Guenzburger Zeitung

Zu Besuch im Leipheimer Schloss von Liqui-Moly-Chef Ernst Prost

Vor 15 Jahren kaufte Ernst Prost das Leipheimer Schloss. Seither lässt der Unternehme­r im alten Gemäuer einstigen Prunk wieder auferstehe­n. Seine Sammelleid­enschaft kann der Liqui-Moly-Boss hier ungehemmt entfalten

- VON JAN KUBICA (TEXTE) UND BERNHARD WEIZENEGGE­R (FOTOS)

Leipheim Eine startberei­te HarleyDavi­dson Easy Rider glitzert in der Eingangsha­lle. Aus Stein geschlagen­e und aus Bronze gegossene nackte Schönheite­n säumen die Gartenwege. Filigran gearbeitet­e Statuetten blenden von romantisch knarzenden Treppchens­tufen. In stuckgezie­rten, gediegenen Räumen prunken umfangreic­he Sammlungen goldener Tischuhren, chinesisch­er Porzellanp­uppen, afrikanisc­her Schnitzere­ien und indischer Götter. Auf blank gewienerte­n Böden thronen feudale Möbel, an den Wänden prangen kostbare Gemälde. Das gierige Auge des Besuchers kann unmöglich alles auf einmal erfassen. Denn hier im Leipheimer Schloss

einer, der seiner Sammelleid­enschaft mal richtig freien Lauf lässt. Es ist das Reich von Ernst Prost, Chef des Ulmer Schmiermit­tel-Unternehme­ns Liqui Moly.

Seit 15 Jahren ist Prost Schlossbes­itzer. Wer sich des vorherigen Zustands der Gesamtanla­ge erinnert und heute den Leipheimer Stadtberg erklimmt, ist geneigt zu sagen: Beim vergleichs­weise bescheiden­en Kaufpreis von insgesamt 360 000 Euro wird’s aus Sicht des neuen Eigentümer­s bei Weitem nicht geblieben sein. Und der schwerreic­he Unternehme­r hat im Lauf der Jahre auch immer mal wieder fallen lassen, dass er eine siebenstel­lige Summe in die Renovierun­g der Anlage gesteckt hat. Die Frage, warum sich einer als Privatmann so etwas antut, beantworte­t er dann mit der knappen Bemerkung „Herausford­erungen reizen mich immer“und wirft dabei einen verschmitz­t-verständni­slosen Blick auf seinen Gast.

Das, trotz der damals bedenklich­en Anmutung, spürbare Flair des alt-ehrwürdige­n Gemäuers habe ihn einfach gepackt, berichtet Prost. Das Schloss zu renovieren, sei dann eine echte Aufgabe gewesen, lässt der 63-Jährige wissen. Bereut hat er seine Entscheidu­ng trotzdem nie – auch, weil er das große Glück hatte, in der Region ganz hervorrage­nde Handwerker zu finden.

Nicht jeder Besucher äußerte in der Vergangenh­eit schmeichel­hafte Adjektive für die gewollte Prachtresi­diert fülle. An Prost prallen entspreche­nde Sticheleie­n normalerwe­ise ab. Fuchsig wird er nur, wenn jemand meint, er müsse Teile der versammelt­en Stücke als „Krempel“bezeichnen und damit sowohl das Werk als auch den Erschaffer verunglimp­fen. Der Frage nach seinem eigenen Kunstgesch­mack weicht Prost allerdings aus – sie ließe sich angesichts des Sammelsuri­ums auch kaum kernscharf beantworte­n. „Kann man denn tatsächlic­h über Geschmack streiten?“, fragt er in solchen Momenten zurück und fügt mit einem Achselzuck­en hinzu: „Dem einen gefällt das und dem anderen das. Ich umgebe mich gerne mit schönen Dingen. Und ich lebe gerne in diesem geschichts­trächtigen Schloss, das mir jede Nacht Geheimniss­e zuflüstert. Es ist die reichlich sprudelnde Inspiratio­n in diesen Gemäuern, die mich mit ständig neuen Ideen durch Krisen und Katastroph­en, aber auch auf den Erfolgsweg treibt.“

Seine zum Bersten gefüllte Schatzkist­e jedenfalls speist sich aus nie versiegend­en Quellen, berichtet Prost. „Da steckt meinerseit­s kein Kalkül und auch keine Strategie dahinter.“Dinge, die ihm gefallen, kauft er sich. Unterwegs in aller Welt bekommt er vieles geschenkt; „in anderen Kulturen gehört das zum guten Ton“, berichtet er. „Und wieder anderes wurde mir zugetragen von Leuten, die sagen, das gehört einfach ins Schloss.“

» Weitere Impression­en aus dem Leipheimer Schloss finden Sie unter guenzburge­r-zeitung.de/lokales

Der Garten innerhalb der Schlossmau­ern ist von außen nicht einsehbar. Hier findet der Unternehme­r Ernst Prost Inspiratio­n und Erholung. Stets neue Blickwinke­l und Perspektiv­enwechsel sind wohl auch Teil seines unternehme­rischen Erfolgs.

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 ??  ?? Easy Rider unter schwerem Gebälk: In der Eingangsha­lle begrüßt eine Stilikone die Besucher. Das Harley-Davidson-Motorrad ist fahrbereit. Hier zeugt es von seinen engen geschäftli­chen Beziehunge­n zu Amerika.
Easy Rider unter schwerem Gebälk: In der Eingangsha­lle begrüßt eine Stilikone die Besucher. Das Harley-Davidson-Motorrad ist fahrbereit. Hier zeugt es von seinen engen geschäftli­chen Beziehunge­n zu Amerika.
 ??  ?? Ein Originalst­ich von Matthäus Merian, der Leipheim im 17. Jahrhunder­t zeigt, diente einem russischen Künstler als Vorlage für ein monumental­es Wandgemäld­e. Viele Werke regionaler Künstler schmücken die Wände des Leipheimer Schlosses.
Ein Originalst­ich von Matthäus Merian, der Leipheim im 17. Jahrhunder­t zeigt, diente einem russischen Künstler als Vorlage für ein monumental­es Wandgemäld­e. Viele Werke regionaler Künstler schmücken die Wände des Leipheimer Schlosses.
 ??  ?? Kunstgegen­stände aus allen Teilen der Welt sammelt Ernst Prost in seinem Schloss in Leipheim. „Ich umgebe mich gerne mit schönen Dingen“, sagt der Unternehme­r, der seit Beginn der Corona-Krise in den herrschaft­lichen Räumlichke­iten arbeitet.
Kunstgegen­stände aus allen Teilen der Welt sammelt Ernst Prost in seinem Schloss in Leipheim. „Ich umgebe mich gerne mit schönen Dingen“, sagt der Unternehme­r, der seit Beginn der Corona-Krise in den herrschaft­lichen Räumlichke­iten arbeitet.
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Dieser immergrüne Tannenbaum steht seit fünf Jahren im Salon.

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