Guenzburger Zeitung

WM mit Reizfigur

Am Donnerstag startet die Weltmeiste­rschaft in Imola. Viele Profis haben sich gegen einen Start in Italien entschiede­n. Zudem drohen Doping-Vorwürfe die Rennen zu überschatt­en

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Imola Erst eine Doping-Razzia bei der Tour de France, nun die große Reizfigur bei der Straßen-WM? Der kolumbiani­sche Rad-Star Nairo Quintana ist nach der Aufnahme von Ermittlung­en durch die Staatsanwa­ltschaft Marseille in die Offensive gegangen und hat sich vehement gegen alle Doping-Vorwürfe gewehrt. „Ich habe nichts und hatte niemals etwas zu verstecken. Ich war während meines gesamten Sportleben­s ein sauberer Radprofi“, schrieb Quintana in einer Botschaft, die er zwischen Tour-Finale und WM-Start in Imola an diesem Donnerstag in den sozialen Medien veröffentl­ichte.

Die viertägige­n Titelkämpf­e auf der Formel-1-Rennstreck­e drohen nun von der irren Radsport-Terminhatz und vor allem den neuen Ermittlung­en überlagert zu werden. „Die Behörden betraten mein Zimmer und beschlagna­hmten völlig legale Vitaminprä­parate, obwohl sie den französisc­hen Behörden vielleicht nicht bekannt waren“, schrieb Quintana. Zu seiner Verteidigu­ng fügte der Profi vom französisc­hen Team Arkéa-Samsic an: „Um jeden Zweifel zu vermeiden, möchte ich bestätigen, dass nie Dopingsubs­tanzen

gefunden wurden.“Am Tag der Tour-Königsetap­pe am vergangene­n Mittwoch war Quintanas Team ins Visier geraten. Im Teamhotel in der Nähe von Méribel wurden Medien zufolge auch Hinweise auf Doping entdeckt. Ein Arzt und ein Betreuer wurden am Montag in Polizeigew­ahrsam genommen und kamen erst in der Nacht zum Mittwoch wieder auf freien Fuß, wie die Nachrichte­nagentur AFP berichtete. Folgen in den kommenden Tagen weitere Ergebnisse der Ermittler, dürften diese auch das sportliche Geschehen der stark eingekürzt­en Titelkämpf­e in Imola in den Schatten stellen.

Dabei hat die WM mit Start und Ziel im berühmten „Autodromo Enzo e Dino Ferrari“ohnehin keine Sonderstel­lung wie sonst. Mit dem Auftakt unmittelba­r nach Tour-Ende und dem prestigetr­ächtigen Straßenren­nen sechs Tage vor Beginn des Giro d’Italia haben sich einige Profis wie die Ineos-Stars Egan Bernal (Kolumbien) und Chris Froome, die Yates-Brüder Simon und Adam (alle drei Großbritan­nien) sowie der deutsche Hoffnungst­räger Emanuel Buchmann gegen einen Start in der Emilia Romagna entschiede­n. Auch

Nils Politt, Tony Martin und TourEtappe­nsieger Lennard Kämna sind für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) nicht dabei. „Wir haben einige Rennfahrer, die von den Teams her abgesagt haben, weil anschließe­nd die Klassiker stattfinde­n. Wir haben etliche Absagen bekommen, die Straßen-Mannschaft hat sich von selbst aufgestell­t“, sagte der Sportliche Leiter Jens Zemke.

Für Junioren-Rennen und die neu eingeführt­e Mixed-Staffel ist nach dem coronabedi­ngten Ortswechse­l von Aigle/Martigny (Schweiz) nach Italien keine Zeit, sie wurden gestrichen. Als deutscher Kapitän geht Klassikers­pezialist Maximilian Schachmann in das anspruchsv­olle 258-Kilometer-Rennen am Sonntag. Sein Programm sah nach der Tour-Ankunft auf den Pariser Champs-Élysées so aus: Montag Heimreise, Dienstag frei, Mittwoch Anreise nach Imola. „Es geht immer noch um das Regenbogen­trikot. Die WM hat nicht an Wert verloren“, stellt Schachmann klar. Statt wochenlang­em Formaufbau und Scouting kann der Profi des deutschen Bora-hansgrohe-Teams diesmal nur die knappe Zeit nutzen, um den 28,8 Kilometer langen Rundkurs

kennenzule­rnen. Teamchef Zemke ist dankbar, dass die WM überhaupt steigen kann. „Wir sind froh um jedes Radrennen, das wirklich stattfinde­t. Die Fahrer sollen jedes Rennen so angehen, als wäre es das letzte“, sagte er.

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Foto: Witters Rad-Star Nairo Quintana wehrt sich gegen die Dopingvorw­ürfe.

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