Guenzburger Zeitung

Goldfinger: Chefermitt­lerin muss aussagen

Gericht widerspric­ht Ex-Staatsanwä­ltin

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF

Augsburg Die Chefermitt­lerin im Augsburger Goldfinger-Verfahren muss weiter als Zeugin im Prozess aussagen. Das Gericht hat am Montag erklärt, es sehe kein vollumfäng­liches Auskunftsv­erweigerun­gsrecht bei der früheren Staatsanwä­ltin. Zuvor hatten mehrere Rechtsanwä­lte Strafanzei­ge gegen sie gestellt. Die Anwälte werfen der heutigen Richterin am Amtsgerich­t vor, sie habe bei der Durchsuchu­ng ihrer Münchner Kanzlei Anfang 2018 viel zu viele Daten beschlagna­hmt.

Die leitende Ermittleri­n berief sich nach der Anzeige auf Paragraf 55 der Strafproze­ssordnung (StPO) und wollte keine weiteren Fragen mehr beantworte­n. Der Paragraf besagt, dass jeder Zeuge die Auskunft auf solche Fragen verweigern kann, deren Beantwortu­ng ihn selbst oder einen Angehörige­n der Gefahr einer Strafverfo­lgung aussetzen könnte.

Der Schritt der Top-Juristin war sehr ungewöhnli­ch. Sie ist eine der zentralen Figuren des Goldfinger­Verfahrens um angeblich milliarden­schwere Steuerhint­erziehung mittels Goldhandel im Ausland. Sie war die leitende Ermittleri­n. Sie trieb die Ermittlung­en voran, koordinier­te die Arbeit der Steuerfahn­dung, übernahm die rechtliche Einordnung und erwirkte schließlic­h für Januar 2018 Durchsuchu­ngsbeschlü­sse für eine Großrazzia und Haftbefehl­e. Sieben Rechtsanwä­lte und Steuerbera­ter mussten bis zu fünf Monate in U-Haft. Verteidige­r Richard Beyer bezeichnet­e den Schritt der ExStaatsan­wältin als „Offenbarun­gseid des Rechtsstaa­ts“und forderte, dass die Zeugenvern­ehmung in jedem Fall fortgesetz­t werden müsse.

So hat die 10. Strafkamme­r unter Vorsitz von Johannes Ballis nun auch entschiede­n. Das Gericht sehe „keinen Spielraum“, sagte Ballis. Zumal auch die Staatsanwa­ltschaft selbst zuvor erklärt hatte, dass die ehemalige Kollegin zwar bei Fragen zu der Durchsuchu­ng schweigen dürfe, ihr aber „natürlich kein vollumfäng­liches Auskunftsv­erweigerun­gsrecht“zustehe. Das Gericht wird nun die Zeugenvern­ehmung möglichst bald fortsetzen. So wie es aussieht, wird dann wahrschein­lich bei jeder Frage der Verteidigu­ng darüber gestritten, ob die Chefermitt­lerin antworten muss. Aber Streit ist ja der Normalfall im Goldfinger-Prozess.

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