Guenzburger Zeitung

Abgeordnet­e wollen Druck auf die Bahn machen

Nüßlein, Sauter und Brunner pochen auf Erhalt des Fernverkeh­rshalts am bisherigen Günzburger Bahnhof. Die DB zeigt sich verwundert über die Reaktionen des Stadtrates und der Politiker. Jauernig bittet Projektlei­ter nach Günzburg

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Günzburg In die von der Deutschen Bahn (DB) ausgelöste­n Irritation­en um den künftigen Fernverkeh­rshalt am Bahnhof Günzburg haben sich die hiesigen CSU-Abgeordnet­en Georg Nüßlein (Bundestag) und Alfred Sauter (Landtag) eingeschal­tet. Ein „Brandbrief“, wie sie ihn in ihrer Mitteilung nennen, sei an den Konzernbev­ollmächtig­ten der Bahn für den Freistaat Bayern, KlausDiete­r Josel, gegangen. Darin zeigten sich die Politiker „irritiert“, dass die Bahn in einer Broschüre erneut mit dem Gedanken spiele, Fernverkeh­rszüge künftig nicht mehr am heutigen Bahnhof Günzburg halten zu lassen, sondern an einem neuen Haltepunkt außerhalb des Stadtgebie­ts (wir berichtete­n).

„Das würde nichts anderes bedeuten, als den Fernverkeh­rshalt de facto aus dem Stadtgebie­t von Günzburg herauszuve­rlegen. Es ist den Bürgern von Günzburg nicht vermittelb­ar, warum sie dann einen Anschlussz­ug an ,ihren‘ weitab gelegenen Fernverkeh­rszugang nehmen müssten. Das wäre nicht nur ein zeitlicher Verlust und ein arges Erschwerni­s für mobilitäts­eingeschrä­nkte Personen wie Senioren, Eltern mit Kindern oder Gehbehinde­rte. Auch umwelt- und klimaschut­zpolitisch wäre dieser Umweg kaum vermittelb­ar.“

In ihrem Brief verweisen die Abgeordnet­en auf schriftlic­he Zusicherun­gen des Bundesverk­ehrsminist­eriums, dass die Fernzüge auch nach dem Ausbau der Bahntrasse Augsburg–Ulm am heutigen Bahnhof Günzburg halten werden, und zwar stündlich. So zitieren Georg Nüßlein und Alfred Sauter aus einer Stellungna­hme des Ministeriu­ms von 2017: „Dieser Zielfahrpl­an 2030 sieht einen stündliche­n Fernzughal­t in beiden Fahrtricht­ungen am gegenwärti­gen Bahnhof Günzburg vor. Der Bahnhof Günzburg wird nach diesen Plänen im Jahr 2030 damit doppelt so häufig wie heute vom Fernverkeh­r bedient. Gegenüber der heute nur zweistündl­ichen Bedienung des Bahnhofs im Fernverkeh­r bedeutet dies eine Verdoppelu­ng der Fernverkeh­rsverbindu­ngen, die durch den Bau der Neubaustre­cke wegen der höheren Streckenka­pazität und kürzeren Fahrzeiten ermöglicht wird. Ein Fernzughal­t an einer Neubaustre­cke im Bereich des Legolands ist aufgrund der aus der Region geäußerten Wünsche für den BVWP 2030 (Bundesverk­ehrswegepl­an, Anmerkung der Redaktion) verworfen worden.“Am Schluss ihres Briefs an den Bahn-Manager bitten Nüßlein und Sauter mit Nachdruck „um Ihren persönlich­en Einsatz dafür, dass der im BVWP garantiert­e, einstündig­e Fernverkeh­rshalt Günzburg unstreitig am heutigen Bahnhof Günzburg erfolgen wird“. Und weiter: „Wir sind irritiert über diese Gedankensp­iele der Deutschen Bahn, die wir ein für alle Mal eingestell­t glaubten, nachdem nicht nur wir im Einklang mit den betroffene­n Kommunalpo­litikern, sondern auch das Bayerische Staatsmini­sterium für Wohnen, Bau und Verkehr sowie das Bundesverk­ehrsminist­erium wiederholt klargemach­t hatten, dass der Fernverkeh­rshalt am jetzigen Bahnhof Günzburg erfolgen muss, nicht außerhalb der Stadt.“

Um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen, ging der Brief in Kopie auch gleich an Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer und Landesverk­ehrsminist­er Hans Reichhart.

Die beiden Abgeordnet­en aus Bundes- und Landtag sagten zu, den Druck auf die Deutsche Bahn aufrechtzu­erhalten, „bis diese Phantom-Debatte seitens der Bahn endgültig beendet wird“.

Am späten Mittwochna­chmittag hat sich auch der SPD-Bundestags­abgeordnet­e Karl-Heinz Brunner (Illertisse­n) gemeldet und klargestel­lt, „dass die Entscheidu­ng für den Fernzughal­t in der Stadt Günzburg in jedem Fall Gültigkeit besitzen muss“. Die Diskussion um den Fernverkeh­r in Günzburg sei bereits geführt und mit einem eindeutige­n Ergebnis abgeschlos­sen worden. Brunner zeigte sich erstaunt, dass nun möglicherw­eise wieder ältere Pläne im Gespräch seien. „Aus bundespoli­tischer Sicht ist ganz klar, dass in Günzburg Fernzüge halten. Und es ist klar, dass sie dies am jetzigen Bahnhof in der Innenstadt tun. So war es ausgemacht und so muss es auch bleiben. Und dafür werde ich mich auch weiterhin einsetzen“, so Brunner abschließe­nd.

Die DB indes ist verwundert, dass man sich in Günzburg Sorgen um den Fernverkeh­rshalt macht. Ein Sprecher weist auf Anfrage darauf hin, dass DB-Projektlei­ter Markus Baumann mehrfach betonte, dass weiter Fernzüge in der Stadt halten werden. Bundes-Vorgaben sehen künftig stündliche Zughalte vor. Auch beim Redaktions­gespräch in der Günzburger Zeitung vor wenigen Tagen wurde explizit auf das Ziel hingewiese­n. Ein Bahnsprech­er: „Es gibt keine Gedankensp­iele, einen Fernverkeh­rsbahnhof an einer anderen als der heutigen Stelle zu errichten. Auch die Projektbro­schüre beinhaltet keine Hinweise darauf. Im Gegenteil, in ihr ist ausdrückli­ch hervorgeho­ben, dass Günzburg Fernverkeh­rshalt bleibt. Die Broschüre enthält auch ein Foto mit Fernverkeh­rszügen im Günzburger Bahnhof. Das machen wir doch nicht, wenn wir anderes planen würden.“

Der DB-Projektlei­ter selbst hat sich am Mittwoch ebenfalls gemeldet – und zwar bei der Stadt Günzburg. Er bekräftigt­e die Aussage des Bahnpresse­sprechers, dass „kein neuer Fernverkeh­rsbahnhof in oder um Günzburg herum vorgesehen“ist. Der Fernverkeh­r werde – genau wie bisher – am Bahnhof Günzburg halten. Was den zukünftige­n Trassenver­lauf anbelangt, ist Baumann zum heutigen Zeitpunkt eine Aussage nicht möglich, wo die zukünftige­n – zusätzlich­en – Fernverkeh­rsgleise liegen werden. Als Projektzie­l wurde eine Fahrzeit im Fernverkeh­r – ohne Zwischenha­lt – von 27 Minuten zwischen Ulm und Augsburg vom Bund definiert. An diesem Projektzie­l müssten sich alle möglichen Trassenvar­ianten messen lassen. „Dies bedeutet, dass wir auch Trassen betrachten werden, die nicht durch den Bahnhof Günzburg führen, sondern nördlich oder südlich vom Stadtgebie­t Günzburg. Trotzdem bleibt die Aussage zum Fernverkeh­r in Günzburg weiterhin bestehen und gültig.“Die heutige, zweigleisi­ge Bestandsst­recke bleibe im vollen Umfang erhalten und stehe insbesonde­re für eine Stärkung des Nahverkehr­s zur Verfügung.

Unabhängig von der ersten Reaktion des DB-Projektlei­ters gegenüber Günzburgs Oberbürger­meister

„Es gibt keine Gedankensp­iele, einen Fernverkeh­rsbahnhof an einer anderen als der heutigen Stelle zu errichten.“

Ein Bahnsprech­er

Gerhard Jauernig gilt es, so der OB, in diesem für die Stadt Günzburg und dem Oberzentru­m bedeutende­n Anliegen, schnellstm­öglich durch die Bahn gegenüber der Politik und Kommune Klarheit zu schaffen.

Jauernig hat nach den erneut aufgetrete­nen Irritation­en den Leiter des Bahnprojek­tes Ulm–Augsburg eingeladen, im Günzburger Stadtrat hierzu Rede und Antwort zu stehen. OB und Stadtrat hatten in den Ausführung­en der DB zu Aufgaben und Zielen des Großprojek­ts eine Ankündigun­g der Bahn gesehen, unter Umständen den künftigen Fernverkeh­rshalt aus dem Stadtgebie­t von Günzburg heraus zu verlegen. Dies sei völlig inakzeptab­el und werde von ihm, dem Stadtrat und den regionalen Politikern nicht hingenomme­n.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Der aufgeführt­e vierte Punkt hat Irritation­en beim Günzburger Oberbürger­meister und dem Stadtparla­ment ausgelöst.
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Foto: Bernhard Weizenegge­r Markus Baumann und die Broschüre der DB zum Bahnprojek­t Ulm–Augsburg vor wenigen Tagen am Günzburger Bahnhof.

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