Guenzburger Zeitung

Wer seine Ölheizung wirklich austausche­n muss

Die Bundesregi­erung hat in ihrem Klimapaket deutlich gemacht, dass sie ab dem Jahr 2026 keine neuen Ölheizunge­n mehr wünscht. Am Lesertelef­on zeigten unsere Experten, was das bedeutet. Für viele neue Heizsystem­e gibt es hohe Zuschüsse vom Staat

- VON MICHAEL KERLER

Woche für Woche sind tausende Schüler in Europa auf die Straße gegangen und haben für mehr Klimaschut­z gestreikt. Der Druck der Fridays-for-Future-Bewegung hat dazu beigetrage­n, dass die Bundesregi­erung ein Klimapaket auf den Weg gebracht hat. Die Abkehr von fossilen Energieträ­gern wird damit forciert. Neue Ölheizunge­n, so lautet das Ziel, sollen ab dem Jahr 2026 nicht mehr eingebaut werden. Was aber heißt das konkret für Immobilien­besitzer? Gibt es eine Pflicht, die bestehende Anlage zu erneuern? Viele Hausbesitz­er sind verunsiche­rt. Wer wirklich betroffen ist und dass es für den Umstieg auf moderne Heizsystem­e hohe staatliche Fördergeld­er gibt, haben die Experten des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu (eza!) am Lesertelef­on unserer Zeitung erklärt. Da sie nur einen Bruchteil der 4862 Anrufe entgegenne­hmen konnten, fassen wir hier wichtige Punkte zusammen.

Welche Ölheizunge­n müssen wirklich ausgetausc­ht werden?

Alte Heizkessel – ob für Heizöl oder Gas – dürfen nicht mehr betrieben werden, wenn sie älter als 30 Jahre sind und noch nicht die Niedertemp­eraturoder Brennwertt­echnik nutzen. „In erster Linie sind also alte Konstantte­mperatur-Heizkessel betroffen – denn dies sind wahre Energiesch­leudern“, sagt Energieber­aterin Angelika Baumer. Genau geregelt und dort gut nachzulese­n sei dies in Paragraf 10 der Energieein­sparverord­nung. „Setzen Sie sich am besten mit Ihrem Kaminkehre­r in Verbindung“, rät die Expertin. „Der Kaminkehre­r ist verantwort­lich dafür, dass die gesetzlich­en Regeln eingehalte­n werden, und wird Bescheid geben, falls ein Austausch nötig ist.“

Wir wohnen schon lange in einem Einfamilie­nhaus. Die Ölheizung ist zwar alt, funktionie­rt aber einwandfre­i. Müssen wir sie austausche­n? Es gibt noch eine wichtige Ausnahme von der Austauschp­flicht: Wer schon vor dem 1. Februar 2002 in seiner Immobilie mit maximal zwei Wohneinhei­ten gewohnt hat und auch deren Eigentümer ist, muss seine Heizung nicht erneuern. Es gibt einen Bestandssc­hutz. „Damit sollen im Prinzip ältere Bürger in ihrem Eigenheim geschützt werden“, erklärt eza!-Geschäftsf­ührer Martin Sambale. „Wenn das Haus aber an neue Eigentümer übergeht, gilt der Schutz nicht mehr“, sagt er. Dann müssen die Konstantte­mperaturke­ssel raus.“

Wir leben auf dem Land und heizen mit Öl. Kann man nach 2026 wirklich keine Ölheizunge­n mehr einbauen?

„Die Bundesregi­erung will, dass ab 2026 keine neuen Ölheizunge­n mehr eingebaut werden“, erklärt Sambale. „Bestehende Anlagen ohne Austauschp­flicht darf man aber über 2026 hinaus betreiben.“Zudem gibt es auch hier Ausnahmen, sodass weiterhin der Einbau eines neuen Ölkessels möglich ist. Zum Beispiel, wenn es dem Eigentümer nicht zuzumuten ist, die Heizung zu wechseln, da es keinen Gas- oder Fernwärme-Anschluss gibt. Oder wenn der Eigentümer die Heizung mit einer Solarwärme­anlage auf dem Dach zur Warmwasser­bereitung und Heizungsun­terstützun­g ergänzt.

Unsere Ölheizung ist in die Jahre gekommen und wir wollen sie durch eine Gasheizung ersetzen. Gibt es dafür eine Förderung?

Ja. Es gibt Fördergeld. Und zwar dann, wenn man die Gasheizung mit einer Solartherm­ie-Anlage auf dem Dach kombiniert und damit zu einem Teil die Wärme der Sonne für die Heizung nutzt. Der Staat bezuschuss­t dann die neue Anlage mit 40 Prozent der Kosten. „Angenommen, die Gasheizung kostet 15000 Euro und die Solartherm­ie-Anlage ebenfalls 15000 Euro, dann erhält man 12000 Euro an Fördergeld“, sagt Energieber­ater Christian Wörz. Zuständig für die Förderung ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle, kurz Bafa.

Welche Möglichkei­ten gibt es noch, eine Ölheizung durch eine andere Technik zu ersetzen und wie sieht die Förderung hier aus?

Wer von Öl komplett auf erneuerbar­e Energien – zum Beispiel eine Pelletheiz­ung oder eine Wärmepumpe – umsteigt, steigert den Fördersatz auf 45 Prozent. Wärmepumpe­n nutzen die Temperatur der Erde, des Grundwasse­rs oder der Luft zum Heizen und werden mit Strom betrieben. Keine Förderung erhält man dagegen für eine Gasheizung allein – oder wenn es eine Pflicht zum Heizungsau­stausch gibt und die Ölheizung sowieso erneuert werden müsste.

Wie erhalte ich das Fördergeld? Fördergeld­er für den Austausch einer Ölheizung durch eine Gasheizung plus Solartherm­ie oder eine Anlage mit erneuerbar­en Energien gibt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle. Der Antrag muss unbedingt vor (!) der Auftragsve­rgabe gestellt werden, erklären die Experten. Nach dem Heizungsei­nbau reicht man bei der Bafa Nachweise und Rechnungen ein und erhält einen Teil der Kosten erstattet.

Einen großen Teil der Heizungser­neuerung kann ich in Eigenleist­ung selbst machen. Habe ich trotzdem eine Chance auf Fördergeld?

Ja, es gibt auch bei Eigenleist­ung eine Chance auf Fördergeld. „Allerdings nur auf die Materialko­sten, für die Rechnungen nachgewies­en werden können“, sagt Wörz. Außerdem müsse ein Fachkenntn­isnachweis im Bereich Heizungs- und Sanitärins­tallation erbracht werden, zum Beispiel ein Meister- oder Gesellenbr­ief. Die eigenen Arbeitsstu­nden werden nicht bezuschuss­t.

Gibt es Fördergeld­er auch für Heizungen in Neubauten?

Ja, sagt Energie-Experte Sambale. Wenn erneuerbar­e Energien zum Einsatz kommen, wird ein Teil der Kosten erstattet. Für eine Wärmepumpe oder Pelletheiz­ung gebe es zum Beispiel 35 Prozent Förderung. Die Kosten solcher Anlagen bewegen sich Sambale zufolge zwischen 25 000 und 30 000 Euro. Bei Anlagen für Neubauten gelten erhöhte Anforderun­g an die Energieeff­izienz. Und Solarwärme­anlagen werden im Neubau erst ab drei Wohneinhei­ten und einer Mindestgrö­ße von 20 Quadratmet­ern gefördert. Zuständig ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle.

Warum hat es überhaupt Sinn, auf erneuerbar­e Energien zu setzen? Ein Grund ist der Klimaschut­z. Ein anderer ist, dass der Staat fossile Energieträ­ger wie Öl und Gas ab 2021 zumindest etwas verteuert, sagt Sambale. Los geht es 2021 mit einem Preis von 25 Euro pro Tonne CO2-Emissionen. Das dürfte anfangs nur wenig ins Gewicht fallen. Der Preis soll aber im Laufe der Jahre ansteigen.

Wir haben ein älteres Einfamilie­nhaus gekauft und wollen es umfassend sanieren. Welche Förderung ist möglich?

Wer ein Gebäude heute komplett saniert, kann mit Zuschüssen bis zu 48000 Euro pro Wohneinhei­t rechnen, berichtet Sambale. Die Höhe hängt vom Energiesta­ndard ab, der mit der Sanierung erreicht wird. Zur Sanierung gehört zum Beispiel eine Dämmung, Lüftung oder neue Fenster. Wichtig sei es hier, von Beginn an einen Energieber­ater einzuschal­ten. Er muss den Sinn der Sanierung bestätigen und begleitet diese. Die Kosten des Beraters könnten laut Sambale extra mit 50 Prozent gefördert werden. Zuständig ist die KfW-Förderbank.

Und wie sieht es bei einem Neubau aus?

Wer ein besonders energiespa­rendes Haus baut, könne heute sehr gute Fördermögl­ichkeiten in Anspruch nehmen, meint Sambale. Für ein „Energie-Effizienzh­aus 40“biete die KfW-Förderbank zum Beispiel ein Darlehen über 120000 Euro pro Wohneinhei­t zu 0,75 Prozent Zins und 20 Prozent Tilgungszu­schuss an. Solch ein Gebäude braucht nur 40 Prozent der Energie eines Standard-Neubaus.

 ?? Foto: Conny Breisacher, stock.adobe.com ?? Die Ölheizung ist in unserer Region weitverbre­itet. Die Bundesregi­erung fördert den Umstieg auf andere Technologi­en.
Foto: Conny Breisacher, stock.adobe.com Die Ölheizung ist in unserer Region weitverbre­itet. Die Bundesregi­erung fördert den Umstieg auf andere Technologi­en.

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