Beaver Creek gewann Dreßen am Samstag nicht nur das Rennen in Lake Louise, sondern machte sich auch zum besten deutschen Abfahrer der Weltcup-Geschichte.

Drei Siege in der Königsdisz­iplin dieses Sports, das hatte weder Doppel-Olympiasie­ger Markus Wasmeier geschafft noch der zweimalige Kitzbühel-Sieger Josef Ferstl senior. „Der Dreßen bringt noch einen Ticken mehr mit“, sagte Maier über den Sportler aus Mittenwald. „Er hat wirklich noch eine große Zukunft vor sich.“

Auch der geschlagen­en Konkurrenz nötigte das Comeback großen Respekt ab. „Super. Da muss man schon einen Hut ziehen. Kommt nach einem Jahr zurück und gewinnt das Rennen. Gewaltig“, sagte Super-G-Weltmeiste­r Dominik Paris aus dem italienisc­hen Team. Er war um 0,02 Sekunden von Dreßen geschlagen worden.

„Ich freue mich wahnsinnig. So ein Comeback hinzulegen, das ist definitiv gewaltig“, sagte Felix Neureuther am Sonntag. Der einstige deutsche Erfolgsgar­ant lobte seinen ehemaligen Teamkolleg­en für eine „überragend­e Leistung“und erkannte den Stellenwer­t des Sieges für das ganze Team. „Jetzt kann der Winter definitiv starten.“

Dass Dreßen für die Besten seines Fachs eine ernst zu nehmende Gefahr ist, hatte er zum ersten Mal vor ziemlich genau zwei Jahren bewiesen. Da holte er auf der RaubvogelP­iste in Beaver Creek, die nicht wenige für mindestens so schwer halten wie die Streif in Kitzbühel, den dritten Platz und sein erstes Podest. Es folgten: der Sieg auf der legendären Hahnenkamm-Abfahrt im Januar 2018 und sein zweiter Weltcup-Sieg in Kvitfjell im März 2018.

Dann aber passierte der folgenschw­ere Sturz im November 2018, ausgerechn­et bei der Rückkehr nach Beaver Creek rauschte er mit hoher Geschwindi­gkeit ins Fangnetz. Neben dem gerissenen, vorderen Kreuzband im rechten Knie waren auch der Innenmenis­kus, Außenmenis­kus, das Innenband und der Knorpel lädiert. Das Knie war, „ich sage es, wie es ist, im Arsch“, erzählte Dreßen jüngst.

Seither bestritt er kein WeltcupRen­nen mehr – bis zur Sensation von Lake Louise. „Das ist einfach nur verrückt“, meinte er. „Wenn du die ganze Saison draußen bist und dann kommst du zurück und gewinnst ein Rennen – das ist eigentlich völlig aus der Norm raus. Das schaffen die wenigsten. Das schafft vielleicht einer von 100“, sagte Maier über das Comeback, das in dieser Form selbst der Optimist Dreßen nicht erwartet hatte: „Wenn mir jemand gesagt hätte, ich fahre unter die Top 10 oder Top 15, wäre es schon großartig gewesen.“

Einen Tag nach seinem Comeback-Sieg war Dreßen auch im Super-G der beste Fahrer des Deutschen Skiverband­s. Mit 1,10 Sekunden Rückstand auf Olympiasie­ger Matthias Mayer aus Österreich kam Dreßen in Lake Louise auf den zehnten Platz. „Da kann man jetzt gut drauf aufbauen“, so Dreßen vor der Weiterreis­e nach Beaver Creek, wo er sich vor einem Jahr so schwer am Knie verletzt hatte.

Auch Felix Neureuther zeigt sich beeindruck­t

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Foto: Jeff Mcintosh, dpa Thomas Dreßen reißt die Arme in die Höhe: Bereits nach der Zieleinfah­rt am Samstag ahnte der 26-Jährige, dass ihm ein starker Lauf geglückt war.

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