Eine Frage des Vertrauens
Die Welt des Geldes kommt häufig im Anzug daher. Wer im Bankengewerbe arbeitet, der pflegt einen höflichen Umgangston, zeigt seine guten Manieren. Schließlich wollen die Häuser mit ihren Kunden und deren Kapital Geschäfte machen. Ein guter Eindruck zählt da viel. Das Schauspiel, das wir nun erleben durften, wird eher selten aufgeführt. Im Kampf um die Raiffeisenbank Jettingen-Scheppach wurden die Ärmelschoner abgelegt. Die Protagonisten waren auf der einen Seite die Raiffeisenbank Augsburger Land West und auf der anderen Seite die VR-Bank DonauMindel.
In einem Konzentrationsprozess, der auch die Banken und Kreditinstitute nicht ausnimmt (und der seit Jahren durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank und seit diesem Jahr zusätzlich durch Corona befeuert wird), ist das Interesse der Kreditinstitute riesig, sich einen Juniorpartner zu angeln und damit die eigene Einflusssphäre zu vergrößern.
Es hätte gute Gründe gegeben, nach einer Lösung innerhalb der Günzburger Landkreisgrenzen zu suchen. Doch das Liebeswerben der deutlich größeren VR-Bank Donau-Mindel um die Raiba Jettingen-Scheppach stand offenbar unter keinem guten Stern. Der kleinere Partner ist hier ohnehin ständig auf der Hut, nicht vom größeren Pendant übervorteilt zu werden. Das ist sozusagen ein natürlicher Reflex. Dieser Reflex ist durch das Zutun der VR-Bank, die ihr Geschäftsgebiet in den Landkreisen Dillingen und Günzburg hat, noch verstärkt worden.
Es war ungeschickt, ein sechs Monate altes Schreiben an den Vorstand der Raiba JettingenScheppach, über dem „PERSÖNLICH/VERTRAULICH“steht, öffentlich zu machen. Das zeigt gleichwohl, wie schwierig die Lage für die VR-Bank inzwischen geworden war. Der Inhalt des Briefes vom 11. Februar ist brisant: Die Genossenschaftsbanker aus Günzburg erwähnen bei einer Fusion mittelfristig 3000 Kunden mehr für Jettingen-Scheppach bei einer angenommenen „Geschäftsstellenkonsolidierung in den Nachbarorten“. Sie meinen damit Kunden aus Landensberg, Röfingen und Burtenbach, die dann zur Geschäftsstelle Jettingen-Scheppach dazukommen könnten.
Damit wurde in Jettingen-Scheppach das Gegenteil von dem ausgelöst, was beabsichtigt war. Die angedeutete Aufwertung des Geldhauses in der Marktgemeinde erzeugte dort keine Zustimmung, sondern schürte eher die Furcht eines Bedeutungsverlustes. Und dass die kleine Scheppacher Filiale der Raiba dann vermutlich auch keine glänzende Zukunft vor sich haben wird, war für die Verantwortlichen nahe liegend. Die VR-Bank lieferte auf diese Weise und sicher nicht gewollt denjenigen argumentative Munition, die sich gerne hinter der These versammelt haben, dass mit Jettingen-Scheppach und Zusmarshausen zwei Landbanken auf Augenhöhe zusammengehen, die gleich ticken. Das Ergebnis war beeindruckend: 99,5 Prozent der Mitglieder haben am Donnerstag in Horgau für die Fusion gestimmt, tags zuvor waren es in JettingenScheppach 92,16 Prozent. Das ist ein riesiger Vertrauensbeweis. Und Vertrauen ist nach wie vor die härteste Währung der Welt.