Das geile Gefühl von Harz an den Händen
Wie die Günzburger unter Corona-Bedingungen in die Drittliga-Vorbereitung starten
Günzburg Es geht vorwärts. In kleinen Schritten nur, aber immerhin. Inzwischen werfen sich die Handballer des VfL Günzburg schon wieder mit Harz an den Händen auf die neue Saison und damit auf das Abenteuer 3. Liga ein. Zwar muss das Training weiterhin in Kleingruppen und kontaktfrei ablaufen, doch manche Übungen fühlen sich nach der langen Zwangspause schon wieder wie richtiges Handballspielen an. Kreisläufer Daniel Jäger schildert sein erstes Mal in diesem Frühjahr mit den Worten: „Das war schon ein besonderer Moment, endlich wieder das Knistern des Harzes am Ball zu erleben.“
Mehr als zwei Monate lang mussten die Weinroten auf das richtige Pass- und Wurfgefühl verzichten. Es ist also nachvollziehbar, wenn da bei leidenschaftlichen Sportlern Entzugserscheinungen auftreten. Die müssen die Handballer auch noch für unbestimmte Zeit ertragen. „Es ist leider nicht das Training, das wir gewohnt sind“, sagt Jäger und verweist auf die geltenden Kontaktverbote.
Im Training sieht das dann so aus: Unter freiem Himmel verteilen sich insgesamt drei Gruppen zu jeweils vier Personen über das Feld. Abstände innerhalb jeder Gruppe sowie von einer Runde zur nächsten halten die Weinroten sorgfältig ein, denn sie alle haben verinnerlicht, was Jäger in die Formulierung „Vorsicht ist echt wichtig“packt.
Ein spürbares Zusatz-Hindernis ist freilich, dass Cheftrainer Gábor Czakó ebenfalls nicht zwischen den Gruppen pendeln darf und deshalb nicht alles mit eigenen Augen sehen kann. „Das ist nicht optimal“, bemerkt der Übungsleiter gewohnt zurückhaltend. Er betont angesichts der momentan vorhandenen Ansteckungsgefahr aber auch: „Wir halten uns an alle Vorgaben, denn falls etwas passiert, kannst du den Laden zumachen.“
Um trotzdem so viel wie möglich mitzubekommen, hat Czakó zwei Betreuer ehrenhalber als „CoronaBeauftragte“benannt, die jeweils eine Trainingsgruppe betreuen. Im Ablauf „probieren wir das dann so zu machen, dass die drei Gruppen jeweils das Gleiche trainieren“. Dass seine Handballer, trotz aller Beeinträchtigungen, gut gelaunt üben, hat der Coach wohlwollend registriert. „Die Jungs machen fleißig und motiviert mit“, sagt Czakó.
Und die Günzburger gehen tatsächlich dankbar durch alle Türen, die ihnen immerhin schon offenstehen. Ein bisschen was ist ja auch besser als gar nichts. Den Beginn einer Vorbereitung kennzeichnet schließlich auch in normalen Zeiten nicht exzessives Ballwerfen, sondern brutales Kraftbolzen. Das geht zur Not auch allein; jeder für sich kann und muss Übungen absolvieren, die Kreisläufer Jäger beschönigend mit dem Wort „knackig“umschreibt.
Unterdessen sind die ohnehin nur leichten Sorgen um den am grünen Tisch erreichten Bayernliga-Titel und den Aufstieg in die dritte deutsche Spielklasse seit ein paar Tagen endgültig ausgeräumt. Nachdem Titel-Konkurrent HaSpo Bayreuth über die Liste der Nachrücker ebenfalls nach oben gerutscht ist, zogen die Oberfranken ihren offiziellen Einspruch gegen die ursprüngliche Wertung seitens des Bayerischen Handball-Verbands (BHV) zurück. Damit endeten auch die teils unfreundlichen Zwischentöne, die Einzelne Richtung Günzburg formuliert hatten – wobei die VfL-Verantwortlichen um Abteilungsleiter Armin Spengler immer weitreichendes Verständnis für die Vorgehensweise des sportlichen Kontrahenten bekundet hatten. Über Facebook schlossen die Günzburger die Episode jetzt mit lobenden Worten Richtung Nordbayern und der Bemerkung „Alles ist gut“ab.
Aufeinandertreffen werden die beiden Aufsteiger aus Bayern in der kommenden Runde wahrscheinlich nicht. Aus geografischen Gründen werden die Bayreuther vermutlich in die Staffel Mitte eingeteilt, während die Günzburger in der Gruppe
Süd auf viele alte Bekannte aus Baden-Württemberg treffen dürften. Möglich ist sogar, dass sich deren Zahl weiter erhöht: Tabellenführer der neuen, bundesweiten Nachrücker-Liste ist der TSV Neuhausen/ Filder, die TSG Söflingen nimmt den dritten Platz ein. Beide Vereine könnten noch profitieren, falls weitere der 72 qualifizierten Mannschaften aus sportlichen oder wirtschaftlichen Gründen auf einen Start in der 3. Liga verzichten.
Möglich ist das noch bis 30. Juni, sehr wahrscheinlich ist es nicht. Vorherige Wackelkandidaten wie der SV Anhalt Bernburg (Gruppe Nord-Ost) haben die zwischenzeitlichen Fragezeichen hinter ihrem Namen entfernt.
Dem Aufstieg der beiden besten Bayernliga-Mannschaften vorausgegangen war ein Grundsatzbeschluss des Deutschen HandballBunds (DHB), seine in vier Staffeln aufgeteilte 3. Liga um acht auf nun bundesweit 72 Teilnehmer aufzustocken. Nur so war es möglich, den sportlichen Abstieg aus coronabedingt abgebrochenen Spielrunden auszusetzen und gleichzeitig den Regelaufstieg zu gewährleisten.