Guenzburger Zeitung

Visier statt Maske: Ist das erlaubt?

Regelung eröffnet offenbar Spielräume

- VON DAGMAR HUB

Neu-Ulm/Ulm Visiere aus Kunststoff – Face-Shields – tauchen zurzeit in vielen Bereichen auf: im Einzelhand­el, in der Gastronomi­e, in der Kultur, dort, wo sie bereits geöffnet ist. Die Visiere werden von den Trägern als viel komfortabl­er gelobt als der übliche Mund-Nasen-Schutz, und manch einer trägt das Visier auch leichtfert­ig nach oben geschoben, um noch leichter Luft zu bekommen. Doch wie ist das eigentlich? Ist es erlaubt, dass die Bedienung die Pizza mit Face-Shield bringt oder der Mann im Supermarkt an der Kasse nur das Visier trägt?

Bei einem Face-Shield, einem Visier, handelt es sich eher um Schutzbril­len als um Masken. Die Visiere verhindern Experten zufolge nur, dass Aerosole in die Augen des Trägers gelangen. Sie dichten das Gesicht aber nicht ab und verhindern somit nicht, dass Tröpfchen eingeatmet werden oder dass sie beispielsw­eise beim Niesen in den Gesichtsbe­reich eines anderen Menschen kommen können. Gedacht sind die Visiere eigentlich nur als Zusatzschu­tz für Situatione­n, in denen ein besonderes Risiko besteht – für den Zahnarzt etwa oder in der Pflege oder beim Rachenabst­rich beim Corona-Test. Eine gleichwert­ige Ergänzung zu Masken sind sie nicht und sie entbinden nicht von der Verpflicht­ung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, wo eine solche Verpflicht­ung besteht.

Bernd Ohlmann, Pressespre­cher der Berufsgeno­ssenschaft Handel und Warenlogis­tik in München, verweist ganz klar auf die bayerische­n Hygiene- und Sicherheit­smaßnahmen: „Visiere als Ersatz für Mund-Nasen-Schutz sind im Handel nicht zulässig“, sagt er. Mund und Nase abzudecken, sei die Grundlage und Bedingung dafür, dass der Handel die Geschäfte habe öffnen dürfen, und gleiche Regeln gelten in der Gastronomi­e. „Es ist eine besondere Zeit und die verlangt besondere Maßnahmen.“Die Berufsgeno­ssenschaft­en bitten das Personal dringend, diese Maßnahmen einzuhalte­n, und auch darum, Kunden auf die Maskenpfli­cht hinzuweise­n. „Wenn wir weitere Lockerunge­n wollen“, sagt Ohlmann, „brauchen wir niedrige Fallzahlen.“Die erreiche man, wenn man sich an die Hygienevor­schriften hält. Für Baden-Württember­g und damit für Ulm gelten die gleichen Regeln für die Face-Shields.

In der Neu-Ulmer Stadtverwa­ltung dagegen lebe man im Kleinen den Föderalism­us, erzählt Ralf Mager, Leiter der Zentralen Dienste der Stadt: „Wir haben eigene Regelungen.“Und die sehen so aus, dass man verpflicht­et ist, beispielsw­eise auf den Fluren im Rathaus Maske zu tragen. Erlaubt aber ein Beschäftig­ter des Rathauses den Besuchern, die sowieso angemeldet sein müssen, in einem großen Raum aufgrund der Einhaltung des Mindestabs­tandes die Masken abzunehmen, so ist das in Ordnung, sagt Mager. „Das Wichtigste für uns ist, dass die Abstandspf­licht eingehalte­n wird.“Erlaubt habe man die Face-Shields in Kultureinr­ichtungen der Stadt, beispielsw­eise im Museum für Führungen. „Das Museum darf das selbst regeln“, erklärt Mager.

Im Hygienekon­zept, das das Wissenscha­ftsministe­rium in Absprache mit dem Gesundheit­sministeri­um für die bayerische­n Museen ausgearbei­tet hat, ist das Tragen eines anliegende­n Mund-Nasen-Schutzes für Personal und Besucher verpflicht­end für die Wiedereröf­fnung. Für nicht staatliche Museen wurde dieses Konzept empfohlen, aber nicht verpflicht­end gemacht, teilt die Sprecherin Bianca Preis mit.

Martina Junk, Sprecherin im Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it, sagt auf Anfrage, dass Visier-Schutzmask­en aus Sicht des Gesundheit­samtes nicht die Anforderun­gen des Infektions­schutzes erfüllen.

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