Albträume von Pferden
Tatort: Totes Rennen
ARD, 20.15 Uhr Respekt. Das ist optisch, dramaturgisch und schauspielerisch einer der besten Sonntagskrimis im Ersten in der letzten Zeit: „Polizeiruf 110 – Totes Rennen“. Der Fall aus dem Zocker-Milieu ist ästhetisch geschickt aufbereitet, mit einer beherzt aufspielenden Claudia Michelsen als Hauptkommissarin Doreen Brasch.
Rätselhaftes Todesopfer ist ein Mann, Ende 20, der für seine Spielsucht bekannt ist, Tatort das Magdeburger Elbufer, nahe der Pferderennbahn Herrenkrug. Unterstützung erfährt Brasch diesmal nicht von einem Kripo-Kumpel, sondern von dem LKA-Mann Hannes Kehr (Michael Maertens), der sie mit Infos versorgt. Dem sie aber – typisch Brasch – nicht so recht vertrauen mag. Die Todesursache des Spielers Milan Siebert, der überall Schulden machte, ist unklar. Jedenfalls war der Tote Kehrs Informant. Aber dessen Chefin will keine Zusammenarbeit mit der Polizei, sie besteht auf getrennten Ermittlungen. Was Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler) erbost. „Paranoia, deine Heimat ist das LKA“, knurrt er.
Maertens, festes Mitglied am Wiener Burgtheater, liefert sich als LKA-Profi Kehr mit eigener SuchtErfahrung einen verbalen Zweikampf mit Brasch und ihrem auf ihn fremd wirkenden Wesen. Oder geht es ihm um die Kontrolle? Dass der Kriminalfall da fast nur eine Nebenrolle spielt, liegt an den Schauspielern. Claudia Michelsen lässt ihre Polizistin mit faszinierten Blicken in einer Sportwetten-Kaschemme versacken, wo die Automaten glitzern und blinken. Und Regisseur Torsten C. Fischer setzt auf Dunkelheit und Bilder, die immer wieder signalrot die Albträume Braschs von galoppierenden Pferden illustrieren.
Hauptkommissarin Doreen Brasch wird übel mitgespielt: Nicht nur leidet sie an starken Schulterschmerzen, sie wird auch von dem von TV-Dauerschurke Martin Semmelrogge gespielten Wettgangster Micky Puhle unter Drogen gesetzt und brutal überwältigt.
Beeindruckend ist der Schluss. Die Regie kontert in brillanten Bildern den Showdown mit Brasch, Puhle und Kehr und den heranstürmenden Pferden. Rupert Huber