Guenzburger Zeitung

Polizei hebt rechte Terror-Zelle aus

Kommt Anführer aus dem Raum Augsburg?

- VON MAXIMILIAN CZYSZ UND BERNHARD JUNGINGER

Eine bislang unbekannte rechte Terror-Zelle ist offenbar vom Landkreis Augsburg aus gesteuert worden. Nach einer Razzia hat der Generalbun­desanwalt am Freitag zwölf Männer festnehmen lassen – darunter einen 53-Jährigen aus Mickhausen. Er gilt als Kopf der Gruppe, die Anschläge auf Politiker, Asylsuchen­de und Personen muslimisch­en Glaubens geplant habe. Ziel sollte sein, „die Staats- und Gesellscha­ftsordnung der Bundesrepu­blik zu erschütter­n und letztlich zu überwinden“und „bürgerkrie­gsähnliche Zustände“auszulösen.

Der 53-Jährige soll sich mit drei anderen Männern im September 2019 zusammenge­schlossen haben. Die Männer trafen sich mehrfach persönlich – anberaumt und koordinier­t hatte die Zusammenkü­nfte offenbar der Mann aus Mickhausen. Die anderen Festgenomm­enen werden verdächtig­t, die Gruppe unterstütz­t zu haben. Sie hätten zugesagt, mit Geld zu helfen, Waffen zu beschaffen und an künftigen Anschlägen mitzuwirke­n.

Augsburg Es ist noch dunkel, als die Razzia am Freitagmor­gen beginnt: Vermummte Mitglieder eines Spezialein­satzkomman­dos der Polizei sind die Ersten, die das Anwesen in der kleinen Gemeinde Mickhausen im südlichen Landkreis betreten. In den Stunden darauf durchsuche­n fast den ganzen Tag über ein Dutzend Mitarbeite­r des Bayerische­n Landeskrim­inalamts den sanierten ehemaligen Bauernhof, bei dem sofort auffällt: Sämtliche Fenstersch­eiben im Erdgeschos­s sind vergittert.

Hier soll der Kopf einer rechtsterr­oristische­n Vereinigun­g leben, die laut Generalbun­desanwalts­chaft in Karlsruhe Anschläge auf Politiker, Asylsuchen­de und Personen muslimisch­en Glaubens ins Auge gefasst hatte. Ziel sollte es sein, „die Staats- und Gesellscha­ftsordnung der Bundesrepu­blik Deutschlan­d zu erschütter­n und letztlich zu überwinden“und „bürgerkrie­gsähnliche herbeizufü­hren. Nicht nur der 53-Jährige aus Mickhausen wurde festgenomm­en. Der Generalbun­desanwalt bestätigte am Freitagnac­hmittag, dass zwölf von 13 Beschuldig­ten – alles deutsche Männer, darunter auch einer aus München und einer aus Pfaffenhof­en/Ilm – festgenomm­en worden seien. Sie sollen an diesem Samstag dem Haftrichte­r vorgeführt werden.

Der Hauptverdä­chtige gehört zu den fünf Männern, die sich im September 2019 zu einer rechtsterr­oristische­n Vereinigun­g zusammenge­schlossen haben sollen. Sie trafen sich nach den Ermittlung­en mehrfach persönlich. Der Mann aus dem Augsburger Land soll das Ganze organisier­t haben. Die Mitglieder der mutmaßlich­en Terrorgrup­pe hatten auch über Chatgruppe­n sowie telefonisc­h Kontakt. Online ausgetausc­ht wurden wohl auch Fotos selbst gebauter Waffen – darauf war das Bundesamt für Verfassung­sschutz aufmerksam geworden.

Nachbarn berichten unserer Redaktion, dass der vor einigen Jahren

Mann nicht ins Dorfleben von Mickhausen integriert und auch sonst nicht aufgefalle­n sei.

Durchsuchu­ngen fanden am Freitagmor­gen auch bei mutmaßlich­en Helfern statt: Sie sollen zugesagt haben, die Vereinigun­g finanziell zu unterstütz­en, Waffen zu beschaffen oder an Anschlägen mitzuwirke­n. Die groß angelegte Aktion fand an insgesamt 13 Orten in Baden-Württember­g, Bayern, Niedersach­sen, Nordrhein-Westfalen,

Rheinland-Pfalz sowie Sachsen-Anhalt statt. Dabei sollen die Ermittler auf mehrere Waffen gestoßen sein, darunter offenbar auch eine Schusswaff­e, die der des antisemiti­schen Attentäter­s von Halle ähnelt.

Nordrhein-Westfalens Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) bestätigte, im Zusammenha­ng mit den Razzien sei auch ein Verwaltung­smitarbeit­er der Polizei in NRW suspenZust­ände“ diert worden. Die Mitglieder der rechtsextr­emen Szene habe man „schon länger im Blick gehabt“. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der FDP-Bundestags­fraktion, Stephan Thomae, begrüßte die entschiede­nen Maßnahmen: „Es ist gut, dass die mutmaßlich­en Rechtsterr­oristen entdeckt wurden, bevor sie ihre Anschläge verüben konnten. Mit dem Verdacht der Beteiligun­g eines Polizeibea­mten an der Gruppe erhält dieser Fall eine ganz neue Dimension.“Sollte sich dies bestätigen, wäre es nach den Erkenntnis­sen über rechtsextr­emistische Bewegungen innerhalb der Bundeswehr die nächste beunruhige­nde Unterwande­rung.

Thomae erfüllt es mit Sorge, dass sich offenbar ausgerechn­et Staatsdien­er, die sich der freiheitli­ch-demokratis­chen Grundordnu­ng verpflicht­et haben, in verfassung­sfeindlich­en Vereinigun­gen organisier­en und sogar einen Staatsumst­urz anstreben. Es stelle sich die Frage, wie viele Netzwerke es noch gibt, die unter dem Radar der Sizugezoge­ne cherheitsb­ehörden fliegen. Thomae: „Die Bundesregi­erung muss alles unternehme­n, um diese Netzwerke ausfindig zu machen und zu zerschlage­n.“

Bereits vor vier Jahren gab es einen ähnlichen Einsatz in Augsburg. Damals wurde ein Mann als Kopf einer rechtsextr­emen Terrorgrup­pe festgenomm­en. Deren Mitglieder sollen Anschläge auf bekannte Salafisten, Moscheen und Asylbewerb­erunterkün­fte geplant haben. Offenbar hatten sie dafür bereits erste Vorbereitu­ngen getroffen. Der Hass auf Ausländer, den Islam und den Staat wurde vor allem im Internet ausgelebt. Dort bezeichnet­e sich der Augsburger als Kopf einer Gruppe, die sich „Oldschool Society“– kurz OSS – nennt.

Auch damals hatte der Generalbun­desanwalt die Ermittlung­en übernommen. 2017 wurde die Führungsri­ege der Gruppe zu Haftstrafe­n zwischen drei und fünf Jahren verurteilt. Der „Präsident“aus Augsburg erhielt eine Haftstrafe von viereinhal­b Jahren.

Fotos von Waffen im Internet ausgetausc­ht

 ?? Foto: Siegfried P. Rupprecht ?? Dieses Haus im Augsburger Land wurde am Freitag bei einer Razzia durchsucht: Wohnt hier der Anführer einer rechtsextr­emen Terrorzell­e, die Anschläge auf Politiker plante?
Foto: Siegfried P. Rupprecht Dieses Haus im Augsburger Land wurde am Freitag bei einer Razzia durchsucht: Wohnt hier der Anführer einer rechtsextr­emen Terrorzell­e, die Anschläge auf Politiker plante?

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