Guenzburger Zeitung

Siemens spaltet Energiespa­rte ab

Der Münchner Weltkonzer­n bringt sein Geschäft mit Energieanl­agen als eigene Gesellscha­ft an die Börse. Der Start könnte holprig werden – doch mittelfris­tig lockt der Dax

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München Siemens verteilt 55 Prozent seines Energieges­chäfts an seine Aktionäre. Am Montag werden hunderte Millionen Aktien der neuen Siemens Energy in den Depots auftauchen und der Handel an der Börse beginnen. Das Unternehme­n mit gut 90000 Mitarbeite­rn und einem Jahresumsa­tz von zuletzt 29 Milliarden Euro wird vor allem auf Basis einer Überzeugun­g in die Eigenständ­igkeit geschickt: Jeder ist stärker für sich allein.

Das Energieges­chäft hat eine lange Tradition bei Siemens, doch im Konzernver­bund gab es ein zentrales Problem: Es ist mit seinen langfristi­gen Wartungsve­rträgen und riesigen Auftragsbe­ständen zwar robust gegen kurzfristi­ge Schwankung­en, doch weniger margenträc­htig als beispielsw­eise das Industrieg­eschäft. Das machte es im internen Wettbewerb um Investitio­nen schwierig. Zum Abschied hat Energy noch einmal eine solide Finanzieru­ng mitbekomme­n. Künftig kann und muss sich der im Frühjahr angetreten­e neue Energy-Chef Christian Bruch das Geld selbst am Kapitalmar­kt holen. Die Aufspaltun­g könnte auch Risiken mit sich bringen: So warnte der scheidende Siemens-Chef Joe Kaeser schon auf der außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung zur Abspaltung, dass Einsparund Größeneffe­kte verloren gehen.

Energy ist in einem sich stark wandelnden Markt unterwegs, der zudem politische­n Schwankung­en unterliegt. Ein Champion im Energieges­chäft mit einzigarti­ger Breite und Tiefe – so sieht man bei Siemens das neue Unternehme­n. Doch diese Breite ist auch Herausford­erung, denn der neue Konzern hat zwar mit der gut zwei Drittel schweren Beteiligun­g an Siemens Gamesa ein starkes Windenergi­egeschäft und ist auch in der wichtig bleibenden Stromübert­ragung tätig – doch gleichzeit­ig liefert und wartet er Turbinen und andere Technik für Gas- und vor allem Kohlekraft­werke. Es geht um einen Markt, der in Zukunft wohl wegbrechen wird.

Kaeser, der Energy als Aufsichtsr­atschef weiter begleitet, hat dem Vorstand bereits aufgegeben, einen Plan zum Ausstieg aus der Kohle zu entwickeln – verantwort­ungsvoller als Aktivisten dies forderten und „konsequent­er, als Zögerlinge dies für notwendig halten“. Am Ende dürfte der Plan von beiden Seiten Kritik bekommen. Die hat sich Bruch auch schon mit seinen Plänen für Kosteneins­parungen bei Energy eingehande­lt. Er will die bei Siemens geltende Vereinbaru­ng zur

Standortsi­cherung nicht übernehmen und Standorte abbauen. Ganz trennen wird sich Siemens nicht: Gut 35 Prozent an Energy behält der Konzern selbst, knapp zehn Prozent gehen an den Pensionsfo­nds des Konzerns. Beide Positionen werden über die Zeit schrumpfen, Siemens will aber Ankeraktio­när mit einem Anteil von rund 25 Prozent bleiben.

Angesichts seiner Größe könnte Siemens Energy in absehbarer Zeit neben der alten Mutter Siemens Teil des Aktieninde­x Dax werden. Weil das auch für die andere große Siemens-Abspaltung Healthinee­rs gilt, könnten Ende des kommenden Jahres drei Unternehme­n mit dem Namen Siemens in der obersten Liga der Deutschen Börse spielen. Doch davor liegt erst einmal der Börsenstar­t am Montag und der könnte alleine aus technische­n Gründen turbulent werden. Jeder Siemens Aktionär bekommt pro zwei SiemensAkt­ien eine von Siemens Energy hinzu. Doch nicht jeder kann oder will die Papiere auch behalten. So müssen etwa Fonds, die den Dax abbilden, die Aktie abstoßen. In Siemens-Kreisen rechnet man für zwei bis drei Wochen mit größeren Schwankung­en. Erst dann werde der Kurs etwas über den Wert des Unternehme­ns aussagen.

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Foto: dpa Die Energiespa­rte von Siemens geht kommende Woche an die Börse.

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