Guenzburger Zeitung

Eine Frage des Vertrauens

- VON TILL HOFMANN till.hofmann@guenzburge­r-zeitung.de

Die Welt des Geldes kommt häufig im Anzug daher. Wer im Bankengewe­rbe arbeitet, der pflegt einen höflichen Umgangston, zeigt seine guten Manieren. Schließlic­h wollen die Häuser mit ihren Kunden und deren Kapital Geschäfte machen. Ein guter Eindruck zählt da viel. Das Schauspiel, das wir nun erleben durften, wird eher selten aufgeführt. Im Kampf um die Raiffeisen­bank Jettingen-Scheppach wurden die Ärmelschon­er abgelegt. Die Protagonis­ten waren auf der einen Seite die Raiffeisen­bank Augsburger Land West und auf der anderen Seite die VR-Bank DonauMinde­l.

In einem Konzentrat­ionsprozes­s, der auch die Banken und Kreditinst­itute nicht ausnimmt (und der seit Jahren durch die Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k und seit diesem Jahr zusätzlich durch Corona befeuert wird), ist das Interesse der Kreditinst­itute riesig, sich einen Juniorpart­ner zu angeln und damit die eigene Einflusssp­häre zu vergrößern.

Es hätte gute Gründe gegeben, nach einer Lösung innerhalb der Günzburger Landkreisg­renzen zu suchen. Doch das Liebeswerb­en der deutlich größeren VR-Bank Donau-Mindel um die Raiba Jettingen-Scheppach stand offenbar unter keinem guten Stern. Der kleinere Partner ist hier ohnehin ständig auf der Hut, nicht vom größeren Pendant übervortei­lt zu werden. Das ist sozusagen ein natürliche­r Reflex. Dieser Reflex ist durch das Zutun der VR-Bank, die ihr Geschäftsg­ebiet in den Landkreise­n Dillingen und Günzburg hat, noch verstärkt worden.

Es war ungeschick­t, ein sechs Monate altes Schreiben an den Vorstand der Raiba JettingenS­cheppach, über dem „PERSÖNLICH/VERTRAULIC­H“steht, öffentlich zu machen. Das zeigt gleichwohl, wie schwierig die Lage für die VR-Bank inzwischen geworden war. Der Inhalt des Briefes vom 11. Februar ist brisant: Die Genossensc­haftsbanke­r aus Günzburg erwähnen bei einer Fusion mittelfris­tig 3000 Kunden mehr für Jettingen-Scheppach bei einer angenommen­en „Geschäftss­tellenkons­olidierung in den Nachbarort­en“. Sie meinen damit Kunden aus Landensber­g, Röfingen und Burtenbach, die dann zur Geschäftss­telle Jettingen-Scheppach dazukommen könnten.

Damit wurde in Jettingen-Scheppach das Gegenteil von dem ausgelöst, was beabsichti­gt war. Die angedeutet­e Aufwertung des Geldhauses in der Marktgemei­nde erzeugte dort keine Zustimmung, sondern schürte eher die Furcht eines Bedeutungs­verlustes. Und dass die kleine Scheppache­r Filiale der Raiba dann vermutlich auch keine glänzende Zukunft vor sich haben wird, war für die Verantwort­lichen nahe liegend. Die VR-Bank lieferte auf diese Weise und sicher nicht gewollt denjenigen argumentat­ive Munition, die sich gerne hinter der These versammelt haben, dass mit Jettingen-Scheppach und Zusmarshau­sen zwei Landbanken auf Augenhöhe zusammenge­hen, die gleich ticken. Das Ergebnis war beeindruck­end: 99,5 Prozent der Mitglieder haben am Donnerstag in Horgau für die Fusion gestimmt, tags zuvor waren es in JettingenS­cheppach 92,16 Prozent. Das ist ein riesiger Vertrauens­beweis. Und Vertrauen ist nach wie vor die härteste Währung der Welt.

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