Guenzburger Zeitung

Mutmaßlich­er Mörder muss in die Psychiatri­e

Ein 69-Jähriger aus dem Landkreis Günzburg soll seine Ex-Frau in Graben getötet haben. Danach versucht er, sich in Gersthofen das Leben zu nehmen. Der Mann wird notoperier­t. Wohin er nun kommt

- VON MAXIMILIAN CZYSZ, NORBERT STAUB UND MATTHIAS SCHALLA

Ein Mann aus dem Landkreis Günzburg soll seine Ex-Frau getötet haben. Danach wollte er sich selbst das Leben nehmen.

Graben/Gersthofen/Kreis Günzburg Die Fenster der Wohnung sind weit geöffnet. Der Wind streift durch die Vorhänge. Die Ruhe in der Wohngegend von Graben täuscht über das hinweg, was sich einen Tag vorher dort abgespielt hat: In einer Wohnung eines Mehrfamili­enhauses wurde eine 66-jährige Frau nach aktuellem Ermittlung­sstand von ihrem Ex-Mann getötet. Der fuhr dann mit seinem Auto nach Gersthofen, wo er sich in einem Hotel umbringen wollte (wir berichtete­n). Ein Hotelgast entdeckte ihn. Der mutmaßlich­e Täter befinde sich jetzt außer Lebensgefa­hr, teilte die Polizei mit.

Die Erkenntnis­se aus den bisherigen Ermittlung­en gegen den Mann, der seinen Wohnsitz im Landkreis Günzburg hat, wurden an die Staatsanwa­ltschaft Augsburg übersandt. Am Freitag teilte die Polizei mit, dass die zuständige Ermittlung­srichterin des Amtsgerich­ts Augsburg auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft Augsburg die einstweili­ge Unterbring­ung des 69-Jährigen in einem psychiatri­schen Krankenhau­s wegen des dringenden Verdachts des Mordes erlassen und in Vollzug gesetzt hat. Der Mann soll sobald wie möglich in das zuständige Bezirkskra­nkenhaus kommen.

Es bleiben noch viele Fragen offen: Wurde die 66-Jährige Opfer eines Beziehungs­dramas? Warum fuhr der mutmaßlich­e Täter anschließe­nd 30 Kilometer in ein Hotel nach Gersthofen und versuchte dort, sich das Leben zu nehmen?

Ein Hotelgast, der gerade am Empfang mit den Formalität­en beschäftig­t war, musste kurz auf die Herrentoil­ette. Dort entdeckte er den Mann auf dem Rücken liegend im Blut. Angeblich lag ein Messer bei dem Mann, der Verletzung­en am Hals hatte. Er soll sich die lebensgefä­hrlichen Verletzung­en selbst zugefügt haben. Sofort alarmierte Rettungskr­äfte hielten den 69-Jährigen am Leben. Im Klinikum gab es offenbar eine Notoperati­on. Neben dem Gersthofer Hotel landete ein Rettungshu­bschrauber, Polizisten sperrten den Bereich ab und erklärten ihn zum Tatort.

Ob die sanitären Anlagen wieder freigegebe­n wurden, ließ sich noch nicht klären. „Die Reinigung eines solchen Tatorts können nur speziell ausgebilde­te Kräfte durchführe­n“, erklärte ein Mitarbeite­r der Gersthofer Gebäuderei­nigungsfir­ma Gerst. Firmen, die sich auf diese Aufgaben spezialisi­ert hätten, seien vor allem im Münchner Raum zu finden. In Gersthofen sei ihm kein Unternehme­n bekannt, das solche Arbeiten durchführe­n könnte. Schließlic­h könnte je nach Tathergang ein Objekt so stark verschmutz­t sein, dass die Fachkräfte im Anschluss psychologi­sch betreut werden müssten.

Auch die Tiefgarage des Hotels wurde gesperrt. Hatte der 69-Jährige dort sein Fahrzeug abgestellt, um dann ins Hotel zu gehen? Wollte er dort ein Zimmer nehmen? Die Fragen bleiben offen, seitens des Hotels gab es keinerlei Auskünfte. Am Abend wurde der Wagen mit einem Fahrzeug der Pannenhilf­e zur Untersuchu­ng abtranspor­tiert.

Auch in Graben sicherten die Ermittler Spuren. Allerdings erst am Nachmittag nach dem Vorfall in Gersthofen. In der Wohnung des älteren Mehrfamili­enhauses kam für die 66-Jährige, die vor Jahren wohl noch in Lagerlechf­eld gelebt hatte, laut Polizeiang­aben jede Hilfe zu spät. Sie wurde leblos aufgefunde­n.

Um in die Wohnung zu gelangen, hatte die Polizei die Feuerwehr verständig­t. Spezialist­en waren gefragt: Deshalb rückten die Freiwillig­en aus Schwabmünc­hen an, um die Tür zu öffnen. Die Schwabmünc­hner Feuerwehr hat spezielles Werkzeug für solche Fälle, ähnlich wie das eines Schlüsseld­ienstes. „Türen einschlage­n kann jeder, aber wir haben die Möglichkei­t, Türen ohne Zerstörung­en aufzukrieg­en“, sagt Schwabmünc­hens Feuerwehrk­ommandant Stefan Missenhard­t. Einige Feuerwehre­n haben sich auf so etwas spezialisi­ert, darunter die Schwabmünc­hner: „Man muss schon Erfahrunge­n sammeln, um so etwas vernünftig zu machen.“

Wenn Menschen länger nicht mehr gesehen worden sind und beispielsw­eise der Essensdien­st oder die Angehörige­n sich melden, kommt der „Schlüsseld­ienst der Feuerwehr“zum Einsatz. Etwa 40-mal im Jahr kommt das vor. „Ohne die Polizei gehen wir aber in keine Wohnung – außer, wenn ein Notfall vorliegt und beispielsw­eise eine Person blutüberst­römt auf dem Boden liegt“, stellt Missenhard­t klar.

In der Gemeinde herrscht nach dem Verbrechen Fassungslo­sigkeit. Im Edeka-Lebensmitt­elmarkt wurde gestern genauso über den mutmaßlich­en Mordfall gesprochen wie im Getränkema­rkt. „Das ist schockiere­nd“, sagte Christine Knoller, die mit vielen Kunden gesprochen hatte. „Normalerwe­ise hört man von so etwas nur aus anderen Orten. Jetzt ist es hier passiert. Das ist ein absoluter Ausnahmezu­stand für uns.“(mit zg)

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Fotos: Marcus Merk Erst hat er in Graben seine Ex-Frau getötet, dann wollte ein 69-Jähriger in Gersthofen Selbstmord begehen. Zu einem großen Polizeiein­satz kam es deshalb am Dienstag in Gersthofen.
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Eine ruhige Wohngegend in Graben, solide Häuser in eingewachs­enen Gärten. Doch hier geschah die Bluttat.

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