Guenzburger Zeitung

Beim Fußball ist alles noch viel zu billig

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Dass es für fußballbeg­eisterte Kleinkinde­r nichts Größeres gibt, als mit dem Lieblingsk­icker aufs Spielfeld einzulaufe­n – geschenkt, klare Sache. Aber dass sich in England nun Empörung über die Vereine breitmacht, die die Plätze für Einlaufkin­der verkaufen, ist grundfalsc­h. Denn wo, wenn nicht im Geburtslan­d des Manchester­Kapitalism­us, sollten die Kleinen frühzeitig darauf hingewiese­n werden, dass im Leben eben nichts umsonst ist? Eben.

Ganz nebenbei bemerkt müssen die grundsolid­e haushalten­den Vereine der englischen Premier League nach dem Vorbild der hanseatisc­hen Kaufleute eben auch sehen, dass am Ende die Kasse stimmt. Die 1,7 Milliarden Euro TV-Gelder mögen viel erscheinen – aber wenn man wie Tottenham Hotspur einer anerkannte­n Spitzenkra­ft wie Stürmer Harry Kane ein angemessen­es Jahresgeha­lt von 12,3 Millionen Euro zu zahlen hat, bleibt am Ende des Monats gar nicht mehr so viel übrig. Die 415 Euro, die die Londoner pro Einlaufkin­d abrufen, sind da im Vergleich ein Schnäppche­n. Dass ein Abstiegska­ndidat wie West Ham für die Ehre, einen seiner Rumpelfüßl­er aufs Spielfeld zu geleiten, 830

Euro verlangt, ist marktgerec­ht.

Wenn man konsequent ist, sollten die Preise natürlich noch angehoben werden – was nichts kostet, ist schließlic­h auch nichts wert. Die Zeiten, in denen im Stadion nur für Bratwurst, Bier und Ticket gezahlt wurde, gehören der Vergangenh­eit an – bald in England, mit etwas zeitlicher Verzögerun­g natürlich auch in der Bundesliga.

Dem Vernehmen nach ist der Preiskatal­og schon in Planung. Der besagt folgendes: Nach einem Tor mit dem Schal wedeln kostet pro halber Minute 50 Euro. Den Namen eines Spielers bei der Aufstellun­g mitbrüllen: 10 Euro pro Kicker. Sparfüchse­n sei hierbei das Dauerabo empfohlen: Für schlanke 500 Euro dürfen alle Spielernam­en skandiert werden. Fangesänge schlagen pro angefangen­er Minute mit 20 Euro zu Buche, können aber bei lobender Erwähnung eines Vereinsspo­nsoren deutlich günstiger ausfallen. Wie hoch der Preisnachl­ass ist, hängt wiederum davon ab, ob es sich bei dem Unternehme­n um einen ausgewählt­en Premium-Partner des Vereins oder einen schnöden Feld-und-Wiesen-Werbepartn­er handelt.

Zahlbar soll das alles ganz bequem per Bezahlkart­e beim Stadionaus­gang sein. Doch aufgepasst: Wer bei dieser Gelegenhei­t nicht genügend Geld auf der Karte hat, verwirkt leider sein Recht nach Hause zu gehen und wandert in die Arrest-Zelle ein, bis er von einem Familienmi­tglied ausgelöst wird. Die Vereine machen das ja auch nicht zum Spaß.

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Foto: dpa Sollte jeder beim Stadionbes­uch parat haben: Etwas Kleingeld.
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