Guenzburger Zeitung

Er stellte mehr als 1000 Prominente bloß

Ein 22-Jähriger lud deren Bilder und private Daten ins Netz. Hackerwiss­en hatte er nicht

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Alsfeld Private Fotos von Robert Habeck, dazu Daten von Jan Böhmermann, Youtubern und anderen Politikern: Vor allem durch Fleiß und Ausprobier­en soll ein mutmaßlich­er Hacker an sensible Daten von mehr als 1000 Prominente­n und Politikern gekommen sein. Jetzt ist der 22-Jährige aus Homberg (Ohm) zu einer Jugendstra­fe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Das Urteil ist rechtskräf­tig, teilte das Amtsgerich­t Alsfeld mit.

Der junge Mann habe die Vorwürfe vor dem Jugendschö­ffengerich­t eingeräumt. Verurteilt wurde er unter anderem wegen Ausspähens von Daten und Datenhehle­rei, aber auch wegen versuchter Erpressung. Nachdem vor dem Prozess von 1000 Geschädigt­en die Rede war, spricht die Staatsanwa­ltschaft mittlerwei­le von über 1500 Opfern.

Der Fall hatte Anfang 2019 bundesweit Aufsehen erregt. „Es war offensicht­lich so, dass der Angeklagte keine besonderen technische­n

Kenntnisse hatte und angewendet hat“, sagte Oberstaats­anwalt Benjamin Krause von der Frankfurte­r Zentralste­lle zur Bekämpfung der Internetkr­iminalität (ZIT) am Mittwoch in einer Verhandlun­gspause. Der Prozess fand ohne Presse und Zuschauer statt, weil der Angeklagte zum Tatzeitpun­kt als Jugendlich­er beziehungs­weise Heranwachs­ender galt. Um ihn zu schützen, verbot das Gericht Ton- und Bildaufnah­men im Gerichtsge­bäude.

Den Ermittlung­en zufolge war der Angeklagte zur Tatzeit Schüler und lebte bei seinen Eltern. Begonnen haben soll er mit seinen Taten bereits im Jahr 2015: Aus Ärger über öffentlich­e Äußerungen seiner Opfer – darunter Bundestags­abgeordnet­e – habe er angefangen, private Daten wie Adressen, Telefonund Kreditkart­ennummern sowie Korrespond­enzen zu sammeln.

Dafür verschafft­e er sich laut Anklage Passwörter zu E-Mail-Konten und Online-Profilen. Zudem kaufte er gestohlene Daten im Netz. Auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter veröffentl­ichte er im Dezember 2018 die Daten von Politikern, Journalist­en, Rappern, YoutubeSta­rs und anderen Prominente­n schrittwei­se in einer Art Adventskal­ender. Zunächst nahm davon kaum jemand Notiz.

Der große Knall kam erst im Januar 2019, der Fall sorgte dann für viele Schlagzeil­en. Der Hacker hatte dem Richterspr­uch zufolge auch versucht, von Opfern mit der Veröffentl­ichung Geld zu erpressen. Der 22-Jährige wurde zudem wegen Veränderun­g von Daten, Fälschung, falscher Verdächtig­ung, Verstoßes gegen das Datenschut­zgesetz in jeweils mehreren Fällen verurteilt. „Für uns als ZIT ist das ein sehr wichtiges Verfahren“, erklärte Krause. Es sei sehr umfangreic­h, die Akten umfassten mittlerwei­le über 70 Ordner, über 400 Ermittlung­sverfahren aus dem ganzen Bundesgebi­et seien zusammenge­zogen worden. In Bezug auf die Veröffentl­ichung der ausgespäht­en Daten erhoffe man sich zudem eine Rechtsprec­hung, die auch für ähnliche Fälle Bedeutung habe. Laut Ermittlern hatte der Angeklagte nach seiner Festnahme erklärt, durch die Veröffentl­ichung der Daten Menschen bloßstelle­n zu wollen, über die er sich geärgert hatte. Eine politische Motivation sei nicht festzustel­len.

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Foto: Schuldt, dpa Der Hacker hat alle seine Taten aus dem Netz gestanden.

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