„So viel Silberware wie möglich“
Im Corona-Risikogebiet erleben die Triple-Bayern ihr Comeback vor Publikum. Das führt zu Kopfschütteln. Nebenbei gibt es auch noch Gerüchte um Zu- und Abgänge
Budapest/Augsburg Karl-Heinz Rummenigge hat die Welt gesehen. Er spielte für den FC Bayern, Servette Genf und Inter Mailand. Mit der Nationalmannschaft nahm er an Weltmeisterschaften in Spanien und Argentinien teil und wenn der FC Bayern nicht gerade die Bundesliga dominiert, führen ihn Sponsorenverpflichtungen nach Katar oder in die USA. Rummenigge würde sich zweifelsfrei freuen, als Weltbürger bezeichnet zu werden.
Als solcher hat er es auch auf nennenswerte kulturelle Kenntnisse gebracht. Er spricht Italienisch sowie Französisch und kann eine noble Uhr von einem billigen Strandimitat unterscheiden. Für den Besuch vieler Museen blieb dem Vorstandsvorsitzenden der Münchner während seiner Lehr-, Wander- und Entscheider-Jahre aber nicht viel Zeit. So zeigt er sich vor der Partie um den Supercup am Donnerstag (21 Uhr, Sky und DAZN) in Budapest äußert raffgierig. Er wolle am Ende des Jahres „so viel Silberware wie nur möglich in unserem Museum stehen haben“. Bislang schmücken die Vitrinen der DFB-Pokal, die Champions-League-Trophäe und Meisterschale. Drei wunderbare Exponate, die symbolisch für die Darbietungen der vergangenen Monate stehen.
Die Bedeutung der Museen aber macht sich nicht zwingend in der Anzahl der Ausstellungsstücke bemerkbar –, sondern in deren Qualität. Der Super Cup gilt als die lässlichste Trophäe der internationalen Fußballerei.
Dies gilt umso mehr in diesem Jahr, als dass viele der Beteiligten keine rechte Lust verspüren, um den Pokal zu spielen. Was wiederum nichts mit dem Wettbewerb zu tun hat, sondern der hohen Zahl an Corona-Infektionen in der Hauptstadt Ungarns und der Tatsache, dass die Uefa das Stadion trotzdem für 20000 Zuschauer öffnet. Auch mehrere hundert Bayern-Fans wollen trotz verschärfter Quarantäneauflagen bei der Rückkehr aus Ungarn und eindringlicher Appelle des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) zu einem Reiseverzicht ihr Team in der über 60000 Besucher fassenden Puskás Aréna anfeuern.
Trainer Hansi Flick will sich nach seinem deutlich geäußerten Unverständnis für das Uefa-Experiment in einem Risikogebiet beim kurzen Aufenthalt in Ungarn notgedrungen auf den Sport konzentrieren: „Wir legen unseren Fokus auf den Fußball.“
Mit dem Gegner aus Sevilla steht den Münchnern der Gewinner der Europa League gegenüber. Die sportliche Qualität der Spanier stellt niemand in Abrede, aus Münchner Sicht aber bestimmen derzeit andere Themen das Tagesgeschehen.
So sagte Flick beispielsweise ironisch, dass er überrascht gewesen sei, Javi Martínez noch beim Abflug des Fliegers in Richtung Sevilla begrüßen zu dürfen. Schließlich hatten schon etliche Medien vom Wechsel des 32-Jährigen zu seinem Ex-Verein Athletic Bilbao berichtet. Noch aber ist er der letzte verbliebene Spanier von einstmals fünf im Kader der Bayern. Vor ihm hatten bereits Pepe Reina, Xabi Alonso, Juan Bernat und Thiago den Klub verlassen.
Dafür ranken sich Gerüchte um eine Rückkehr von Mario Götze. Flick hatte der Sport Bild gesagt, dass er mit dem ehemaligen Nationalspieler telefoniert habe. Da dieser vertragslos ist, könnte er ablösefrei nach München wechseln. Der Münchner Kader ist derzeit keinesfalls zu groß, weshalb ein Comeback im Dress der Bayern nicht komplett unsinnig erscheint. Derzeit aber sei eine Verpflichtung „kein Thema“, so Flick.
Sollten die Münchner den Super Cup gewinnen, müssten sie ohne ihren Präsidenten feiern. Herbert Hainer sagte seine Reise nach Ungarn ab, die Münchner Delegation soll so klein wie möglich gehalten werden.
Wäre es nach Budapests Oberbürgermeister Gergely Karácsony gegangen, dürften gar keine Zuschauer ins Stadion. „Hätte ich die rechtlichen Möglichkeiten, das zu entscheiden, würde ich das Match hinter geschlossenen Toren stattfinden lassen“, sagte der grün-liberale Politiker der oppositionellen Tageszeitung Népszava. „Die Verantwortung liegt bei denen, die die Entscheidungsgewalt haben“, fügte er mit Blick auf die rechtsnationale Regierung von Ministerpräsident Orbán hinzu.
Vizepräsident der Uefa ist übrigens der Chef des ungarischen Fußballverbandes, Sándor Csányi. Der erfolgreichste Banker des Landes ist großer Verfechter eines Spiels vor Zuschauern. Dem weltläufigen Karl-Heinz Rummenigge dürfte bekannt sein, wie auf diesen Ebenen verhandelt wird. (mit dpa)