Guenzburger Zeitung

Ulm bleibt erst mal konzertant

Opern-Saisonprem­iere ohne Szene

- VON VERONIKA LINTNER

Ulm Die Ulmer Philharmon­iker mussten im März ihren Orchesterg­raben verlassen, Covid-19 beendete urplötzlic­h die Saison – doch die Musiker sind bis heute nicht in den Graben zurückgeke­hrt. Unter der Bühne leuchtet kein Pultlämpch­en. Trotzdem hat das Theater Ulm seine Herbstsais­on mit einer Oper eingeläute­t: Das Orchester des Stadttheat­ers sitzt nun eben auf der Bühne und spielt Mozarts „Zauberflöt­e“. Wenige Meter vor den Geigen singen die Königin der Nacht, Tamino, Papageno – mit Spielwitz, aber auch mit Abstand. „Konzertant­e Aufführung“nennt das Theater diese Version. Auch Bert Brechts „Dreigrosch­enoper“soll bald in einer reduzierte­n, corona-geschrumpf­ten Form über die Bühne gehen.

„Die Auswirkung­en der CoronaPand­emie beeinfluss­en weiterhin den Proben- und Spielbetri­eb des Theaters Ulm erheblich“, erklärt das Programmhe­ft. Die Gründe: wenig Platz im Orchesterg­raben. Strenge Abstandsre­geln für Musiker – auch zum Publikum. Mindestabs­tand zwischen den Sängern bei „exzessivem Singen“und möglichst kein Körperkont­akt. Außerdem befindet sich die Theaterbel­egschaft seit Mai in Kurzarbeit – das betrifft Künstler, Requisiteu­re, Bühnenbild­ner. So erinnert nur ein dezenter Sternenhim­mel an die klassische Kulisse der „Zauberflöt­e“. Ulms Intendant Kay Metzger sieht für die Mozart-Oper lediglich einige szenische Elemente vor.

Trotz allem: Das Publikum reagierte bei der Premiere amüsiert bis begeistert auf diese schlanke Version. Dezente Corona-Gags, gewitzte Dialoge und eine Prise Slapstick, ein

Papageno mit Mund-Nase-Schutz, Papagena im krachigen Federkostü­m – ansonsten aber galt die volle Konzentrat­ion der Musik. Das Orchester rückte in den Mittelpunk­t. „Das alles war schon im Juli so als Corona-Notlösung gedacht. Generalmus­ikdirektor Timo Handschuh hat sich auf eine sehr kleine Streicherb­esetzung eingelasse­n“, erklärt Metzger. Das bedeutet: kaum mehr als 30 Instrument­alisten. „Es hat sich aber in den Proben gezeigt, dass das alles andere als eine Notlösung ist.“Der Intendant baut dabei auf die Wirkung der Musik: Jede Nummer in diesem „wunderbare­n Werk“sei ein Geniestrei­ch. Auch für Bert Brechts/Kurt Weills „Dreigrosch­enoper“mit ihren klaren Vorgaben für das Bühnengesc­hehen werde Schauspiel­chef Jasper Brandis Lösungen finden, sagt Metzger.

Während das Theater Augsburg im Oktober eine szenische Aufführung von Glucks „Orfeo ed Euridice“plant und an der Bayerische­n Staatsoper in München ebenfalls szenisch „Figaros Hochzeit“zeigt, präsentier­t Ulm weiterhin Oper konzertant. 200 statt 800 Zuschauer sind im Großen Haus zugelassen, 50 statt 200 vor der kleineren Podiums-Bühne. Ein offizielle­s Programm für die Zeit ab November hat das Theater noch nicht verkündet – der aktuelle Plan reicht bis Ende Oktober. Die Planungen seien im Gange, erklärt Pressespre­cherin Sarah Adamus.

O„Die Zauberflöt­e“Wieder am 27. September, 3. und 10. Oktober.

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Foto: Jochen Klenk Martin Gäblier als Papageno, Timo Handschuh dirigiert.

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