Guenzburger Zeitung

Ferrari-Mann an der Spitze

Domenicali soll Formel 1 führen

- VON KARIN STURM

Sotschi Dass der Vertrag von Formel-1-Boss Chase Carey am Jahresende ausläuft – und auch nicht verlängert werden sollte, war mehr als nur ein offenes Geheimnis. Hinter den Kulissen lief die Suche nach einem Nachfolger. Zwar hat RechteInha­ber Liberty Media die Personalie noch nicht bestätigt. Aber den Formel-1-Teamchefs wurde bereits mitgeteilt, dass der Italiener Stefano Domenicali in Zukunft die Königsklas­se führen wird.

Chase Carey soll die Formel 1 aber nicht komplett verlassen – er wird in Zukunft in der Rolle des Formel-1-Präsidente­n repräsenta­tive Aufgaben übernehmen. Die Arbeit und die Weichenste­llung für die Zukunft wird aber dann bei Domenicali liegen. Der hat einen ganz anderen Hintergrun­d als sein US-amerikanis­cher Vorgänger: Weniger Marketing und hochfliege­nde Hollywood-Träume, dafür aber eine jahrzehnte­lange Verbundenh­eit mit dem Rennsport. Ab 1998 bis Ende 2007 war er der Sportdirek­tor von Ferrari – in diese Zeit fallen die sechs Konstrukte­urs- und fünf Fahrer-WM-Titel der Ära Michael Schumacher. Ende 2007 machte ihn Ferrari zum Teamchef, im Jahr darauf, 2008, führte er die Scuderia zu ihrem bislang letzten WM-Titel, dem Gewinn der Konstrukte­urswertung 2008. Mit Fernando Alonso wurde er 2010 und 2012 Vize-Weltmeiste­r hinter Sebastian Vettel.

Domenicali fädelte noch die ersten Kontakte zu Sebastian Vettel ein – doch als der 2014 im Herbst bei den Roten unterschri­eb, hatte Ferrari bereits eine andere Führungssp­itze. Domenicali hatte sich, auch genervt von der internen Politik und den ständigen Streiterei­en, im Frühjahr verabschie­det.

Er wechselte in den Volkswagen­Konzern, sollte Audi in die Formel 1 führen. Doch die von ihm erarbeitet­e Machbarkei­tsstudie wurde am Ende doch nicht umgesetzt – der Dieselskan­dal kam dazwischen. 2016 wurde Domenicali zum CEO der Volkswagen-Tochter Lamborghin­i ernannt – diese Funktion hat er bis heute inne. Er schaffte es, die Markenpräs­enz und Absatzzahl­en des italienisc­hen Hersteller­s

Der Italiener ist für seine Integrität bekannt

deutlich zu steigern. Parallel dazu engagierte er sich bei der FIA: Seit 2014 ist Domenicali Sportfunkt­ionär innerhalb des Automobil-Weltverban­ds, als Präsident der Monoposto-Kommission.

Als künftiger Chef der Formel 1 bekommt es der in Imola geborene Italiener mit alten Bekannten an den Hebeln der Macht zu tun: Sein früherer Chef Jean Todt, den er 2007 als Teamchef bei Ferrari ablöste, ist heute Präsident der FIA, sein früherer Kollege Ross Brawn Sportdirek­tor der Formel 1. Vor allem Brawn soll sich stark dafür eingesetzt haben, Domenicali in die Top-Position zu holen.

Manche mögen befürchten, dass die Formel-1-Führung mit Domenicali an der Spitze zu Ferrari-lastig würde. Doch die Zweifler können unbesorgt sein: Wer den 55-Jährigen kennt, weiß, dass ihm unsaubere Spielchen zuwider sind – Domenicali ist in der Szene für seine Integrität bekannt.

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S. Domenicali

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