Herr Aiwanger unterschätzt den Herdentrieb
Da läuft etwas schief. Und zwar gewaltig! Das kann Minister Aiwanger so nicht wollen. Oder ist Bayern plötzlich geschrumpft? Irgendwie kleiner geworden? Zusammengeschnurrt auf etliche bekannte Berge und Badeseen? Ist es nicht merkwürdig, wie sich plötzlich alles staut im schönen, großen Bayernland? Wie sie alle in Karawanen in die Berge ziehen – vorzugsweise im eigenen Auto – oder zusammengepfercht am Wasser hocken? Ist das der mysteriöse Herdentrieb, der sich gerade in abstandsgebietenden Corona-Zeiten fatal auswirkt? Oder was treibt all die Ausflügler an, just zu den Orten zu pilgern, wo schon raue Menschenmengen sind?
So mancher lärm- und müllgeplagte Anwohner der touristisch arg heimgesuchten bayerischen Highlights wird da angesichts Aiwangers neuerlichem Appell an die Bürger, doch bitte Urlaub in der Heimat zu machen, nur verständnislos den Kopf schütteln. Im Zugspitzdorf Grainau demonstrierten am Samstag gleich mehrere hundert Einheimische gegen die zunehmenden Besuchermassen. „Ausbremst is!“hieß ihr Motto. Man kann sie irgendwie verstehen, die Anwohner.
Dabei hat Aiwanger recht mit seinem Appell. Grundsätzlich. Denn die heimische Hotellerie und Gastronomie braucht Gäste. Er unterschätzt nur offensichtlich die Freude am Massenbetrieb.
Ob es da hilft, dass die KKH Kaufmännische Krankenkasse darauf hinweist, dass der nachhaltigste Erholungseffekt beim Genuss von Kunst und Kultur erzielt wird? Auch hier kann Bayern punkten – etwa mit tollen Museen und Kirchen. Gerade abseits der gängigen Touristenpfade gibt es Wunderbares zu entdecken. Aiwanger liegt schon richtig, wenn er sagt, im Urlaub in Bayern kann man Vielfalt und Schönheit des Landes kennenlernen – doch so, wie es jetzt läuft, wird einem eher angst und bang.