Mein Kind kennt unschöne Worte und Gesten
In der lustigen Hollywood-Komödie lacht man darüber: Wie der süße siebenjährige Fratz dem missmutigen Nachbarn den Mittelfinger entgegenstreckt. In der Realität versinkt man genau in diesem Moment in tiefste Scham und überlegt sich, ob sich so ein Umzug in ein anderes Viertel vielleicht noch am gleichen Tag bewerkstelligen lässt. Natürlich hat ihr Kind das nicht zu Hause gelernt, sondern von einem Mitschüler. Ebenso wie all die neuen Ausdrücke. Nun aber kann er verschiedene unschöne Gesten und Kraftworte jederzeit effektvoll einsetzen, auch wenn ihm nicht ganz klar ist, was er da gerade seiner Umwelt mitteilt. Und Sie sollen ihm das nun erklären? Bitte nicht! Oder etwa bitte doch?
Meine Kinder sind gut informiert. Alter, geil, Sch ... da können sie gut mitreden. Ich thematisiere es nicht groß. Ich versuche den tollen Wörtern die Attraktion zu nehmen, indem ich es die Kinder ganz oft sagen lasse. Zu Hause wohl gemerkt. Nach zehn Mal „Scheiße“sagen gibt es großes Gelächter und die Sache ist (mehr oder weniger) vorbei. Momentan ist grad „Assi“bei uns angesagt. Das schnappen die Kinder auf und wissen gar nicht, was es bedeutet. Ich erkläre es ihnen dann. In diesem Fall eben den Unterschied zwischen sozial und asozial, damit sie wenigstens die eigentliche Bedeutung des Wortes kennen, das sie so locker benützen. Ich habe den Eindruck, wenn wir auf diese Weise darüber reden, verlieren diese Wörter ein wenig von ihrer magischen Anziehungskraft. Eine Freundin schickt ihre Tochter zum Mundauswaschen, wenn diese das Wort „Scheiße“sagt. Ganz ehrlich, was soll das denn bringen? Ines, Bankkauffrau, ein Sohn (5), eine Tochter (9)
Mein Sohn, das weiß ich, kennt alle V..., F... und Sch...-Wörter. Schon im Kindergarten hat er mich gefragt, was ein Mixer ist und hat allerdings das nah verwandte W-Wort gemeint. In der zweiten Klasse ist es dann richtig massiv geworden. Ich habe ihm erklärt, dass das keine schönen Worte sind und ich es nicht gut finde, diese Worte zu benützen. Und ich habe ihn gefragt, ob er möchte, dass man mit diesen Ausdrücken über ihn so redet. Das hat er verstanden. Und zumindest bei uns zu Hause klappt die Schimpfwort-Vermeidungsstrategie ganz gut. Ich bin auch überzeugt, dass er auf dem Schulhof nicht auf diese Ausdrücke verzichtet. Aber dann weiß er immerhin, dass man nicht überall alles sagen darf. Lexa, Sekretärin, zwei Töchter (34, 26), drei Söhne (32, 29, 9)
» Auch Sie haben eine Erziehungsfrage? Schreiben Sie an Familie@augsburger-allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von Doris Wegner und Stefanie Wirsching, beide Mütter, und Autorinnen des Buches „Supermütter“(www.augsburger-allgemeine.de/shop)