Hitler-Hotel steht zum Verkauf
Im Anwesen „Zum Türken“auf dem Obersalzberg logierten früher Gestapo und SS. Nun wird es für 3,65 Millionen Euro angeboten. Der Freistaat zeigt großes Interesse. Doch er hat schlechte Karten
Berchtesgaden Am Obersalzberg in Berchtesgaden, wo Adolf Hitler einst im „Berghof“residierte, steht eine spektakuläre Immobilie zum Verkauf: Die Firma „Sotheby’s International Realty“als Makler für Spitzenimmobilien (sie kooperiert mit dem berühmten Auktionshaus Sotheby’s) bietet für 3,65 Millionen Euro das Hotel „Zum Türken“an. Es lag direkt neben dem „Berghof“, der 1952 gesprengt wurde. Mit Blick auf Alpengipfel hatte Hitler dort nicht nur Gäste empfangen, sondern an seinem zweiten Regierungssitz neben Berlin auch Entscheidungen über Leben und Tod getroffen. Damals war im Hotel „Zum Türken“der für Hitlers Personenschutz zuständige Reichssicherheitsdienst untergebracht, zeitweise auch Angehörige von SS und der Gestapo.
Der fachliche Leiter des benachbarten NS-Dokumentationszentrums am Institut für Zeitgeschichte, Sven Keller, sieht allein durch den Ort eine „gewisse historische Belastung“. „Was für uns wichtig ist: dass es sich nicht zu einem Anziehungspunkt für Ewiggestrige entwickelt.“Dies würde der Arbeit des Dokumentationszentrums entgegenlaufen. Dort informieren sich jährlich bis zu 170000 Besucher über die NS-Gewaltherrschaft und ihre Folgen. „Wir haben die Hoffnung, dass das Gebäude in verantwortungsvolle Hände kommt“, sagt Keller. „Wenn die öffentliche Hand es erwerben könnte, würden wir das begrüßen.“Ähnlich äußerte sich der Direktor der Stiftung Bayerische
Gedenkstätten, Karl Freller. „Ich sehe das Risiko, dass es in falsche Hände gerät. Deshalb halte ich es für geboten, dass der Freistaat sich das Anwesen sichert“, sagt Freller. „Es darf keine Wallfahrtsstätte auf dem Obersalzberg entstehen.“
Der Freistaat befindet sich in intensivem Kontakt mit der Gemeinde und dem Landkreis, teilte das zuständige Finanzministerium mit. „Ein Verkauf der historisch belasteten Liegenschaft sollte nur an verantwortliche Hände erfolgen“, heißt es auch dort. „Überlegungen für einen Ankauf durch Gemeinde oder Freistaat wurden schon nach dem Bekanntwerden erster Verkaufsabsichten 2013 angestellt. Die Eigentümerin war und ist bislang aber nicht bereit, an die öffentliche Hand zu veräußern.“Diese habe übrigens auch kein Vorkaufsrecht.
Der Besitzer hatte das Hotel 1933 zwangsweise an die Nazis abgeben müssen. Nach dem Krieg bekam die Familie es zurück, musste aber 69 000 Mark dafür zahlen. Es ist eines von wenigen Häusern am Obersalzberg in Privatbesitz. Den Namen „Zum Türken“trug es dem Vernehmen nach von Anfang an – seinerzeit hatte man ein Faible für Exotisches. Anziehung für Interessenten rechter Gesinnung könnte nicht nur die Lage neben Hitlers „Berghof“ausüben. Vom Hotel aus gibt es zudem einen Zugang zu Bunkeranlagen und Haftzellen. „Dadurch bekommt das Gebäude eine besondere Faszination“, sagte Keller. Der Bunker durchzieht den Obersalzberg und ist auch vom Dokuzentrum
aus zugänglich – dort allerdings kommentiert mit den geschichtlichen Hintergründen.
Bei Sotheby’s ist über die NSHistorie und den Bunker nichts zu lesen. Das denkmalgeschützte, 1911 erbaute Gebäude auf 6728 Quadratmetern Grund befinde sich auf einem „außergewöhnlich schönen Grundstück in traumhafter und ruhiger Lage am Obersalzberg“. Direkten Bezug zur Nazizeit, die den
Obersalzberg am nachhaltigsten prägte, nimmt das Angebot nicht. „Die Kunden, die interessiert sind und recherchieren, wissen um die Lage des Objekts“, sagt der Geschäftsführer für Sotheby’s in Bayern, Michael Reiss. Sotheby’s sei mit der Vermarktung national und international beauftragt. Ob es schon Interessenten gibt, blieb offen – man gebe keine Auskunft zu laufenden Aufträgen. Sabine Dobel, dpa