Spuren zu 30 000 Tätern
Erster Prozess im Fall „Bergisch Gladbach“
Köln Einer der zentralen Verdächtigen im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach steht von diesem Montag an in Köln vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 43-Jährigen unter anderem vor, seine 2017 geborene Tochter immer wieder sexuell missbraucht zu haben. Den überwiegenden Teil der Taten habe er aufgenommen und an Chat-Partner weitergeleitet.
Der Missbrauch soll bereits im dritten Lebensmonat des Mädchens begonnen haben. Eine Durchsuchung bei dem Deutschen hatte die Ermittlungen zu dem Missbrauchskomplex, der sich mittlerweile auf ganz Deutschland erstreckt, ins Rollen gebracht. Er wurde im Herbst 2019 festgenommen. Danach kam die Polizei immer mehr Verdächtigen auf die Spur. Nach Angaben des Kölner Landgerichts werden dem Koch und Hotelfachmann 79 Straftaten zur Last gelegt. Laut Gericht hat sich der Angeklagte aus Bergisch Gladbach bislang nicht zu den Vorwürfen eingelassen. Das sei allerdings für den zweiten Prozesstag angekündigt. Zudem soll der Mann bei der Identifizierung seiner Chat-Partner geholfen haben.
Die digitalen Kontakte des 43-Jährigen waren für die Ermittler wichtige Puzzleteile. Bei ihren Durchsuchungen in Bergisch Gladbach im Oktober 2019 fanden Polizisten riesige Mengen kinderpornografischen Materials. Davon ausgehend entdeckten sie Querverweise zu anderen Verdächtigen. Diese sollen – oft ihre eigenen – Kinder missbraucht und sich darüber ausgetauscht haben. In Köln hat sich eine Ermittlergruppe tief in die Szene eingearbeitet. In der Anfangszeit gab es teilweise mehrere Festnahmen in einer Nacht.
Durch die Auswertung der Datenträger ist die Polizei nach eigenen Angaben mittlerweile auf Spuren gestoßen, die zu potenziell mehr als 30000 Verdächtigen führen könnten. Da sie sich in Internet-Foren aber hinter Pseudonymen verbergen, ist ihre Identifizierung schwierig. Rund 50 Kinder wurden allerdings schon identifiziert und aus den Fängen der Täter befreit.
Im Falle einer Verurteilung drohen dem Angeklagten bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe. Zudem steht die Anordnung einer Sicherungsverwahrung im Raum. Bislang hat das Gericht Termine bis Ende September für den Prozess eingeplant.