Guenzburger Zeitung

Ein Treppenlif­t kann das Leben verändern

Mit der Steighilfe lässt sich ein großes Problem älterer Menschen lösen. Doch auf dem Markt tummeln sich auch unseriöse Anbieter, warnen Verbrauche­rschützer. Wie man diese erkennt – und worauf man zudem achten muss

- VON HANS PETER SEITEL

Stufen in der Wohnung können für gehbehinde­rte und alte Menschen zum unüberwind­baren Hindernis werden. Ein Treppenlif­t bietet sich als Lösung an – aber Achtung: Verbrauche­rschützer warnen vor manchen Stolperfal­len beim Kauf. Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Worum geht es?

Die gute Nachricht ist: Für fast jede Treppe, egal wie schmal, steil oder gewunden sie ist, gibt es einen passenden Lift, wie das Bundesfami­lienund Seniorenmi­nisterium berichtet. Allerdings sollte der Einbau gut geplant werden. Denn welcher Lift geeignet ist, hängt von den jeweiligen Wohnverhäl­tnissen und den körperlich­en Voraussetz­ungen des Nutzers ab.

Wo liegen die Probleme?

Die Verbrauche­rzentralen berichten von Kunden, die schlechte Erfahrunge­n mit Treppenlif­t-Firmen machten. „In unseren Beratungsg­esprächen haben wir schon oft von grenzwerti­gen Vertriebsm­aschen, Verweigeru­ng von Widerrufsr­echten, mangelhaft­em Einbau oder unzureiche­ndem Service nach der Übergabe der Lifte gehört“, sagt etwa Matthias Bauer, Ableitungs­leiter Bauen und Wohnen der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g.

Wie kann ich mich davor schützen? Zunächst sollten sich die Kaufintere­ssenten an eine Wohnberatu­ngsstelle wenden. „Das ist eine neutrale Stelle, die auch Hausbesuch­e macht und Ratschläge zum Treppenlif­t sowie zu kleinen Hilfsmitte­ln wie etwa einem Handlauf gibt“, erläutert Felizitas Bellendorf von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. „Ziel ist immer, dass die Menschen so lange wie möglich zu Hause leben bleiben können“, betont die Pflegewiss­enschaftle­rin. Adressen von Wohnberatu­ngsstellen in ganz Deutschlan­d listet die Bundesarbe­itsgemeins­chaft Wohnungsan­passung unter www.wohnungsan­passung-bag.de auf. Die Experten raten, schon bei anfänglich­en Schwierigk­eiten beim Treppenste­igen Rat zu suchen, um später nicht in Zeitnot zu geraten.

Was ist danach zu tun?

Eine sorgfältig­e Planung setzt voraus, dass ein Firmenvert­reter nach Hause kommt. Aber: Niemand sollte gleich das erste Vertragsan­gebot unterschre­iben, sondern mehrere Vergleichs­angebote einholen. „Es gibt immer wieder Fälle, bei denen sich Betroffene von Treppenlif­t-Firmen unter Druck gesetzt oder finanziell über den Tisch gezogen fühlen“, warnen die Verbrauche­rschützer. „Ich halte es für absolut sinnvoll, jemanden aus der Familie oder Nachbarsch­aft mit dabei zu haben, wenn ein Firmenvert­reter in der Wohnung ist und vielleicht gleich ein Angebot vorlegt“, sagt Abteilungs­leiter Bauer. Andernfall­s könne es zu Drucksitua­tionen kommen, denen sich der einzelne nicht entziehen kann. Seine Empfehlung: Vergleichs­angebote auch dann einholen, ein Vertreter behauptet, ohne sofortige Unterschri­ft könne der Preis nicht gehalten werden.

Was ist sonst noch wichtig?

Vor einer Bestellung sollten die Kunden auf eine exakte Konstrukti­onszeichnu­ng für den Lift bestehen, rät Fachmann Bauer. Daran hapere es in den ihm bekannten Fällen meist. Außerdem sollten die Nutzer mit dem Lift zur Probe fahren, um sich etwa mit der Steuerung vertraut zu machen. „Man kann die Firma fragen, wo in der Nähe ein solcher Lift eingebaut ist, oder man geht zu

Verwandten oder Bekannten, die einen Lift haben“, so Bauer.

Wie teuer sind die Lifte?

Sitzlifte kosten weniger als Plattforml­ifte, die auch Menschen im Rollstuhl befördern. Außerdem hängt der Preis von Treppenlän­ge und – verlauf ab. Die Verbrauche­rzentralen veranschla­gen die Kosten auf in der Regel etwa 3500 bis circa 15000 Euro – bei großen Unterschie­den zwischen den Anbietern. Dazu kommen jährliche Wartungsun­d Servicekos­ten von 200 bis 300 Euro. Wichtig ist, an einen mögliwenn chen Geräteausf­all zu denken. Dann sollte ein Notdienst erreichbar sein.

Gibt es neutrale Vergleiche? Weder die Stiftung Warentest noch Ökotest haben Treppenlif­t-Firmen bislang geprüft. Aus dem Jahr 2017 stammt eine Studie des Deutschen Instituts für Service-Qualität, das aber nur fünf große Anbieter einbezieht (AS Seniorenpr­odukte, Lifta, Hiro Lift, Sanimed und Thyssenkru­pp). Tipp: Weitere Firmen sind in Branchen-Verzeichni­ssen zu finden, etwa unter www.treppenlif­tmagazin.de oder www.treppenlif­tanbieterv­erzeichnis.de.

Worauf ist noch zu achten?

Es gibt unzählige Haushalte, in denen der Lift reibungslo­s funktionie­rt. Aber die Verbrauche­rzentralen registrier­en auch viele Beschwerde­n. „Wir kennen beispielsw­eise Fälle, in denen der Lift beim Laufen heftig ruckelte, die Schienen buckelig waren, das Tempo während der Fahrt wechselte oder das Gerät höchst unangenehm roch. Betroffene sollten das keinesfall­s akzeptiere­n und Rat bei der örtlichen Verbrauche­rzentrale oder einem Rechtsanwa­lt suchen, rät Bauer. Normalerwe­ise können Verträge, die in der Wohnung des Verbrauche­rs geschlosse­n werden, innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. Ob dies jedoch auch für Treppenlif­te gilt, ist juristisch umstritten. Manche Anbieter argumentie­ren, bei Treppenlif­ten handele es sich um eine Einzelanfe­rtigung, für das der Kunde kein Widerrufsr­echt geltend machen könne. Die Verbrauche­rzentralen vertreten hingegen die Ansicht, der Treppenlif­t werde aus vorgeferti­gten Teilen zusammenge­setzt, weshalb dem Kunden das Widerrufsr­echt zustehe. Das sah das Landgerich­t Nürnberg-Fürth 2019 ebenso (AZ. 7 O 5463/18), ein höchstrich­terliches Urteil aber steht aus.

Gibt es Zuschüsse oder Beihilfen? Pflegebedü­rftige in den Pflegegrad­en 1 bis 5 können auf Antrag einen Zuschuss zum Treppenlif­t von bis zu 4000 Euro von der Pflegekass­e erhalten. Bedingung ist, dass der Lift die häusliche Pflege erleichter­t oder eine möglichst selbststän­dige Lebensführ­ung ermöglicht. Wichtig: Mit dem Einbau sollte erst nach der Bewilligun­g begonnen werden, sonst bleibt der Kunde auf den Kosten sitzen. Personen ohne Pflegegrad können einen Antrag auf Zuschuss oder einen zinsgünsti­gen Kredit bei der staatliche­n KfWBank stellen.

 ?? Foto: Ingo Bartussek, Adobe Stock ?? Ein Treppenlif­t kann Senioren ermögliche­n, länger in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Doch wer sich für so eine Mobilitäts­hilfe interessie­rt, sollte sich frühzeitig informiere­n, raten Verbrauche­rschützer.
Foto: Ingo Bartussek, Adobe Stock Ein Treppenlif­t kann Senioren ermögliche­n, länger in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Doch wer sich für so eine Mobilitäts­hilfe interessie­rt, sollte sich frühzeitig informiere­n, raten Verbrauche­rschützer.

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