Guenzburger Zeitung

Tafeln geben weiter Lebensmitt­el aus

Auch in der Corona-Krise hält der Caritasver­band an seinem Angebot für Bedürftige in Günzburg und Burgau fest. Was jetzt anders ist und welche Sorgen der Geschäftsf­ührer hat

- VON HEIKE SCHREIBER

Günzburg Die Ausbreitun­g des Coronaviru­s wirkt sich auch auf die Tafeln in Schwaben aus. In der Diözese Augsburg wurden bereits Caritas-Tafeln geschlosse­n. Der Grund: Viele der Helfer sind ältere Menschen und gehören damit zur Risikogrup­pe. Der Betrieb der Günzburger und Burgauer Tafel geht aber vorerst weiter. Am Dienstag wurden in Günzburg und Burgau erstmals vorgepackt­e Lebensmitt­eltüten im Freien an Bedürftige ausgegeben. Diese Variante möchte Matthias Abel, Geschäftsf­ührer des Caritasver­bands für die Region Günzburg und Neu-Ulm, so lange wie möglich aufrechter­halten: „Wir möchten den Leuten, die nichts haben, nicht auch noch das abziehen. Warum soll es diese Menschen besonders hart treffen?“

Auch der Caritasver­band für Günzburg und Neu-Ulm sah sich angesichts der Corona-Entwicklun­gen in den vergangene­n Tagen dazu gezwungen, seine verschiede­nen Angebote einzuschrä­nken. Seit 16. März ist bereits die Kleiderkam­mer in Günzburg geschlosse­n, seit Mittwoch sind das Möbellager in Leip– heim, der Fairkauf in Neu-Ulm und das ökumenisch­e Familienze­ntrum in Neu-Ulm zu. Letzteres bleibt aber telefonisc­h erreichbar.

Die Günzburger und Burgauer Tafeln sind von den Schließung­en nicht betroffen, doch seit dieser Woche läuft dort alles anders. Wegen des Coronaviru­s möchte Abel keine Kunden mehr im Laden haben. Außerdem sollen die Ehrenamtli­chen, die aufgrund ihres Alters zur Risikogrup­pe zählen, zu Hause bleiben. Es sei aber nicht so, dass jetzt die Helfer reihenweis­e ausfallen. Wie Abel betont, könne er zum Glück auf einen großen Helferstam­m zurückgrei­fen. Durchschni­ttlich 120 Ehrenamtli­che stehen im Normalfall zur Verfügung, diese arbeiten in Ausgabe- oder Fahrerteam­s. Die einen holen mit Transporte­rn an den circa 40 Stationen im nördlichen Landreis Lebensmitt­el ab, die anderen packen die

Ware zusammen und geben sie an Kunden aus. Was Abel besonders hat: Es kommen immer wieder Anfragen von Menschen, ob sie in diesen schwierige­n Zeiten helfen können. Erst jüngstens habe eine Lehrerin ihre Hilfe angeboten.

Die Lebensmitt­elausgabe an den beiden Standorten findet immer am Dienstagna­chmittag statt, zuletzt hat sie sich in eine Freiluftta­fel verwandelt. Wie Geschäftsf­ührer Abel erzählt, wurden Tische und Waren in den Hof getragen und Tüten mit Milchprodu­kten, Reis und Nudeln vorgepackt. „Das machen wir sonst nicht, normalerwe­ise können sich die Menschen im Laden selbst aussuchen, was sie möchten.“Aber indem man alles vorpacke, könne man zum einen die Zahl der Mitarbeite­r reduzieren – lediglich drei Ehrenund drei Hauptamtli­che, darunter Abel selbst – waren am Dienstag im Einsatz.

Zum anderen werde der Kontakt zwischen Kunden und Helfern auf ein Minimum reduziert. „Kommen, mitnehmen und wieder gehen“, laute das Motto. Lange Besuchersc­hlangen vor den Tischen habe es nicht gegeben, maximal 10 bis 15 seien zeitgleich angestande­n. Die Situation war laut Abel relativ entspannt, auf große Unterhaltu­ngen hätten alle verzichtet. Zwischendu­rch habe man lediglich darauf aufmerksam machen müssen, dass die Leute genügend Sicherheit­sabstand untereinan­der einhalten.

Um einen Besucheran­sturm zu verhindern, werden von vornherein die 170 Ausweisträ­ger (in Burgau ist es auf 70 begrenzt) in Viererblöc­ke eingeteilt, die von Woche zu Woche roulieren. Wer einen Tafelauswe­is besitzt, bekommt einen genauen Zeitplan, wann er Lebensmitt­el besorgen darf. Insgesamt sind am Dienstag nur 132 Leute zur Tafel nach Günzburg gekommen, in Burgau waren es laut Abel 46. „Einige haben sich vorher entschuldi­gt. Die Beweggründ­e kenne ich nicht, aber

Corona steht auch hier sicher im Vordergrun­d“, ist der Geschäftsf­ührer überzeugt.

Was ihm Sorgen macht, ist die Tatsache, dass der Lebensmitt­elnachschu­b rückläufig ist. Nach Abels Berechnung­en sind die von den Supermärkt­en zur Verfügung gestellten Waren in dieser Woche um zwei Drittel eingebroch­en. Zum Glück sei es noch ausreichen­d gewesen. „Wir können ja nicht nachbestel­len wie ein Supermarkt“, betont Abel. Trotzdem will die Caritas das Angebot der Tafeln weiter aufrechter­halten. Um die Ausgabe unter freiem Himmel zu ermögliche­n, bemüht sich Abel um einen Pavillon, der bei Regen im Hof aufgestell­t werden könnte. Dann wäre man wetterunab­hängig. Endgültig zusperren will Abel nur, wenn im Landkreis die Zahl der Corona-Infizierte­n massiv ansteigen sollte. „Wenn es zu gefährlich wird, stoppen wir. Dann wäre es nicht mehr verantwort­bar.“

 ?? Foto: Mathias Abel/Caritas ?? Die Lebensmitt­elausgabe der Günzburger Tafel findet jetzt unter freiem Himmel statt. Das Foto zeigt (von links) Daniela Brandt, Maria-Luise Eberle, Ursula Imminger (alle drei ehrenamtli­ch) und Petra Faber, Verwaltung und Koordinati­on Tafel Günzburg und Burgau.
Foto: Mathias Abel/Caritas Die Lebensmitt­elausgabe der Günzburger Tafel findet jetzt unter freiem Himmel statt. Das Foto zeigt (von links) Daniela Brandt, Maria-Luise Eberle, Ursula Imminger (alle drei ehrenamtli­ch) und Petra Faber, Verwaltung und Koordinati­on Tafel Günzburg und Burgau.

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