Guenzburger Zeitung

Eine Frau will an die Spitze des BR

Katja Wildermuth muss sich gegen zwei Männer durchsetze­n, um Intendanti­n zu werden

- VON DANIEL WIRSCHING

München Wenn der BR-Rundfunkra­t am 22. Oktober eine Intendanti­n oder einen Intendante­n für die öffentlich-rechtliche Landesrund­funkanstal­t wählt, dann ist das eine Richtungse­ntscheidun­g. Vereinfach­t könnte man sagen: Wird von einer Nachfolger­in, einem Nachfolger Ulrich Wilhelms das Signal „Weiter so“ausgehen oder das Signal „frischer Wind“?

Die 50 Mitglieder des Aufsichtsg­remiums BR-Rundfunkra­t, die die wichtigen politische­n, weltanscha­ulichen und gesellscha­ftlichen Gruppen des Freistaats vertreten, entscheide­n in geheimer Wahl und mit einfacher Mehrheit. Dabei sind die Rollen der drei Kandidaten für den Chefposten, deren Namen am vergangene­n Donnerstag offiziell bekannt gegeben wurden, nach Recherchen unserer Redaktion bereits klar verteilt. Der gebürtige Augsburger Christian Vogg, Chief Data

Officer und Bereichsle­iter Dokumentat­ion und Archive beim öffentlich-rechtliche­n Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), gilt als Außenseite­r. Bleiben Katja Wildermuth, Programmdi­rektorin des Mitteldeut­schen Rundfunks (MDR), und Albrecht Frenzel, Verwaltung­sdirektor des BR. Wildermuth wäre die erste Intendanti­n in der Geschichte des Senders. Und nicht nur für das BR-Frauennetz­werk „Female for Future“eine „zeitgemäße Entscheidu­ng“, „die unsere Gesellscha­ft

nachhaltig verändert“. In der Tat schien es eine Art Konsens gegeben zu haben, dass es Zeit für eine Frau an der Spitze des BR sei. Der Rundfunkra­tsvorsitze­nde hatte sich ebenfalls dahingehen­d geäußert.

Doch bereits wenige Tage nach Bekanntgab­e von Wildermuth­s Kandidatur erscheint es fraglich, ob ihr tatsächlic­h die Favoritenr­olle zukommt. Zu hören ist, dass wahrschein­lich erst am Wahltag Gewissheit herrschen werde.

Das liegt unter anderem an der Besetzung des Rundfunkra­ts – und der schwierige­n Vorhersagb­arkeit, welche Allianzen sich im Vorfeld der Wahl bilden könnten. Neben etwaigen parteipoli­tischen Interessen seiner Mitglieder mit Parteibuch ist auch die „Kaktus-Gruppe“– eine informelle Gruppierun­g von bis zu 23 parteiunge­bundenen Mitglieder­n – in ihrem Wahlverhal­ten bei Weitem nicht so ausrechenb­ar, wie mancher vermuten könnte. Sie ist kein Block. In der Kaktus-Gruppe gibt es Sympathien für Wildermuth, einzig die Grünen im Rundfunkra­t haben sich bisher aber öffentlich für sie ausgesproc­hen. Die Wahl Wildermuth­s wäre aus ihrer Sicht nicht nur ein Erfolg in Sachen Gleichstel­lung, die 55-Jährige vereine auch Management­fähigkeite­n mit journalist­ischem Wissen. Beim MDR habe sie zudem die Verschmelz­ung der Bereiche Fernsehen, Hörfunk und Online mitgestalt­et – ein Prozess, in dem sich der BR noch befindet.

Allerdings ist dessen Verwaltung­sdirektor Frenzel ein überaus starker Konkurrent für sie. Er ist innerhalb des BR als Finanzfach­mann anerkannt, selbst wenn Kritiker in ihm einen „Sparkommis­sar“sehen. Gerade dies könnte aber den Ausschlag für seine Wahl geben. Der Spardruck auf den BR ist enorm – und er wird weitaus größer werden, sollte es zu Jahresbegi­nn 2021 nicht zu einer Erhöhung des Rundfunkbe­itrags kommen – und das ist ein durchaus realistisc­hes Szenario.

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Foto: S. Junghans, MDR Noch ist Katja Wildermuth MDR-Programmdi­rektorin.

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