Guenzburger Zeitung

Kinder auch mal gewinnen lassen?

- STEFANIE WIRSCHING

Wie kann man andere gewinnen lassen? Nur, indem man ihnen etwas vormacht. Wenn man also Kindern den Sieg schenkt, um Tränen, Zorn und Frust zu vermeiden, schwindelt man sie im Grunde an. Man stellt sich dümmer als man ist, man tut so, als habe man irgendetwa­s übersehen, man schummelt vielleicht sogar zugunsten des Kindes. Schwindeln und Tricksen also, man könnte es auch Lügen und Betrügen nennen, ist das aber ein

Spiel wert? Auch wenn es gut gemeint ist? Wird man da als Eltern seiner Vorbildfun­ktion eigentlich noch gerecht?

Das sind die einen Fragen, die anderen aber: Wird sich mein Kind so als Spieler wirklich ernst genommen fühlen? Nehme ich ihm damit nicht dieses großartige Gefühl, den Erwachsene­n als gleichbere­chtigter Partner zu begegnen? Das nämlich ist ja das Besondere: Dass Mama und Papa zum Beispiel auf dem Mensch-ÄrgereDich-Nicht-Brett auch nur mit diesen kleinen Spielfigur­en umherziehe­n, die gleichen Regeln für alle gelten. Wie großartig kann sich da ein fair erkämpfter Sieg anfühlen! Ein geschenkte­r Sieg aber macht Kinder klein. Man stelle sich nur einmal vor, der Partner würde einen beispielsw­eise beim Strategies­piel gewinnen lassen, weil er um die gute Laune fürchtet. Demütigend. Aller Spaß sofort weg!

Klar, Spielen soll vor allem Freude machen, ständiges Verlieren hält keiner aus. Bei Niederlage­n in Serie ist das Spiel fürs Kind vielleicht einfach noch eine Nummer zu groß? Dann kann man entweder über einen Startvorte­il nachdenken, mit dem Chancengle­ichheit hergestell­t wird, eine klare faire Sache, oder eben doch über ein anderes Spiel. Eines, bei dem die Erwachsene­n nicht im Vorteil sind. Noch nie jedenfalls ein Kind getroffen, das bei Memory Siege verschenkt…

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Foto: Stock Adobe
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