Guenzburger Zeitung

Steht der Beruf des Metzgers vor dem Aus?

Gute Qualität, starkes Sortiment: Die heimischen Betriebe kommen ganz gut durch die Corona-Krise. Ihre Sorgen gehen tiefer. Warum sich Josef Bader aus Krumbach und Karl Mader aus Waldstette­n über die Politik ärgern

- VON HANS BOSCH UND JAN KUBICA

Krumbach/Waldstette­n Die heimischen Metzger geben sich – noch – gelassen. Sie haben die Corona-Pandemie bisher relativ gut überstande­n und hoffen, dass es nicht schlimmer wird. Die jüngsten Vorkommnis­se in der Fleischind­ustrie (Tönnies und Wiesenhof) werden zwar mit großem Interesse verfolgt, es gibt aber keinen Anlass zu besonderen Aktivitäte­n. Sie verweisen auf ihr eigenes Angebot mit Fleisch und Wurst von Tieren aus der nahen Umgebung sowie auf die Qualität ihrer handwerkli­chen Erzeugniss­e und das vielfältig­e Sortiment.

Allerdings ärgert sich der Obermeiste­r der Fleischeri­nnung Krumbach/Illertisse­n, Josef Bader, über das Verhalten der Politik. Es gebe eine Vielfalt neuer Verordnung­en und Richtlinie­n, die „das Metzgerhan­dwerk gegenüber der Fleischind­ustrie benachteil­igen und zu einer Wettbewerb­sverzerrun­g führen, die für uns nicht länger tragbar ist“. Das habe er erst vor Kurzem dem Bundestags­abgeordnet­en Georg Nüßlein (CSU) nahezubrin­gen versucht.

Bader berichtet, dass nach der Schlachtun­g für jedes Schwein eine Fleischbes­chau durch einen amtlich bestellten Tierarzt erforderli­ch ist. Zusammen mit der Gebühr für die Entsorgung der Konfiskate ergebe das einen Betrag zwischen 15 und 20 Euro. In der Großindust­rie dagegen erfolgten diese Untersuchu­ngen an beispielsw­eise 1000 und mehr Schweinen pro Tag in der Regel durch betriebsei­gene Fachkräfte, sodass sich die Kosten dort auf lediglich 1,50 Euro belaufen. Ähnlich sei es bei den Hygieneauf­lagen. Bader: „Hier gilt für die Klein- und Mittelbetr­iebe die gleiche Verordnung wie für die Großindust­rie.“Das aber ergibt für ihn völlig falsche Voraussetz­ungen im Vergleich zu den Handwerksb­etrieben. Sein Fazit: „Die niedrigen Supermarkt­preise bleiben bestehen. Ihnen müssen wir durch Qualität, Können und Angebot begegnen.“

Was die Fleischeri­nnung Krumbach/Illertisse­n betrifft, so sieht der Obermeiste­r in der näheren Zukunft kaum Veränderun­gen. Der Mitglieder­stand von 17 Betriebsin­habern ist seit Jahren stabil und wird es nach seinem Dafürhalte­n auch bleiben, denn „anfangen tut keiner mehr, aufhören vorerst aber auch niemand“.

Den ersten Teil dieser Bemerkung kann Karl Mader voll umfänglich unterschre­iben – den zweiten nicht. Als stellvertr­etender Obermeiste­r der Fleischeri­nnung Günzburg/Neu-Ulm überblickt der Metzgermei­ster aus Waldstette­n die aktuellen Entwicklun­gen und sagt für seinen Bereich mit einem Achselzuck­en: „Es gibt keine Auszubilde­nden. Dabei würde ich Verkäuferi­nnen ausbilden und in der Schlachtun­g jedes Jahr einen Lehrling einstellen, aber es gibt nichts.“Das im Lauf der Jahre (unter anderem aufgrund skandalöse­r Vorgänge in Großbetrie­ben) immer schlechter werdende Image des Berufsstan­ds wirkt sich nach Maders Worten massiv auf den potenziell­en Nachwuchs aus. Selbst in weniger gebildeten Milieus sei es praktisch unmöglich, junge Menschen für das Fleischerh­andwerk zu begeistern. „Obwohl wir uns als Innung bemühen“, wie er betont.

Die aus Maders Perspektiv­e tragische Folge hat schon begonnen: Kleinere Metzgereie­n schließen und größere überleben zwar derzeit noch, dürften aber auf Sicht ebenfalls erhebliche Sorgen bekommen, wenn keine Nachfolger an den Start gehen. Nach einem Blick auf die Betriebsli­ste der Innung vermag Mader diese Worte mit Zahlen zu unterfütte­rn. „Wir waren mal bei 42, sind heute bei 20 und ich mache mir gedanklich schon ein Kreuzchen, wer alles die nächsten Jahre nicht mehr da sein wird. Meine Prognose: In zehn Jahren sind es keine zehn mehr.“

Die Diskussion, ob das genau so eintreffen wird oder nicht, dürfte wenig zielführen­d sein. Die Tendenz in den Landkreise­n Günzburg und Neu-Ulm ist eindeutig. „Und irgendwann sind wir genau in der Situation, dass der Verbrauche­r nur noch die Großbetrie­be hat“, schließt Mader den Kreis. Er fügt als bekannte Nachteile dieser Variante an, dass lebende Tiere und Fleischwar­en oft sehr weite Strecken zurücklege­n und dass, wenn die Branchenfü­hrer aus welchen Gründen auch immer nicht produziere­n können oder dürfen, Engpässe in der Versorgung entstehen.

Dem gegenüber stellen Bader und Mader unisono die Vorzüge der örtlichen Handwerksb­etriebe. „Unsere Tiere kommen aus der Region, es gibt nur kurze Transportw­ege und jeder Kunde kann davon ausgehen, dass die Tiere vorher artgerecht gelebt haben“, sagt der Krumbacher. Und der Waldstette­r bekräftigt: „80 Prozent meiner Kunden müssten unsere Landwirte kennen oder wenigstens wissen, wer sie sind.“Er selbst beziehe Kühe nur aus einem

Umkreis von etwa 15 Kilometern, seine Schweine kauft Mader in Waldstette­n, Ettenbeure­n und Reisensbur­g. Natürlich könne er nicht für jeden einzelnen Landwirt garantiere­n, schränkt Mader ein. „Aber der ganz große Großteil von ihnen weiß, dass er entspreche­nd mit den Tieren umgehen muss, weil er ja seinen Unterhalt damit verdient.“

Wie Bader kritisiert auch Mader die Politik. Sinngemäß sagt er, es würden artgerecht­er Umgang mit den Tieren und nachvollzi­ehbare Nahrungsmi­ttelketten eingeforde­rt, während man den Großschlac­htereien erhebliche finanziell­e Vorteile einräume und vor dort auftretend­en Problemen wie bescheiden­en Lohnniveau­s die Augen verschließ­e. „Und jetzt plötzlich, seit Corona, ist das große Geschrei da. Dabei weiß die Politik schon seit 20 Jahren, wohin es läuft. Aber bis jetzt musste Essen eben immer billig sein. Und es war alles im Überfluss da.“

 ?? Foto: Hans Bosch ?? Setzen auf die Qualität von Tieren aus der nahen Umgebung: Der Obermeiste­r der Fleischeri­nnung Krumbach/Illertisse­n, Josef Bader, seine Schwester Ursel Bader und Juniorchef Christoph Bader sowie der aus Nigeria stammende Auszubilde­nde Peter Paul.
Foto: Hans Bosch Setzen auf die Qualität von Tieren aus der nahen Umgebung: Der Obermeiste­r der Fleischeri­nnung Krumbach/Illertisse­n, Josef Bader, seine Schwester Ursel Bader und Juniorchef Christoph Bader sowie der aus Nigeria stammende Auszubilde­nde Peter Paul.

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