Bischöfe unter Druck
Missbrauchsfälle und Forderungen der Frauen
Fulda/München In Fulda haben die katholischen Bischöfe gerade mit ihren Beratungen begonnen – auch zur Frage, wie die Opfer von sexuellem Missbrauch entschädigt werden sollen. Da gibt es neue Schlagzeilen zu einem prominenten Fall: Wie Prälat Lorenz Wolf, Kirchenrichter des Erzbistums München und Freising, am Dienstag bestätigte, verhängte er 2016 im Rahmen eines Verwaltungsdekrets eine Geldstrafe von drei Monatsgehältern gegen einen aus dem Ruhrgebiet nach Bayern versetzten und rückfällig gewordenen Priester. Der Fall des heute 72-Jährigen gilt als symbolisch für vieles, was in der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche falsch gelaufen ist.
Zuvor hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet. „Die Beurteilung der Aktenlage gibt nicht mehr her“, sagte Wolf der dpa. Dass der Fall per Dekret und nicht über die kirchliche Strafgerichtsbarkeit aufgearbeitet wurde, sei eine Anordnung aus Rom gewesen. Wolf: „Ich durfte nicht ermitteln oder jemanden befragen.“Zur Kritik, dass der Serientäter noch immer Priester ist, sagte er, dass die Weihe nicht rückgängig gemacht werden könne: „Wenn ich einer Taube die Flügel zusammenbinde, kann sie zwar nicht mehr fliegen, aber sie bleibt eine Taube.“
Am ersten Tag der Herbstvollversammlung der deutschen Bischofskonferenz in Fulda waren die Missbrauchsfälle noch nicht Thema. Vorsitzender Georg Bätzing bekannte sich zum Auftakt zum Reformprozess: „Der Synodale Weg geht gut voran.“Mit Blick auf konservative Kritiker des auch vom Vatikan misstrauisch beäugten Reformkurses stellte der Limburger Bischof klar: „Wir sind Kirche im Kontext der katholischen Weltkirche und werden das bleiben.“Der Vorwurf, der Synodale Weg berge die Gefahr einer Abspaltung der deutschen Katholiken von der Weltkirche,
war wiederholt vom Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki erhoben worden. Die Meinungen unter den Bischöfen zum Reformprozess gehen weit auseinander.
Zudem stehen sie unter starkem Druck von außen: Der Vatikan will, dass möglichst gar nichts verändert wird, die große Mehrheit der Gläubigen erwartet aber Veränderungen, insbesondere ein Ende der strukturellen Diskriminierung der Frauen. So forderte die Vizepräsidentin des Zentralrats der deutschen Katholiken, Claudia Lücking-Michel, im SWR den vollen Zugang von Frauen zu allen Ämtern. „Es geht um eine gleichberechtigte Zugangsmöglichkeit aller Getauften und Gefirmten zu allen Ämtern, die die katholische Kirche zu bieten hat“, sagte die CDU-Politikerin. Es gehe nicht nur darum, den Frauen „netterweise ein paar Brosamen vom Tisch des Herrn“zukommen zu lassen. Ähnlich äußerte sich Angelika Fromm von der Aktion „Lila Stola“, einer Arbeitsgruppe der Reformbewegung „Wir sind Kirche“.
Der Kirchenrechtler Thomas Schüller dämpfte die Reformhoffnungen: „Rom ist erkennbar nervös und schickt den Kölner Kardinal Woelki und den Regensburger Bischof Vorderholzer vor, die allen zarten Pflänzchen von Reformen kategorisch den Riegel vorschieben.“